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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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verbindung "Germania" bei festlichem Anlaß eine Linde ge-
pflanzt hatte. Der Gemeinderath der Gemeinde Oberstraß,
in deren Gemarkung der Germaniahügel liegt, ertheilte in
freundlichster Weise die Genehmigung zur Errichtung des
Denkmals und erklärte sich zur Obhut desselben bereit. Am
26. Juni versammelte sich das Comite auf dem Friedhof
am Zeltweg, ließ in aller Stille die Gebeine Büchner's
nach Anordnung des sachverständigen Studenten der Medicin
G. Steinmetz aus dem Grabe nehmen, in einen Sarg
legen und nach dem Germania-Hügel bringen. Von der
Leiche selbst wurden alle Knochentheile, wenn auch in zu-
sammenhangslosem Zustande, aufgefunden; besonders gut er-
halten waren der Schädel, die Wirbelsäule und die oberen
Gliedmaßen. Von Kleidern fand sich keine Spur mehr vor;
von dem Sarge waren nur noch wenige morsche Holzstücke
vorhanden. Nachdem sie hier unter der Germania-Linde auf's
Neue bestattet worden, wurde über dem frischen Grabe ein
schöner Denkstein aus grauem Marmor aufgestellt.

Die Einweihungsfeier des Denkmals war auf Sonntag
den 4. Juli festgesetzt. Am Nachmittage versammelten sich
die Verehrer Büchner's in beträchtlicher Zahl auf dem
freien Platze vor dem Polytechnikum in Zürich; es waren
Deutsche und Schweizer aus allen Ständen, darunter der
eidgenössische Oberstabsarzt Dr. Lüning, der einst als
Student in Zürich die Vorlesungen Büchner's gehört, der
Dichter Gottfried Kinkel und andere Notabilitäten; zu
besonderer Bedeutung wurde jedoch die Feier noch dadurch
erhoben, daß die Familie Büchner der Einladung des
Comite's entsprochen hatte: die Schwester Georg's, Louise
Büchner
, bekannt als Dichterin und als Schriftstellerin

verbindung "Germania" bei feſtlichem Anlaß eine Linde ge-
pflanzt hatte. Der Gemeinderath der Gemeinde Oberſtraß,
in deren Gemarkung der Germaniahügel liegt, ertheilte in
freundlichſter Weiſe die Genehmigung zur Errichtung des
Denkmals und erklärte ſich zur Obhut deſſelben bereit. Am
26. Juni verſammelte ſich das Comité auf dem Friedhof
am Zeltweg, ließ in aller Stille die Gebeine Büchner's
nach Anordnung des ſachverſtändigen Studenten der Medicin
G. Steinmetz aus dem Grabe nehmen, in einen Sarg
legen und nach dem Germania-Hügel bringen. Von der
Leiche ſelbſt wurden alle Knochentheile, wenn auch in zu-
ſammenhangsloſem Zuſtande, aufgefunden; beſonders gut er-
halten waren der Schädel, die Wirbelſäule und die oberen
Gliedmaßen. Von Kleidern fand ſich keine Spur mehr vor;
von dem Sarge waren nur noch wenige morſche Holzſtücke
vorhanden. Nachdem ſie hier unter der Germania-Linde auf's
Neue beſtattet worden, wurde über dem friſchen Grabe ein
ſchöner Denkſtein aus grauem Marmor aufgeſtellt.

Die Einweihungsfeier des Denkmals war auf Sonntag
den 4. Juli feſtgeſetzt. Am Nachmittage verſammelten ſich
die Verehrer Büchner's in beträchtlicher Zahl auf dem
freien Platze vor dem Polytechnikum in Zürich; es waren
Deutſche und Schweizer aus allen Ständen, darunter der
eidgenöſſiſche Oberſtabsarzt Dr. Lüning, der einſt als
Student in Zürich die Vorleſungen Büchner's gehört, der
Dichter Gottfried Kinkel und andere Notabilitäten; zu
beſonderer Bedeutung wurde jedoch die Feier noch dadurch
erhoben, daß die Familie Büchner der Einladung des
Comité's entſprochen hatte: die Schweſter Georg's, Louiſe
Büchner
, bekannt als Dichterin und als Schriftſtellerin

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[453/0649] verbindung "Germania" bei feſtlichem Anlaß eine Linde ge- pflanzt hatte. Der Gemeinderath der Gemeinde Oberſtraß, in deren Gemarkung der Germaniahügel liegt, ertheilte in freundlichſter Weiſe die Genehmigung zur Errichtung des Denkmals und erklärte ſich zur Obhut deſſelben bereit. Am 26. Juni verſammelte ſich das Comité auf dem Friedhof am Zeltweg, ließ in aller Stille die Gebeine Büchner's nach Anordnung des ſachverſtändigen Studenten der Medicin G. Steinmetz aus dem Grabe nehmen, in einen Sarg legen und nach dem Germania-Hügel bringen. Von der Leiche ſelbſt wurden alle Knochentheile, wenn auch in zu- ſammenhangsloſem Zuſtande, aufgefunden; beſonders gut er- halten waren der Schädel, die Wirbelſäule und die oberen Gliedmaßen. Von Kleidern fand ſich keine Spur mehr vor; von dem Sarge waren nur noch wenige morſche Holzſtücke vorhanden. Nachdem ſie hier unter der Germania-Linde auf's Neue beſtattet worden, wurde über dem friſchen Grabe ein ſchöner Denkſtein aus grauem Marmor aufgeſtellt. Die Einweihungsfeier des Denkmals war auf Sonntag den 4. Juli feſtgeſetzt. Am Nachmittage verſammelten ſich die Verehrer Büchner's in beträchtlicher Zahl auf dem freien Platze vor dem Polytechnikum in Zürich; es waren Deutſche und Schweizer aus allen Ständen, darunter der eidgenöſſiſche Oberſtabsarzt Dr. Lüning, der einſt als Student in Zürich die Vorleſungen Büchner's gehört, der Dichter Gottfried Kinkel und andere Notabilitäten; zu beſonderer Bedeutung wurde jedoch die Feier noch dadurch erhoben, daß die Familie Büchner der Einladung des Comité's entſprochen hatte: die Schweſter Georg's, Louiſe Büchner, bekannt als Dichterin und als Schriftſtellerin

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/649>, abgerufen am 28.04.2024.