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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
Hoffnung gelebend/ ob sichs gleich im Anfange etwas stossen würde/ solte doch der Auß-
gang glüklich und gewünschet seyn. Ladisla umbfing sie lieblich/ und wahr ihm schwer/
schon abzuscheiden; daß übrige schlug er von der Hand/ vorgebend/ es könten Ritter wol
hundert Gelegenheiten finden/ sich an einander zu reiben/ sähe auch vor Augen/ daß er Ful-
vius würde durch einen Kampff abtreiben müssen; auff welchen Fall er sich der Götter
hülffe/ und seiner guten Sache tröstete/ weil er wüste/ daß sie keinem andern als ihm allein/
eheliche Träue verheissen/ und in ihres Vaters Versprechen nicht allein nicht eingewil-
liget/ sondern auch davon daß allergeringste nicht gewust hätte. Dessen ruffe ich die Göt-
ter zu zeugen/ antwortete sie/ daß mein Herz noch keinem Menschen als euch mein Schaz
ist ergeben gewesen/ und ich vor dieser meiner Liebe Anfang/ von meines H. Vaters Vor-
haben nicht daß allergeringste gewust/ wie wol ich nimmermehr in solche Ehewürde ge-
hehlet haben. Es müste mir aber schmerzlich leid seyn/ wann ihr meinet wegen euch noch
weiter in Gefahr setzen soltet/ und ich doch selbst ein solches befürchte; verspreche aber hie-
mit/ daß wann der Unfall/ welches der Himmel abwende/ euch ja treffen solte/ ich alsdann
keine Stunde euch überleben wil/ damit unsere Seelen im Tode ungetrennet bleiben mö-
gen/ wann das herbe Glük uns dieses lebens Vergnügung nicht gönnen wolte. Er baht
höchlich/ sie möchte dergleichen unlustige Gedanken nicht fassen; ihm währen Fulvius
gleichen wol ehe auffgestossen/ denen der Himmel keinen Sieg über ihn verhänget hätte;
hoffete auch diesen/ wann er ihn vor der Faust hätte/ redlich zubestehen/ daß er seiner un-
billigen Liebe drüber vergessen/ und sie nach diesem schon unverunruhet lassen solte; mach-
te sich auff genommenen Abscheid nach Herkules/ und ging sie zwischen Furcht und Hoffnung
nach ihrer Fr. Mutter Gemache/ woselbst ihr Vater gleich ankommen wahr/ mit ihr zu-
reden/ wessen er sich gegen Fulvius erklären wolte/ der ihm schon hatte lassen anmelden/
dafern es ihm nicht zu wieder/ währe er bereit ihm auffzuwarten/ und daß bewuste schleu-
nigst zuvolziehen/ weil in Käyserl. hochwichtigen Geschäfften (welches doch ertichtet) er
stündlich auffbrechen/ und eine ansehnliche Gesandschafft über sich nehmen müste; hätte
aber das Beylager zuvor halten/ und das Hochzeitfest zugleich bestimmen wollen/ welches
auff seine wiederkunfft alsbald solte gefeiret/ und dabey ein Freystechen angestellet wer-
den. Als nun der Stathalter seine Tochter sahe ins Gemach treten/ empfing er sie mit
diesen worten: Ich bin Herzlich erfreuet/ daß du gestern vor Unehr beschützet bist; es ver-
hüten aber die Götter/ daß durch deine Rettung ich nicht höher/ als durch die Entführung
betrübet werde. Das Fräulein stellete sich geherzt und antwortete: Sie könte nicht abse-
hen/ was ihr H. Vater sich ihretwegen zubefahren hätte/ nachdem sie ihm in seine Gewar-
sam wieder gelieffert währe; so währen ihre Erretter so auffrichtige redliche Ritter und
Herren/ hielten auch ihren H. Vater in solcher Ehr und Wirde/ daß er ihretwegen keine
Sorge noch widrige Gedanken haben dürffte; solten aber die Götter ein Unglük/ das ihr
H. Vater zuvor sähe/ beschlossen haben/ möchten dieselben alles über sie allein außschütten/
und ihrer herzlieben Eltern/ auch wanns möglich währe/ jhrer gütigen Erretter schonen.
Ihr Vater befand sich mit der aller schweresten Traurigkeit beladen/ aber sein Gemahl trö-
stete ihn mit diesen Worten: Mein herzgeliebter Herr/ was hermet ihr euch so? unsere
Tochter ist Gott Lob/ so verständig/ daß sie wol erkennen wird/ wie sie euch zu allem Gehor-

