Seh' ich, bei des Tempels Harmonieen, Ihr Gesicht von Seelenandacht glühen, Ach! so wähnt mein hochgetäuschter Blik, Eine Himmelsbraut in ihr zu schauen. Mir entsinket alle mein Vertrauen, Und die Liebe bebt vor ihr zurük.
Aber seh' ich, wie im Altagskreise, Frei und frölich, doch nach Sitt' und Weise, Sie so mädchenhaft sich haben kan; Wie sie Scherz und Ernst so lieblich kleidet, Und um ihre Huld sich alles neidet: Dann wagt Liebe wieder sich heran.
Ehr-
Adeline.
Im Jenner 1770.
Seh’ ich, bei des Tempels Harmonieen, Ihr Geſicht von Seelenandacht gluͤhen, Ach! ſo waͤhnt mein hochgetaͤuſchter Blik, Eine Himmelsbraut in ihr zu ſchauen. Mir entſinket alle mein Vertrauen, Und die Liebe bebt vor ihr zuruͤk.
Aber ſeh’ ich, wie im Altagskreiſe, Frei und froͤlich, doch nach Sitt’ und Weiſe, Sie ſo maͤdchenhaft ſich haben kan; Wie ſie Scherz und Ernſt ſo lieblich kleidet, Und um ihre Huld ſich alles neidet: Dann wagt Liebe wieder ſich heran.
Ehr-
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[26/0091]
Adeline.
Im Jenner 1770.
Seh’ ich, bei des Tempels Harmonieen,
Ihr Geſicht von Seelenandacht gluͤhen,
Ach! ſo waͤhnt mein hochgetaͤuſchter Blik,
Eine Himmelsbraut in ihr zu ſchauen.
Mir entſinket alle mein Vertrauen,
Und die Liebe bebt vor ihr zuruͤk.
Aber ſeh’ ich, wie im Altagskreiſe,
Frei und froͤlich, doch nach Sitt’ und Weiſe,
Sie ſo maͤdchenhaft ſich haben kan;
Wie ſie Scherz und Ernſt ſo lieblich kleidet,
Und um ihre Huld ſich alles neidet:
Dann wagt Liebe wieder ſich heran.
Ehr-
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Bürger, Gottfried August: Gedichte. Göttingen, 1778, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_gedichte_1778/91>, abgerufen am 05.12.2023.
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