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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
lich währe. Doch führete sie ihm Frl. Helenen zu/ da er anfangs sich mit seiner Unwis-
senheit entschuldigte/ und nicht destoweniger solche Schnitsprünge/ schrenkungen und
andere Zierligkeiten mit seinen leichten und geraden Füssen verrichtete/ daß die Zuseher
sageten/ es müste dieser Herr in dem allerglüklichsten Zeichen des himlischen Gestirns
gebohren seyn/ weil alle Leibes und Seelen Zierde in so grosser Volkommenheit bey ihm
hervorglänzeten. Aber niemand rühmete ihn höher im Herzen als eben seine Neben Tän-
zerin/ dann sie hatte sich dergestalt an ihm vergaffet/ daß sie fast sich selber nicht kennete;
wie wol der Pfeil umbsonst verschossen wahr/ und die Karte an iener Seite schon derge-
stalt verstecket/ daß der guten Fräulein Gedanken sich in eine grundlose See versenketen.

Die schon halb verlauffene Nacht erinnerte nunmehr die Anwesenden/ daß es Zeit
seyn würde/ sich dem Lager zu widmen/ daher der junge Fabius es Herkules frey stellete/ wie
srüh oder späht er Ruhe nehmen wolte; der aber seinem Freunde Raum zumachen suche-
te/ seiner Liebe in etwas nach zuhängen/ weil er sahe/ daß ihm nicht gefiel/ so zeitig Abscheid
zunehmen; daher er sich gegen Fabius vernehmen ließ/ da es ihm so geliebete/ wolte er
noch ein halb stündichen mit ihm sprachen. Dem Stathalter und andern Gästen wahr
dieses sehr angenehm/ und begunte ein jeder ihm einen Sprachgesellen außzusehen. Die
drey Frauen traten zusammen/ und überlegeten das grosse Elende ihrer Töchter/ welches
sie unvermeidlich hätten angehen müssen/ dafern dieser Helden Hülffe nicht so schleunig
kommen währe; und sagte Fr. Pompeja; es währe sehr gefährlich/ eine mannbare Toch-
ter in der Eltern Wohnung/ und nichts sicherer/ als daß man ihr einen Mann gäbe; Aber
ihre Schwester Fr. Julia antwortete: Sie hielte davor/ daß die Töchter in der Eltern
Häusern sicherer währen/ als wann man sie nach jhren Willen ausfahren liesse. Der
Stathalter und seine Schwäger hatten sich an einem andern Orte zur Unterredung ni-
dergesezt; so nam Ladisla dieser guten Gelegenheit wahr/ wie imgleichen Frl. Sophia die-
selbe nicht verseumen wolte; traten von den andern in einer zimlichen Absonderung zusam-
men/ und brachte er seine Werbung folgender gestalt vor: Hochgebohrnes Fräulein/ dem-
nach ich schon zu unterschiedlichen mahlen ihr meine ungefärbte Liebe und herzergebene
Träue angemeldet/ und doch nicht die geringste Gewißheit eines Ja oder Nein erhalten
mögen; mir aber unmöglich ist/ die über mich schlagenden Flammen ohn Kühlung län-
ger zu erdulden/ sintemahl ich ungleich grössere Angst/ als mein Fräulein unter Räubers
Händen/ in meiner Seele empfinde/ so daß den Schmerzen/ welchen die Erkäntniß durch
den Dienst meiner Augen eingenommen/ in mir wirket/ und ihre außbündige Schönheit
einig verursachet/ ich nicht ertragen mag; als bitte ich von Grund meines Hertzen/ sie
wolle mich nicht ohn Mitleiden verderbenlassen/ noch zugeben/ daß derselbe durch ihre
Gransamkeit getödtet werde/ welcher vor jhre Wolfahrt zusterben/ sich nun und nimmer-
mehr wegern wird; jedoch/ dafern mit und bey ihr zu leben/ mir nicht kan zugelassen seyn/
ey so verweile sie nur nicht/ mir die Urtel wegen meines Frevels zu sprechen/ weil ich rund-
aus bekenne/ daß den selben ich niderzulegen/ weder willens noch vermögens bin; solte a-
ber mein Fräulein sich erklären können/ mich vor den ihren in ehelicher Verbindung aufzu-
nehmen/ alsdann wolle sie ihre gedanken mir nicht länger verbergen/ damit ich meine unru-
higen Geister stillen/ und inkünfftig bedenken möge/ was zu Fortsetzung meines Wunsches

