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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
chen an sich hätte/ daß meinen lieben Eltern verborgen währe. Wolle demnach mein H.
Vater/ zu bezeugung väterlicher Hulde/ mir den Bräutigam gnädig nennen; nicht daß
ich ihn von allenthalben zu überlegen/ und mit andern durch die Hechel zuzihen willens bin/
sondern/ damit ich meiner Freyheit/ die mir Gott und das Glük durch meine Eltern ge-
gönnet hat/ mich gebrauchen möge; sonst währe heut der erste Tag/ daß ich klagen müste/
mein H. Vater handelte mit mir seiner einigen Tochter gar zustränge/ wovor ich durch al-
le Götter Bitte. Fiel hiemit vor ihm nieder/ küssete ihm die Hände/ und netzete sie derge-
stalt mit Trähnen/ daß sie tropffeten; welches auch mehr als einiges ander Mittel bey ihm
wirkete/ daß er zur Erkäntnis kam/ und die Wichtigkeit ihrer Wegerung beobachtete.
Gleichwol hatte er noch Hoffnung/ sie zugewinnen/ hieß sie auffstehen/ und sagete: Er kön-
te nicht außsinnen/ aus was Ursachen sie in dieses Mißtrauen gerahten währe; wolte nit
destoweniger es in Bedacht zihen/ und vor dißmahl sie nur des heutigen befehls erinnern/
den vortrefflichen Römischen Herren/ H. Fulvius auffs ehrlichste zuempfahen. O ja
mein herzlieber H. Vater ganz gerne/ sagte sie/ ungeachtet ich sein gar keine Kundschaft
habe/ auch niemahls zuhaben begehre/ weil seine Ehre gar krank seyn sol/ und ihm ein sehr
schlechtes Loblied nachgesungen wird; welches mich doch nicht angehet/ und ich einen
andern gerne seyn lasse der er ist. Den Vater ward wegen dieser Rede schwinden/ und
fragete/ ob sie närrisch währe; H. Fulvius gleichen lebete in ganz Rom nicht/ und würde
sie vielleicht durch Irtuhm wegen des Nahmens betrogen seyn. Den ich meyne/ antwor-
tete sie/ sol Markus Aurelius Fulvius heissen/ zwar ein reicher/ aber filziger Mensch/ von
Jugend auf zu Lügen gewähnet/ großsprechern und unreines Mauls/ der Unzucht ergeben/
und daneben frech und verwägen; der durch viehische kräffte etliche Siege erstritten/ weil
ihn vernünftige Feinde noch nicht angegriffen; und ob er gleich von grossen Gütern/ solle
er doch seine Diener in der Kleidung den Schmiedeknechten gleich halten/ weil er selbst
kaum so viel Lust habe/ renliche Kleider anzulegen. Nun wuste ihr Vater wol/ daß nicht
alles von ihr ertichtet wahr/ wiewol das Gerüchte immerzu ein Ding grösser pflegt zu-
machen; wolte ihr aber durchaus nichts gestehen/ dann sein Reichtuhm hatte ihn verblen-
det/ und lebete der Hoffnung ein Tugendsames Weib würde seinen Gebrechen wol abhelf-
fen können; straffete sie demnach mit harten worten; wessen sie sich zeihen dürffte/ einen
Unschuldigen zulästern; das Gerücht währe falsch/ und H. Fulvius aller Römer Zierde.
Sie aber antwortete unerschrocken: meinetwegen bleibe er der er ist/ wann ich nur mich
über ihn nicht zu beschweren habe; ich wil meinem Herrn Vater zugehorsamen/ ihm mehr
Ehre erzeigen als er wert ist/ aber lieber tausendmahl sterben/ als nur ein Augenblik sol-
chem Unhold geneiget seyn. Seine Gebrechen sind kündiger/ als daß sie meines Beweiß-
tuhms bedürffen/ und bleibe nur mein H. Vater mir bißdahin väterlich gewogen/ daß
mir an Zeugen in dieser Sache gebrechen wird; ich bin/ dem Himmel sey dank/ von mei-
nen lieben Eltern allemahl zur Tugend angehalten/ darumb wil ich Tugendhafften fol-
gen/ so daß keiner nimmer mehr Raum oder Gunst bey mir finden sol/ der Tugendloß ist/
und so mannichen Lastern sich zueigen ergeben hat. Dieser Außschlag gab ihrem Vater
Nachricht gnug/ wessen sie gegen diesem Freyer gesonnen wahr/ und daß alles sein vorha-
ben durch äussersten Zwang zu werke gerichtet/ oder gar zu Wasser werden müste/ daher be-

fahl

Erſtes Buch.
chen an ſich haͤtte/ daß meinen lieben Eltern verborgen waͤhre. Wolle demnach mein H.
