Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Burdel, Édouard: Die Trunksucht. (Übers. Heinrich Gauss). Weimar, 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

Pittacus, König von Mitylene, hatte ein Gesetz gegeben, welches den, der während der Trunkenheit ein Verbrechen beging, mit doppelter Strafe dafür belegte.

Zaleucus, König und Gesetzgeber der Lokrier, gestattete nur den Kranken und Schwächlichen den Genuß des Weins und verbot ihn allen Andern bei Todesstrafe.

Bei den Griechen (welche von geistigen Getränken nur den Wein kannten) war die Trunkenheit auf's Schwerste verpönt. Die Männer durften vor ihrer Verheirathung keinen Wein trinken, und dem weiblichen Geschlechte war er ganz und gar untersagt. Mit diesem Verbote ward es so streng genommen, daß der Ehemann das Recht hatte, seine dasselbe verletzende Frau ohne Weiteres zu tödten.

In Plinius' Naturgeschichte (L. XIV, cap. 13) lies't man, daß ein altes Gesetz in Rom jedem Bürger von guter Familie die Vorschrift ertheilte, nie vor dem dreißigsten Jahre Wein zu trinken, und auch dann nur mit Mäßigkeit.

Mahomed hat den Wein geachtet; seine Gläubigen berauschen sich aber durch Opium.

Die Könige Frankreich's haben ebenfalls oft gegen die Trunksucht angekämpft, und zwar sowohl durch Steuererhöhung als durch strenge Maßregeln; schon die Capitularien Karl's des Großen enthalten Vorkehrungsmittel gegen die Trunksucht.

Franz I. erließ unterm 30. August 1536 ein Edict über die Ausübung der Gerechtigkeit in dem Herzogthum

Bier oder Schnaps, je nach den verschiedenen Ländern Deutschlands, das man füglich in eine Wein-, Bier- und Schnaps-Region theilen könnte, das Höchste zu leisten.
Kein anderes Volk, wenn man nicht etwa den gemeinen Russen und Polen, in deren Genußleben bekanntlich der Schnaps die allergrößte Rolle spielt, ausnehmen will, hat daher auch noch immer mehr Matadore dieses Schlages aufzuweisen, als das unsere. Gott besser's!!
Der Uebers.

Pittacus, König von Mitylene, hatte ein Gesetz gegeben, welches den, der während der Trunkenheit ein Verbrechen beging, mit doppelter Strafe dafür belegte.

Zaleucus, König und Gesetzgeber der Lokrier, gestattete nur den Kranken und Schwächlichen den Genuß des Weins und verbot ihn allen Andern bei Todesstrafe.

Bei den Griechen (welche von geistigen Getränken nur den Wein kannten) war die Trunkenheit auf’s Schwerste verpönt. Die Männer durften vor ihrer Verheirathung keinen Wein trinken, und dem weiblichen Geschlechte war er ganz und gar untersagt. Mit diesem Verbote ward es so streng genommen, daß der Ehemann das Recht hatte, seine dasselbe verletzende Frau ohne Weiteres zu tödten.

In Plinius’ Naturgeschichte (L. XIV, cap. 13) lies’t man, daß ein altes Gesetz in Rom jedem Bürger von guter Familie die Vorschrift ertheilte, nie vor dem dreißigsten Jahre Wein zu trinken, und auch dann nur mit Mäßigkeit.

Mahomed hat den Wein geachtet; seine Gläubigen berauschen sich aber durch Opium.

Die Könige Frankreich’s haben ebenfalls oft gegen die Trunksucht angekämpft, und zwar sowohl durch Steuererhöhung als durch strenge Maßregeln; schon die Capitularien Karl’s des Großen enthalten Vorkehrungsmittel gegen die Trunksucht.

Franz I. erließ unterm 30. August 1536 ein Edict über die Ausübung der Gerechtigkeit in dem Herzogthum

