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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887.

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§ 3. Die Quellen der deutschen Rechtsgeschichte.
oder zum Zeugnis über rechtliche Handlungen bestimmt waren 4. Als
Führer durch die unübersehbare Masse des überlieferten Urkunden-
stoffes dienen die Regesten, Verzeichnisse, welche in chronologischer
Anordnung kurzgefasste Inhaltsangaben darbieten. Solche Regesten-
werke sind in neuerer und neuester Zeit insbesondere für die Königs-
und Kaiserurkunden angelegt worden 5. Im Mittelalter hat man in
den Kirchen und Klöstern Abschriften der Urkunden, welche sich auf
die Rechtsverhältnisse der Kirche oder des Klosters bezogen, zur
besseren Übersicht in besondere Codices, Kartularien, Traditionsbücher
eingetragen. Bei der Eintragung wurden die Urkunden manchmal
einer Verkürzung unterworfen, indem man Urkundenbestandteile, die
als überflüssig erschienen, hinwegliess, oder es wurde von vorne-
herein nur eine Sammlung von Auszügen aus den Urkunden des
Kirchenarchivs angelegt.

Zu den Nebenquellen zählen die rein historischen Quellen,
Annalisten, Chronisten und Geschichtschreiber 6, Briefe, Gesandt-
schaftsberichte, Memoiren und Staatsschriften, Inschriften 7, Monu-

4 Zur Orientierung über die Sammlungen gedruckter und ungedruckter in der
historischen Litteratur erwähnter Urkunden dient Oesterley, Wegweiser durch die
Litteratur der Urkundensammlungen, 2 Bde 1885. 1886 (vgl. Götting. gel. Anz. 1886
Nr 22 S 890). Einer Aufzeichnung der wichtigsten Urkundenpublikationen, wie sie
noch Eichhorn und Phillips für zweckmässig hielten, darf man sich jetzt durch
einen Hinweis auf jenes Werk und auf das Verzeichnis entheben, welches sich bei
Dahlmann-Waitz, Quellen und Bearbeitungen der deutschen Geschichte, 3. Aufl.
1883, unter den Nummern 307--455 vorfindet. Eine treffliche Auswahl von Urkun-
den, welche für die Geschichte des deutschen Privatrechts von Belang sind, lieferten
nebst Litteraturnachweisen Loersch u. Schröder, Urkunden zur Geschichte des
deutschen Rechtes für den Gebrauch bei Vorlesungen und Übungen I. Privatrecht,
2. Aufl. 1881.
5 Hervorzuheben sind Böhmers Regesta Imperii. Als neue Bearbeitungen
und Fortsetzungen erschienen die Regesten der Karolinger: Regesta Imperii I
752--918, bis jetzt vier Lieferungen, von Engelbert Mühlbacher, 1880 bis
1886; die Regesten von Philipp bis Richard 1198--1272: Regesta Imperii V, von
J. Ficker 1881 ff.; die Regesten Karls IV.: Regesta Imperii VIII, 1346--78, von
Huber 1877. Im übrigen siehe Dahlmann-Waitz S 27. 30 ff.
6 Potthast, Bibliotheca historica medii aevi, Wegweiser durch die Ge-
schichtswerke des europäischen Mittelalters 375--1500, 1862, dazu ein Supple-
ment 1868. Die wichtigsten Quellen und Bearbeitungen der deutschen Geschichte
verzeichnet Dahlmann-Waitz a. O. Eine Geschichte der deutschen Historio-
graphie gaben Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter bis
zur Mitte des 13. Jahrh., 5. Aufl., 2 Bde 1885. 1886, und Lorenz, Deutschlands
Geschichtsquellen von der Mitte des 13. bis zum Ende des 14. Jahrh., 2. Aufl.
2 Bde 1876--77, 3. Aufl. 1. Bd 1886.
7 Neben den germanischen Runeninschriften kommen die römischen Inschriften