sam

Erſtes Buch.
Hoffnung gelebend/ ob ſichs gleich im Anfange etwas ſtoſſen wuͤrde/ ſolte doch der Auß-
gang gluͤklich und gewuͤnſchet ſeyn. Ladiſla umbfing ſie lieblich/ und wahr ihm ſchwer/
ſchon abzuſcheiden; daß uͤbrige ſchlug er von der Hand/ vorgebend/ es koͤnten Ritter wol
hundert Gelegenheiten finden/ ſich an einander zu reiben/ ſaͤhe auch vor Augen/ daß er Ful-
vius wuͤrde durch einen Kampff abtreiben muͤſſen; auff welchen Fall er ſich der Goͤtter
huͤlffe/ und ſeiner guten Sache troͤſtete/ weil er wuͤſte/ daß ſie keinem andern als ihm allein/
eheliche Traͤue verheiſſen/ und in ihres Vaters Verſprechen nicht allein nicht eingewil-
liget/ ſondern auch davon daß allergeringſte nicht gewuſt haͤtte. Deſſen ruffe ich die Goͤt-
ter zu zeugen/ antwortete ſie/ daß mein Herz noch keinem Menſchen als euch mein Schaz
iſt ergeben geweſen/ und ich vor dieſer meiner Liebe Anfang/ von meines H. Vaters Vor-
haben nicht daß allergeringſte gewuſt/ wie wol ich nimmermehr in ſolche Ehewuͤrde ge-
hehlet haben. Es muͤſte mir aber ſchmerzlich leid ſeyn/ wann ihr meinet wegen euch noch
weiter in Gefahr ſetzen ſoltet/ und ich doch ſelbſt ein ſolches befuͤrchte; verſpreche aber hie-
mit/ daß wann der Unfall/ welches der Himmel abwende/ euch ja treffen ſolte/ ich alsdañ
keine Stunde euch uͤberleben wil/ damit unſere Seelen im Tode ungetrennet bleiben moͤ-
gen/ wann das herbe Gluͤk uns dieſes lebens Vergnuͤgung nicht goͤnnen wolte. Er baht
hoͤchlich/ ſie moͤchte dergleichen unluſtige Gedanken nicht faſſen; ihm waͤhren Fulvius
gleichen wol ehe auffgeſtoſſen/ denen der Himmel keinen Sieg uͤber ihn verhaͤnget haͤtte;
hoffete auch dieſen/ wann er ihn vor der Fauſt haͤtte/ redlich zubeſtehen/ daß er ſeiner un-
billigen Liebe druͤber vergeſſen/ und ſie nach dieſem ſchon unverunruhet laſſen ſolte; mach-
te ſich auff genom̃enen Abſcheid nach Herkules/ und ging ſie zwiſchen Furcht uñ Hoffnung
nach ihrer Fr. Mutter Gemache/ woſelbſt ihr Vater gleich ankommen wahr/ mit ihr zu-
reden/ weſſen er ſich gegen Fulvius erklaͤren wolte/ der ihm ſchon hatte laſſen anmelden/
dafern es ihm nicht zu wieder/ waͤhre er bereit ihm auffzuwarten/ und daß bewuſte ſchleu-
nigſt zuvolziehen/ weil in Kaͤyſerl. hochwichtigen Geſchaͤfften (welches doch ertichtet) er
ſtuͤndlich auffbrechen/ und eine anſehnliche Geſandſchafft uͤber ſich nehmen muͤſte; haͤtte
aber das Beylager zuvor halten/ und das Hochzeitfeſt zugleich beſtimmen wollen/ welches
auff ſeine wiederkunfft alsbald ſolte gefeiret/ und dabey ein Freyſtechen angeſtellet wer-
den. Als nun der Stathalter ſeine Tochter ſahe ins Gemach treten/ empfing er ſie mit
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huͤten aber die Goͤtter/ daß durch deine Rettung ich nicht hoͤher/ als durch die Entfuͤhrung
betruͤbet werde. Das Fraͤulein ſtellete ſich geherzt und antwortete: Sie koͤnte nicht abſe-
hen/ was ihr H. Vater ſich ihretwegen zubefahren haͤtte/ nachdem ſie ihm in ſeine Gewar-
ſam wieder gelieffert waͤhre; ſo waͤhren ihre Erretter ſo auffrichtige redliche Ritter und
Herren/ hielten auch ihren H. Vater in ſolcher Ehr und Wirde/ daß er ihretwegen keine
Sorge noch widrige Gedanken haben duͤrffte; ſolten aber die Goͤtter ein Ungluͤk/ das ihr
H. Vater zuvor ſaͤhe/ beſchloſſen haben/ moͤchten dieſelben alles uͤber ſie allein außſchuͤttẽ/
und ihrer herzlieben Eltern/ auch wanns moͤglich waͤhre/ jhrer guͤtigen Erretter ſchonen.
Ihr Vater befand ſich mit der aller ſchwereſten Traurigkeit beladen/ aber ſein Gemahl troͤ-
ſtete ihn mit dieſen Woꝛten: Mein herzgeliebter Herr/ was hermet ihr euch ſo? unſere
Tochter iſt Gott Lob/ ſo verſtaͤndig/ daß ſie wol erkennen wird/ wie ſie euch zu allem Gehor-

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/116>, abgerufen am 12.05.2024.