Bier oder Schnaps, je nach den verschiedenen Ländern Deutschlands, das man füglich in eine Wein-, Bier- und Schnaps-Region theilen könnte, das Höchste zu leisten.
Kein anderes Volk, wenn man nicht etwa den gemeinen Russen und Polen, in deren Genußleben bekanntlich der Schnaps die allergrößte Rolle spielt, ausnehmen will, hat daher auch noch immer mehr Matadore dieses Schlages aufzuweisen, als das unsere. Gott besser’s!!
Der Uebers.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0063" n="53"/>
        <p> Pittacus, König von Mitylene, hatte ein Gesetz gegeben, welches den, der während                     der Trunkenheit ein Verbrechen beging, mit doppelter Strafe dafür belegte.</p>
        <p>Zaleucus, König und Gesetzgeber der Lokrier, gestattete nur den Kranken und                     Schwächlichen den Genuß des Weins und verbot ihn allen Andern bei                     Todesstrafe.</p>
        <p>Bei den Griechen (welche von geistigen Getränken nur den Wein kannten) war die                     Trunkenheit auf&#x2019;s Schwerste verpönt. Die Männer durften vor ihrer Verheirathung                     keinen Wein trinken, und dem weiblichen Geschlechte war er ganz und gar                     untersagt. Mit diesem Verbote ward es so streng genommen, daß der Ehemann das                     Recht hatte, seine dasselbe verletzende Frau ohne Weiteres zu tödten.</p>
        <p>In Plinius&#x2019; Naturgeschichte (<hi rendition="#aq">L. XIV, cap. 13</hi>) lies&#x2019;t                     man, daß ein altes Gesetz in Rom jedem Bürger von guter Familie die Vorschrift                     ertheilte, nie vor dem dreißigsten Jahre Wein zu trinken, und auch dann nur mit                     Mäßigkeit.</p>
        <p>Mahomed hat den Wein geachtet; seine Gläubigen berauschen sich aber durch                     Opium.</p>
        <p>Die Könige Frankreich&#x2019;s haben ebenfalls oft gegen die Trunksucht angekämpft, und                     zwar sowohl durch Steuererhöhung als durch strenge Maßregeln; schon die                     Capitularien Karl&#x2019;s des Großen enthalten Vorkehrungsmittel gegen die                     Trunksucht.</p>
        <p>Franz I. erließ unterm 30. August 1536 ein Edict über die Ausübung der                     Gerechtigkeit in dem Herzogthum <note xml:id="teil2" prev="teil1" place="foot" n="*)">Bier oder Schnaps, je nach den verschiedenen Ländern                         Deutschlands, das man füglich in eine Wein-, Bier- und Schnaps-Region                         theilen könnte, das Höchste zu leisten.<lb/>
Kein anderes Volk, wenn man                         nicht etwa den gemeinen Russen und Polen, in deren Genußleben bekanntlich                         der Schnaps die allergrößte Rolle spielt, ausnehmen will, hat daher auch                         noch immer mehr Matadore dieses Schlages aufzuweisen, als das unsere. Gott                         besser&#x2019;s!!<lb/><hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Der Uebers.</hi></hi> </note>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0063] Pittacus, König von Mitylene, hatte ein Gesetz gegeben, welches den, der während der Trunkenheit ein Verbrechen beging, mit doppelter Strafe dafür belegte. Zaleucus, König und Gesetzgeber der Lokrier, gestattete nur den Kranken und Schwächlichen den Genuß des Weins und verbot ihn allen Andern bei Todesstrafe. Bei den Griechen (welche von geistigen Getränken nur den Wein kannten) war die Trunkenheit auf’s Schwerste verpönt. Die Männer durften vor ihrer Verheirathung keinen Wein trinken, und dem weiblichen Geschlechte war er ganz und gar untersagt. Mit diesem Verbote ward es so streng genommen, daß der Ehemann das Recht hatte, seine dasselbe verletzende Frau ohne Weiteres zu tödten. In Plinius’ Naturgeschichte (L. XIV, cap. 13) lies’t man, daß ein altes Gesetz in Rom jedem Bürger von guter Familie die Vorschrift ertheilte, nie vor dem dreißigsten Jahre Wein zu trinken, und auch dann nur mit Mäßigkeit. Mahomed hat den Wein geachtet; seine Gläubigen berauschen sich aber durch Opium. Die Könige Frankreich’s haben ebenfalls oft gegen die Trunksucht angekämpft, und zwar sowohl durch Steuererhöhung als durch strenge Maßregeln; schon die Capitularien Karl’s des Großen enthalten Vorkehrungsmittel gegen die Trunksucht. Franz I. erließ unterm 30. August 1536 ein Edict über die Ausübung der Gerechtigkeit in dem Herzogthum *) *) Bier oder Schnaps, je nach den verschiedenen Ländern Deutschlands, das man füglich in eine Wein-, Bier- und Schnaps-Region theilen könnte, das Höchste zu leisten. Kein anderes Volk, wenn man nicht etwa den gemeinen Russen und Polen, in deren Genußleben bekanntlich der Schnaps die allergrößte Rolle spielt, ausnehmen will, hat daher auch noch immer mehr Matadore dieses Schlages aufzuweisen, als das unsere. Gott besser’s!! Der Uebers.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-01T10:28:26Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Benjamin Fiechter, Frank Wiegand: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-11-01T10:28:26Z)
Bayerische Staatsbibliothek München: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-11-01T10:28:26Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

Die Transkription erfolgte nach den unter http://de.wikisource.org/wiki/Wikisource:Editionsrichtlinien formulierten Richtlinien.

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/burdel_trunksucht_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/burdel_trunksucht_1855/63
Zitationshilfe: Burdel, Édouard: Die Trunksucht. (Übers. Heinrich Gauss). Weimar, 1855, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdel_trunksucht_1855/63>, abgerufen am 07.05.2024.