§ 3. Die Quellen der deutschen Rechtsgeschichte.
oder zum Zeugnis über rechtliche Handlungen bestimmt waren 4. Als
Führer durch die unübersehbare Masse des überlieferten Urkunden-
stoffes dienen die Regesten, Verzeichnisse, welche in chronologischer
Anordnung kurzgefaſste Inhaltsangaben darbieten. Solche Regesten-
werke sind in neuerer und neuester Zeit insbesondere für die Königs-
und Kaiserurkunden angelegt worden 5. Im Mittelalter hat man in
den Kirchen und Klöstern Abschriften der Urkunden, welche sich auf
die Rechtsverhältnisse der Kirche oder des Klosters bezogen, zur
besseren Übersicht in besondere Codices, Kartularien, Traditionsbücher
eingetragen. Bei der Eintragung wurden die Urkunden manchmal
einer Verkürzung unterworfen, indem man Urkundenbestandteile, die
als überflüssig erschienen, hinweglieſs, oder es wurde von vorne-
herein nur eine Sammlung von Auszügen aus den Urkunden des
Kirchenarchivs angelegt.

Zu den Nebenquellen zählen die rein historischen Quellen,
Annalisten, Chronisten und Geschichtschreiber 6, Briefe, Gesandt-
schaftsberichte, Memoiren und Staatsschriften, Inschriften 7, Monu-