dienen
J

Erſtes Buch.
lich waͤhre. Doch fuͤhrete ſie ihm Frl. Helenen zu/ da er anfangs ſich mit ſeiner Unwiſ-
ſenheit entſchuldigte/ und nicht deſtoweniger ſolche Schnitſpruͤnge/ ſchrenkungen und
andere Zierligkeiten mit ſeinen leichten und geraden Fuͤſſen verrichtete/ daß die Zuſeher
ſageten/ es muͤſte dieſer Herr in dem allergluͤklichſten Zeichen des himliſchen Geſtirns
gebohren ſeyn/ weil alle Leibes und Seelen Zierde in ſo groſſer Volkommenheit bey ihm
hervorglaͤnzeten. Aber niemand ruͤhmete ihn hoͤher im Herzen als eben ſeine Neben Taͤn-
zerin/ dann ſie hatte ſich dergeſtalt an ihm vergaffet/ daß ſie faſt ſich ſelber nicht kennete;
wie wol der Pfeil umbſonſt verſchoſſen wahr/ und die Karte an iener Seite ſchon derge-
ſtalt verſtecket/ daß der guten Fraͤulein Gedanken ſich in eine grundloſe See verſenketen.

Die ſchon halb verlauffene Nacht erinnerte nunmehr die Anweſenden/ daß es Zeit
ſeyn wuͤrde/ ſich dem Lager zu widmen/ daher der junge Fabius es Herkules frey ſtellete/ wie
ſruͤh oder ſpaͤht er Ruhe nehmen wolte; der aber ſeinem Freunde Raum zumachen ſuche-
te/ ſeiner Liebe in etwas nach zuhaͤngen/ weil er ſahe/ daß ihm nicht gefiel/ ſo zeitig Abſcheid
zunehmen; daher er ſich gegen Fabius vernehmen ließ/ da es ihm ſo geliebete/ wolte er
noch ein halb ſtuͤndichen mit ihm ſprachen. Dem Stathalter und andern Gaͤſten wahr
dieſes ſehr angenehm/ und begunte ein jeder ihm einen Sprachgeſellen außzuſehen. Die
drey Frauen traten zuſammen/ und uͤberlegeten das groſſe Elende ihrer Toͤchter/ welches
ſie unvermeidlich haͤtten angehen muͤſſen/ dafern dieſer Helden Huͤlffe nicht ſo ſchleunig
kommen waͤhre; und ſagte Fr. Pompeja; es waͤhre ſehr gefaͤhrlich/ eine mannbare Toch-
ter in der Eltern Wohnung/ und nichts ſicherer/ als daß man ihr einen Mann gaͤbe; Aber
ihre Schweſter Fr. Julia antwortete: Sie hielte davor/ daß die Toͤchter in der Eltern
Haͤuſern ſicherer waͤhren/ als wann man ſie nach jhren Willen ausfahren lieſſe. Der
Stathalter und ſeine Schwaͤger hatten ſich an einem andern Orte zur Unterredung ni-
dergeſezt; ſo nam Ladiſla dieſer guten Gelegenheit wahr/ wie imgleichen Frl. Sophia die-
ſelbe nicht verſeumen wolte; traten von den andern in einer zimlichẽ Abſonderung zuſam-
men/ und brachte er ſeine Werbung folgender geſtalt vor: Hochgebohrnes Fraͤulein/ dem-
nach ich ſchon zu unterſchiedlichen mahlen ihr meine ungefaͤrbte Liebe und herzergebene
Traͤue angemeldet/ und doch nicht die geringſte Gewißheit eines Ja oder Nein erhalten
moͤgen; mir aber unmoͤglich iſt/ die uͤber mich ſchlagenden Flammen ohn Kuͤhlung laͤn-
ger zu erdulden/ ſintemahl ich ungleich groͤſſere Angſt/ als mein Fraͤulein unter Raͤubers
Haͤnden/ in meiner Seele empfinde/ ſo daß den Schmerzen/ welchen die Erkaͤntniß durch
den Dienſt meiner Augen eingenommen/ in mir wirket/ und ihre außbuͤndige Schoͤnheit
einig verurſachet/ ich nicht ertragen mag; als bitte ich von Grund meines Hertzen/ ſie
wolle mich nicht ohn Mitleiden verderbenlaſſen/ noch zugeben/ daß derſelbe durch ihre
Granſamkeit getoͤdtet werde/ welcher vor jhre Wolfahrt zuſterben/ ſich nun und nimmer-
mehr wegern wird; jedoch/ dafern mit und bey ihr zu leben/ mir nicht kan zugelaſſen ſeyn/
ey ſo verweile ſie nur nicht/ mir die Urtel wegen meines Frevels zu ſprechen/ weil ich rund-
aus bekenne/ daß den ſelben ich niderzulegen/ weder willens noch vermoͤgens bin; ſolte a-
ber mein Fraͤulein ſich erklaͤren koͤnnen/ mich vor den ihren in ehelicher Verbindung aufzu-
nehmen/ alsdañ wolle ſie ihre gedanken miꝛ nicht laͤnger verbergen/ damit ich meine unru-
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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/103>, abgerufen am 12.05.2024.