Vater/ zu bezeugung vaͤterlicher Hulde/ mir den Braͤutigam gnaͤdig nennen; nicht daß
ich ihn von allenthalben zu uͤberlegen/ uñ mit andern durch die Hechel zuzihen willens bin/
ſondern/ damit ich meiner Freyheit/ die mir Gott und das Gluͤk durch meine Eltern ge-
goͤnnet hat/ mich gebrauchen moͤge; ſonſt waͤhre heut der erſte Tag/ daß ich klagen muͤſte/
mein H. Vater handelte mit mir ſeiner einigen Tochter gar zuſtraͤnge/ wovor ich durch al-
le Goͤtter Bitte. Fiel hiemit vor ihm nieder/ kuͤſſete ihm die Haͤnde/ und netzete ſie derge-
ſtalt mit Traͤhnen/ daß ſie tropffeten; welches auch mehr als einiges ander Mittel bey ihm
wirkete/ daß er zur Erkaͤntnis kam/ und die Wichtigkeit ihrer Wegerung beobachtete.
Gleichwol hatte er noch Hoffnung/ ſie zugewinnen/ hieß ſie auffſtehen/ und ſagete: Er koͤn-
te nicht außſinnen/ aus was Urſachen ſie in dieſes Mißtrauen gerahten waͤhre; wolte nit
deſtoweniger es in Bedacht zihen/ und vor dißmahl ſie nur des heutigen befehls erinnern/
den vortrefflichen Roͤmiſchen Herren/ H. Fulvius auffs ehrlichſte zuempfahen. O ja
mein herzlieber H. Vater ganz gerne/ ſagte ſie/ ungeachtet ich ſein gar keine Kundſchaft
habe/ auch niemahls zuhaben begehre/ weil ſeine Ehre gar krank ſeyn ſol/ und ihm ein ſehr
ſchlechtes Loblied nachgeſungen wird; welches mich doch nicht angehet/ und ich einen
andern gerne ſeyn laſſe der er iſt. Den Vater ward wegen dieſer Rede ſchwinden/ und
fragete/ ob ſie naͤrriſch waͤhre; H. Fulvius gleichen lebete in ganz Rom nicht/ und wuͤrde
ſie vielleicht durch Irtuhm wegen des Nahmens betrogen ſeyn. Den ich meyne/ antwor-
tete ſie/ ſol Markus Aurelius Fulvius heiſſen/ zwar ein reicher/ aber filziger Menſch/ von
Jugend auf zu Luͤgen gewaͤhnet/ großſprecheꝛn und unreines Mauls/ der Unzucht ergebẽ/
und daneben frech und verwaͤgen; der durch viehiſche kraͤffte etliche Siege erſtritten/ weil
ihn vernuͤnftige Feinde noch nicht angegriffen; und ob er gleich von groſſen Guͤtern/ ſolle
er doch ſeine Diener in der Kleidung den Schmiedeknechten gleich halten/ weil er ſelbſt
kaum ſo viel Luſt habe/ renliche Kleider anzulegen. Nun wuſte ihr Vater wol/ daß nicht
alles von ihr ertichtet wahr/ wiewol das Geruͤchte immerzu ein Ding groͤſſer pflegt zu-
machen; wolte ihr aber durchaus nichts geſtehen/ dann ſein Reichtuhm hatte ihn verblen-
det/ und lebete der Hoffnung ein Tugendſames Weib wuͤrde ſeinen Gebrechen wol abhelf-
fen koͤnnen; ſtraffete ſie demnach mit harten worten; weſſen ſie ſich zeihen duͤrffte/ einen
Unſchuldigen zulaͤſtern; das Geruͤcht waͤhre falſch/ und H. Fulvius aller Roͤmer Zierde.
Sie aber antwortete unerſchrocken: meinetwegen bleibe er der er iſt/ wann ich nur mich
uͤber ihn nicht zu beſchweren habe; ich wil meinem Herrn Vater zugehorſamen/ ihm mehr
Ehre erzeigen als er wert iſt/ aber lieber tauſendmahl ſterben/ als nur ein Augenblik ſol-
chem Unhold geneiget ſeyn. Seine Gebrechen ſind kuͤndiger/ als daß ſie meines Beweiß-
tuhms beduͤrffen/ und bleibe nur mein H. Vater mir bißdahin vaͤterlich gewogen/ daß
mir an Zeugen in dieſer Sache gebrechen wird; ich bin/ dem Himmel ſey dank/ von mei-
nen lieben Eltern allemahl zur Tugend angehalten/ darumb wil ich Tugendhafften fol-
gen/ ſo daß keiner nimmer mehr Raum oder Gunſt bey mir finden ſol/ der Tugendloß iſt/
und ſo mannichen Laſtern ſich zueigen ergeben hat. Dieſer Außſchlag gab ihrem Vater
Nachricht gnug/ weſſen ſie gegen dieſem Freyer geſonnen wahr/ und daß alles ſein vorha-
ben durch aͤuſſerſten Zwang zu werke gerichtet/ oder gar zu Waſſer werden muͤſte/ daher be-

fahl