4 Zur Orientierung über die Sammlungen gedruckter und ungedruckter in der
historischen Litteratur erwähnter Urkunden dient Oesterley, Wegweiser durch die
Litteratur der Urkundensammlungen, 2 Bde 1885. 1886 (vgl. Götting. gel. Anz. 1886
Nr 22 S 890). Einer Aufzeichnung der wichtigsten Urkundenpublikationen, wie sie
noch Eichhorn und Phillips für zweckmäſsig hielten, darf man sich jetzt durch
einen Hinweis auf jenes Werk und auf das Verzeichnis entheben, welches sich bei
Dahlmann-Waitz, Quellen und Bearbeitungen der deutschen Geschichte, 3. Aufl.
1883, unter den Nummern 307—455 vorfindet. Eine treffliche Auswahl von Urkun-
den, welche für die Geschichte des deutschen Privatrechts von Belang sind, lieferten
nebst Litteraturnachweisen Loersch u. Schröder, Urkunden zur Geschichte des
deutschen Rechtes für den Gebrauch bei Vorlesungen und Übungen I. Privatrecht,
2. Aufl. 1881.
5 Hervorzuheben sind Böhmers Regesta Imperii. Als neue Bearbeitungen
und Fortsetzungen erschienen die Regesten der Karolinger: Regesta Imperii I
752—918, bis jetzt vier Lieferungen, von Engelbert Mühlbacher, 1880 bis
1886; die Regesten von Philipp bis Richard 1198—1272: Regesta Imperii V, von
J. Ficker 1881 ff.; die Regesten Karls IV.: Regesta Imperii VIII, 1346—78, von
Huber 1877. Im übrigen siehe Dahlmann-Waitz S 27. 30 ff.
6 Potthast, Bibliotheca historica medii aevi, Wegweiser durch die Ge-
schichtswerke des europäischen Mittelalters 375—1500, 1862, dazu ein Supple-
ment 1868. Die wichtigsten Quellen und Bearbeitungen der deutschen Geschichte
verzeichnet Dahlmann-Waitz a. O. Eine Geschichte der deutschen Historio-
graphie gaben Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter bis
zur Mitte des 13. Jahrh., 5. Aufl., 2 Bde 1885. 1886, und Lorenz, Deutschlands
Geschichtsquellen von der Mitte des 13. bis zum Ende des 14. Jahrh., 2. Aufl.
2 Bde 1876—77, 3. Aufl. 1. Bd 1886.
7 Neben den germanischen Runeninschriften kommen die römischen Inschriften
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[9/0027] § 3. Die Quellen der deutschen Rechtsgeschichte. oder zum Zeugnis über rechtliche Handlungen bestimmt waren 4. Als Führer durch die unübersehbare Masse des überlieferten Urkunden- stoffes dienen die Regesten, Verzeichnisse, welche in chronologischer Anordnung kurzgefaſste Inhaltsangaben darbieten. Solche Regesten- werke sind in neuerer und neuester Zeit insbesondere für die Königs- und Kaiserurkunden angelegt worden 5. Im Mittelalter hat man in den Kirchen und Klöstern Abschriften der Urkunden, welche sich auf die Rechtsverhältnisse der Kirche oder des Klosters bezogen, zur besseren Übersicht in besondere Codices, Kartularien, Traditionsbücher eingetragen. Bei der Eintragung wurden die Urkunden manchmal einer Verkürzung unterworfen, indem man Urkundenbestandteile, die als überflüssig erschienen, hinweglieſs, oder es wurde von vorne- herein nur eine Sammlung von Auszügen aus den Urkunden des Kirchenarchivs angelegt. Zu den Nebenquellen zählen die rein historischen Quellen, Annalisten, Chronisten und Geschichtschreiber 6, Briefe, Gesandt- schaftsberichte, Memoiren und Staatsschriften, Inschriften 7, Monu- 4 Zur Orientierung über die Sammlungen gedruckter und ungedruckter in der historischen Litteratur erwähnter Urkunden dient Oesterley, Wegweiser durch die Litteratur der Urkundensammlungen, 2 Bde 1885. 1886 (vgl. Götting. gel. Anz. 1886 Nr 22 S 890). Einer Aufzeichnung der wichtigsten Urkundenpublikationen, wie sie noch Eichhorn und Phillips für zweckmäſsig hielten, darf man sich jetzt durch einen Hinweis auf jenes Werk und auf das Verzeichnis entheben, welches sich bei Dahlmann-Waitz, Quellen und Bearbeitungen der deutschen Geschichte, 3. Aufl. 1883, unter den Nummern 307—455 vorfindet. Eine treffliche Auswahl von Urkun- den, welche für die Geschichte des deutschen Privatrechts von Belang sind, lieferten nebst Litteraturnachweisen Loersch u. Schröder, Urkunden zur Geschichte des deutschen Rechtes für den Gebrauch bei Vorlesungen und Übungen I. Privatrecht, 2. Aufl. 1881. 5 Hervorzuheben sind Böhmers Regesta Imperii. Als neue Bearbeitungen und Fortsetzungen erschienen die Regesten der Karolinger: Regesta Imperii I 752—918, bis jetzt vier Lieferungen, von Engelbert Mühlbacher, 1880 bis 1886; die Regesten von Philipp bis Richard 1198—1272: Regesta Imperii V, von J. Ficker 1881 ff.; die Regesten Karls IV.: Regesta Imperii VIII, 1346—78, von Huber 1877. Im übrigen siehe Dahlmann-Waitz S 27. 30 ff. 6 Potthast, Bibliotheca historica medii aevi, Wegweiser durch die Ge- schichtswerke des europäischen Mittelalters 375—1500, 1862, dazu ein Supple- ment 1868. Die wichtigsten Quellen und Bearbeitungen der deutschen Geschichte verzeichnet Dahlmann-Waitz a. O. Eine Geschichte der deutschen Historio- graphie gaben Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter bis zur Mitte des 13. Jahrh., 5. Aufl., 2 Bde 1885. 1886, und Lorenz, Deutschlands Geschichtsquellen von der Mitte des 13. bis zum Ende des 14. Jahrh., 2. Aufl. 2 Bde 1876—77, 3. Aufl. 1. Bd 1886. 7 Neben den germanischen Runeninschriften kommen die römischen Inschriften

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte01_1887/27>, abgerufen am 28.03.2024.