Burdel, Édouard: Die Trunksucht. (Übers. Heinrich Gauss). Weimar, 1855.welchen der Patient zuweilen nahm, um seinen trocknen Gaumen zu letzen, vertrug der Magen nicht. Kleine Opium-Klystiere nach Dupuytren's Vorgange ließen sich bei diesem kräftigen, jungen Manne ohne die unbeschränktesten Gewaltmaßregeln nicht setzen, und letztere fand Dr. Butcher, welcher überhaupt eine Abneigung dagegen bei dieser Krankheit hegt, bedenklich. Er entschloß sich daher, es mit dem in America schon in zwei dergleichen Fällen mit Erfolg innerlich angewendeten Chloroform zu versuchen. Er verordnete demnach am 26. Juni um 10 Uhr Morgens eine Drachme reinen Chloroform in 2 Unzen Wasser, und schon eine Stunde nach dieser Gabe war der Patient verhältnißmäßig ruhig geworden, so daß er im Bette blieb; doch waren bei'm Liegen die krampfhaften kurzen Zusammenziehungen der Arm- und Beinmuskeln so deutlich, wie im Stehen. Um 11 Uhr wurde der Kranke schläfrig und schlief schon zu mehren Malen 10 und 12 Minuten lang. Um 123/4 Uhr wirkte die Arznei vollständig, so daß er in einen festen, ruhigen Schlaf verfiel, der bis 7 Uhr anhielt, und bei'm Erwachen war er ganz ruhig. Der Puls war bis auf 96 gefallen. Der Patient that in der Minute 16-20 Athemzüge, und zwar nicht lauter, als im natürlichen Zustande. Die Körpertemperatur war gesteigert. Man sorgte fortwährend für warme Füße und frische Luft bei offenen Fenstern. Bei'm Erwachen war der Kranke ziemlich vernünftig, und es ward nun dieser Zeitpunct benutzt, um 6 Gran Calomel und 10 Gran Kampher einnehmen zu lassen, theils zum Oeffnen des Darmcanals, theils zur Bewahrung vor Hirncongestionen. Zugleich ward für den Fall, daß er vor 10 Uhr nicht eingeschlafen sei, 1/2 Drachme Chloroform in 2 Unzen Kamphermixtur verordnet. Den 27. um 10 Uhr Morgens. Das Chloroform hatte sich, da der Patient fast unmittelbar nach dem Einnehmen des Bolus eingeschlafen war, unnöthig gemacht. welchen der Patient zuweilen nahm, um seinen trocknen Gaumen zu letzen, vertrug der Magen nicht. Kleine Opium-Klystiere nach Dupuytren’s Vorgange ließen sich bei diesem kräftigen, jungen Manne ohne die unbeschränktesten Gewaltmaßregeln nicht setzen, und letztere fand Dr. Butcher, welcher überhaupt eine Abneigung dagegen bei dieser Krankheit hegt, bedenklich. Er entschloß sich daher, es mit dem in America schon in zwei dergleichen Fällen mit Erfolg innerlich angewendeten Chloroform zu versuchen. Er verordnete demnach am 26. Juni um 10 Uhr Morgens eine Drachme reinen Chloroform in 2 Unzen Wasser, und schon eine Stunde nach dieser Gabe war der Patient verhältnißmäßig ruhig geworden, so daß er im Bette blieb; doch waren bei’m Liegen die krampfhaften kurzen Zusammenziehungen der Arm- und Beinmuskeln so deutlich, wie im Stehen. Um 11 Uhr wurde der Kranke schläfrig und schlief schon zu mehren Malen 10 und 12 Minuten lang. Um 12¾ Uhr wirkte die Arznei vollständig, so daß er in einen festen, ruhigen Schlaf verfiel, der bis 7 Uhr anhielt, und bei’m Erwachen war er ganz ruhig. Der Puls war bis auf 96 gefallen. Der Patient that in der Minute 16–20 Athemzüge, und zwar nicht lauter, als im natürlichen Zustande. Die Körpertemperatur war gesteigert. Man sorgte fortwährend für warme Füße und frische Luft bei offenen Fenstern. Bei’m Erwachen war der Kranke ziemlich vernünftig, und es ward nun dieser Zeitpunct benutzt, um 6 Gran Calomel und 10 Gran Kampher einnehmen zu lassen, theils zum Oeffnen des Darmcanals, theils zur Bewahrung vor Hirncongestionen. Zugleich ward für den Fall, daß er vor 10 Uhr nicht eingeschlafen sei, ½ Drachme Chloroform in 2 Unzen Kamphermixtur verordnet. Den 27. um 10 Uhr Morgens. Das Chloroform hatte sich, da der Patient fast unmittelbar nach dem Einnehmen des Bolus eingeschlafen war, unnöthig gemacht. <TEI> <text> <back> <div type="postface"> <p><pb facs="#f0109" n="99"/> welchen der Patient zuweilen nahm, um seinen trocknen Gaumen zu letzen, vertrug der Magen nicht. Kleine Opium-Klystiere nach Dupuytren’s Vorgange ließen sich bei diesem kräftigen, jungen Manne ohne die unbeschränktesten Gewaltmaßregeln nicht setzen, und letztere fand <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Butcher</hi>, welcher überhaupt eine Abneigung dagegen bei dieser Krankheit hegt, bedenklich. Er entschloß sich daher, es mit dem in America schon in zwei dergleichen Fällen mit Erfolg innerlich angewendeten Chloroform zu versuchen.