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[80/0118] Erſtes Buch. chen an ſich haͤtte/ daß meinen lieben Eltern verborgen waͤhre. Wolle demnach mein H. Vater/ zu bezeugung vaͤterlicher Hulde/ mir den Braͤutigam gnaͤdig nennen; nicht daß ich ihn von allenthalben zu uͤberlegen/ uñ mit andern durch die Hechel zuzihen willens bin/ ſondern/ damit ich meiner Freyheit/ die mir Gott und das Gluͤk durch meine Eltern ge- goͤnnet hat/ mich gebrauchen moͤge; ſonſt waͤhre heut der erſte Tag/ daß ich klagen muͤſte/ mein H. Vater handelte mit mir ſeiner einigen Tochter gar zuſtraͤnge/ wovor ich durch al- le Goͤtter Bitte. Fiel hiemit vor ihm nieder/ kuͤſſete ihm die Haͤnde/ und netzete ſie derge- ſtalt mit Traͤhnen/ daß ſie tropffeten; welches auch mehr als einiges ander Mittel bey ihm wirkete/ daß er zur Erkaͤntnis kam/ und die Wichtigkeit ihrer Wegerung beobachtete. Gleichwol hatte er noch Hoffnung/ ſie zugewinnen/ hieß ſie auffſtehen/ und ſagete: Er koͤn- te nicht außſinnen/ aus was Urſachen ſie in dieſes Mißtrauen gerahten waͤhre; wolte nit deſtoweniger es in Bedacht zihen/ und vor dißmahl ſie nur des heutigen befehls erinnern/ den vortrefflichen Roͤmiſchen Herren/ H. Fulvius auffs ehrlichſte zuempfahen. O ja mein herzlieber H. Vater ganz gerne/ ſagte ſie/ ungeachtet ich ſein gar keine Kundſchaft habe/ auch niemahls zuhaben begehre/ weil ſeine Ehre gar krank ſeyn ſol/ und ihm ein ſehr ſchlechtes Loblied nachgeſungen wird; welches mich doch nicht angehet/ und ich einen andern gerne ſeyn laſſe der er iſt. Den Vater ward wegen dieſer Rede ſchwinden/ und fragete/ ob ſie naͤrriſch waͤhre; H. Fulvius gleichen lebete in ganz Rom nicht/ und wuͤrde ſie vielleicht durch Irtuhm wegen des Nahmens betrogen ſeyn. Den ich meyne/ antwor- tete ſie/ ſol Markus Aurelius Fulvius heiſſen/ zwar ein reicher/ aber filziger Menſch/ von Jugend auf zu Luͤgen gewaͤhnet/ großſprecheꝛn und unreines Mauls/ der Unzucht ergebẽ/ und daneben frech und verwaͤgen; der durch viehiſche kraͤffte etliche Siege erſtritten/ weil ihn vernuͤnftige Feinde noch nicht angegriffen; und ob er gleich von groſſen Guͤtern/ ſolle er doch ſeine Diener in der Kleidung den Schmiedeknechten gleich halten/ weil er ſelbſt kaum ſo viel Luſt habe/ renliche Kleider anzulegen. Nun wuſte ihr Vater wol/ daß nicht alles von ihr ertichtet wahr/ wiewol das Geruͤchte immerzu ein Ding groͤſſer pflegt zu- machen; wolte ihr aber durchaus nichts geſtehen/ dann ſein Reichtuhm hatte ihn verblen- det/ und lebete der Hoffnung ein Tugendſames Weib wuͤrde ſeinen Gebrechen wol abhelf- fen koͤnnen; ſtraffete ſie demnach mit harten worten; weſſen ſie ſich zeihen duͤrffte/ einen Unſchuldigen zulaͤſtern; das Geruͤcht waͤhre falſch/ und H. Fulvius aller Roͤmer Zierde. Sie aber antwortete unerſchrocken: meinetwegen bleibe er der er iſt/ wann ich nur mich uͤber ihn nicht zu beſchweren habe; ich wil meinem Herrn Vater zugehorſamen/ ihm mehr Ehre erzeigen als er wert iſt/ aber lieber tauſendmahl ſterben/ als nur ein Augenblik ſol- chem Unhold geneiget ſeyn. Seine Gebrechen ſind kuͤndiger/ als daß ſie meines Beweiß- tuhms beduͤrffen/ und bleibe nur mein H. Vater mir bißdahin vaͤterlich gewogen/ daß mir an Zeugen in dieſer Sache gebrechen wird; ich bin/ dem Himmel ſey dank/ von mei- nen lieben Eltern allemahl zur Tugend angehalten/ darumb wil ich Tugendhafften fol- gen/ ſo daß keiner nimmer mehr Raum oder Gunſt bey mir finden ſol/ der Tugendloß iſt/ und ſo mannichen Laſtern ſich zueigen ergeben hat. Dieſer Außſchlag gab ihrem Vater Nachricht gnug/ weſſen ſie gegen dieſem Freyer geſonnen wahr/ und daß alles ſein vorha- ben durch aͤuſſerſten Zwang zu werke gerichtet/ oder gar zu Waſſer werden muͤſte/ daher be- fahl

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/118>, abgerufen am 12.05.2024.