</p> <p>Er verordnete demnach am 26. Juni um 10 Uhr Morgens eine Drachme reinen Chloroform in 2 Unzen Wasser, und schon eine Stunde nach dieser Gabe war der Patient verhältnißmäßig ruhig geworden, so daß er im Bette blieb; doch waren bei’m Liegen die krampfhaften kurzen Zusammenziehungen der Arm- und Beinmuskeln so deutlich, wie im Stehen.</p> <p>Um 11 Uhr wurde der Kranke schläfrig und schlief schon zu mehren Malen 10 und 12 Minuten lang. Um 12¾ Uhr wirkte die Arznei vollständig, so daß er in einen festen, ruhigen Schlaf verfiel, der bis 7 Uhr anhielt, und bei’m Erwachen war er ganz ruhig. Der Puls war bis auf 96 gefallen. Der Patient that in der Minute 16–20 Athemzüge, und zwar nicht lauter, als im natürlichen Zustande. Die Körpertemperatur war gesteigert. Man sorgte fortwährend für warme Füße und frische Luft bei offenen Fenstern. Bei’m Erwachen war der Kranke ziemlich vernünftig, und es ward nun dieser Zeitpunct benutzt, um 6 Gran Calomel und 10 Gran Kampher einnehmen zu lassen, theils zum Oeffnen des Darmcanals, theils zur Bewahrung vor Hirncongestionen. Zugleich ward für den Fall, daß er vor 10 Uhr nicht eingeschlafen sei, ½ Drachme Chloroform in 2 Unzen Kamphermixtur verordnet.</p> <p>Den 27. um 10 Uhr Morgens. Das Chloroform hatte sich, da der Patient fast unmittelbar nach dem Einnehmen des Bolus eingeschlafen war, unnöthig gemacht. </p> </div> </back> </text> </TEI> [99/0109]
welchen der Patient zuweilen nahm, um seinen trocknen Gaumen zu letzen, vertrug der Magen nicht. Kleine Opium-Klystiere nach Dupuytren’s Vorgange ließen sich bei diesem kräftigen, jungen Manne ohne die unbeschränktesten Gewaltmaßregeln nicht setzen, und letztere fand Dr. Butcher, welcher überhaupt eine Abneigung dagegen bei dieser Krankheit hegt, bedenklich. Er entschloß sich daher, es mit dem in America schon in zwei dergleichen Fällen mit Erfolg innerlich angewendeten Chloroform zu versuchen.
Er verordnete demnach am 26. Juni um 10 Uhr Morgens eine Drachme reinen Chloroform in 2 Unzen Wasser, und schon eine Stunde nach dieser Gabe war der Patient verhältnißmäßig ruhig geworden, so daß er im Bette blieb; doch waren bei’m Liegen die krampfhaften kurzen Zusammenziehungen der Arm- und Beinmuskeln so deutlich, wie im Stehen.
Um 11 Uhr wurde der Kranke schläfrig und schlief schon zu mehren Malen 10 und 12 Minuten lang. Um 12¾ Uhr wirkte die Arznei vollständig, so daß er in einen festen, ruhigen Schlaf verfiel, der bis 7 Uhr anhielt, und bei’m Erwachen war er ganz ruhig. Der Puls war bis auf 96 gefallen. Der Patient that in der Minute 16–20 Athemzüge, und zwar nicht lauter, als im natürlichen Zustande. Die Körpertemperatur war gesteigert. Man sorgte fortwährend für warme Füße und frische Luft bei offenen Fenstern. Bei’m Erwachen war der Kranke ziemlich vernünftig, und es ward nun dieser Zeitpunct benutzt, um 6 Gran Calomel und 10 Gran Kampher einnehmen zu lassen, theils zum Oeffnen des Darmcanals, theils zur Bewahrung vor Hirncongestionen. Zugleich ward für den Fall, daß er vor 10 Uhr nicht eingeschlafen sei, ½ Drachme Chloroform in 2 Unzen Kamphermixtur verordnet.
Den 27. um 10 Uhr Morgens. Das Chloroform hatte sich, da der Patient fast unmittelbar nach dem Einnehmen des Bolus eingeschlafen war, unnöthig gemacht.
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