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Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627.

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Beutelschneider/ oder
wie er/ wiewol fälschlich außgeben hatte/ seinen
Beutel verlohren.

Der arme vnschuldige Leonnische Kauffmann/
als er aber sihet/ daß man jhn noch ein mal will an-
sprengen/ nimmet jhm vor/ er wölle seinen Beutel
in seine Hosen verstecken: Dann er dachte bey sich
selber also: Hat man mir einen frembden Beutel
mit Diebsschären in meinen Hosensack gestossen/
so dörffte man wol auch über dich fallen vnnd sich
vnterstehen/ dir deinen eygenen Beutel zu neh-
men.

Was nun der Kauffmann bey sich gedachte/
das widerfuhre jhm auch hernacher: Dann deß
Filemons Gesell kame mit den jenigen/ welche
jhn so übel geschlagen vnnd blutrüstig gemacht hat-
ten/ zu jhme vnd sagte jhm in sein Angesicht hinein:
Er were ein Dieb/ er hette jhm ohne allen zweiffel
seinen Beutel gestohlen: Das vmbstehende vnnd
zusammenlauffende Volck schreye Haraut über
diesen armen Teuffel/ das ist/ man soll jhn fangen
vnd angreiffen: Man wirfft jhn so bald nieder auff
die Erden vnd schleppet jhn fort/ vnnd ist da keiner
vnter dem Volck/ der sich nicht selber angebe jhn
inn seinen Hosensäcken zu besuchen: Ja der jenige
Stattknecht/ welcher auch geitzig vnd begierig dar-
auff war/ kommet darzu vnnd saget zu dem Kauff-
mann er solle gedencken vnd den gestohlenen Beu-
tel wider geben.

Der Kauffmann meinet/ er müste hierüber ver-
zweifflen/ er verfluchet vnnd vermaledeyet die jeni-
gen/ welche jn also halten vnd schleppen: Saget/ er

wolle

Beutelſchneider/ oder
wie er/ wiewol faͤlſchlich außgeben hatte/ ſeinen
Beutel verlohren.

Der arme vnſchuldige Leonniſche Kauffmann/
als er aber ſihet/ daß man jhn noch ein mal will an-
ſprengen/ nimmet jhm vor/ er woͤlle ſeinen Beutel
in ſeine Hoſen verſtecken: Dann er dachte bey ſich
ſelber alſo: Hat man mir einen frembden Beutel
mit Diebsſchaͤren in meinen Hoſenſack geſtoſſen/
ſo doͤrffte man wol auch uͤber dich fallen vnnd ſich
vnterſtehen/ dir deinen eygenen Beutel zu neh-
men.

Was nun der Kauffmann bey ſich gedachte/
das widerfuhre jhm auch hernacher: Dann deß
Filemons Geſell kame mit den jenigen/ welche
jhn ſo uͤbel geſchlagen vnnd blutruͤſtig gemacht hat-
ten/ zu jhme vnd ſagte jhm in ſein Angeſicht hinein:
Er were ein Dieb/ er hette jhm ohne allen zweiffel
ſeinen Beutel geſtohlen: Das vmbſtehende vnnd
zuſammenlauffende Volck ſchreye Haraut uͤber
dieſen armen Teuffel/ das iſt/ man ſoll jhn fangen
vnd angreiffen: Man wirfft jhn ſo bald nieder auff
die Erden vnd ſchleppet jhn fort/ vnnd iſt da keiner
vnter dem Volck/ der ſich nicht ſelber angebe jhn
inn ſeinen Hoſenſaͤcken zu beſuchen: Ja der jenige
Stattknecht/ welcher auch geitzig vnd begierig dar-
auff war/ kommet darzu vnnd ſaget zu dem Kauff-
mann er ſolle gedencken vnd den geſtohlenen Beu-
tel wider geben.

Der Kauffmann meinet/ er muͤſte hieruͤber ver-
zweifflen/ er verfluchet vnnd vermaledeyet die jeni-
gen/ welche jn alſo halten vnd ſchleppen: Saget/ er

wolle
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[266/0276] Beutelſchneider/ oder wie er/ wiewol faͤlſchlich außgeben hatte/ ſeinen Beutel verlohren. Der arme vnſchuldige Leonniſche Kauffmann/ als er aber ſihet/ daß man jhn noch ein mal will an- ſprengen/ nimmet jhm vor/ er woͤlle ſeinen Beutel in ſeine Hoſen verſtecken: Dann er dachte bey ſich ſelber alſo: Hat man mir einen frembden Beutel mit Diebsſchaͤren in meinen Hoſenſack geſtoſſen/ ſo doͤrffte man wol auch uͤber dich fallen vnnd ſich vnterſtehen/ dir deinen eygenen Beutel zu neh- men. Was nun der Kauffmann bey ſich gedachte/ das widerfuhre jhm auch hernacher: Dann deß Filemons Geſell kame mit den jenigen/ welche jhn ſo uͤbel geſchlagen vnnd blutruͤſtig gemacht hat- ten/ zu jhme vnd ſagte jhm in ſein Angeſicht hinein: Er were ein Dieb/ er hette jhm ohne allen zweiffel ſeinen Beutel geſtohlen: Das vmbſtehende vnnd zuſammenlauffende Volck ſchreye Haraut uͤber dieſen armen Teuffel/ das iſt/ man ſoll jhn fangen vnd angreiffen: Man wirfft jhn ſo bald nieder auff die Erden vnd ſchleppet jhn fort/ vnnd iſt da keiner vnter dem Volck/ der ſich nicht ſelber angebe jhn inn ſeinen Hoſenſaͤcken zu beſuchen: Ja der jenige Stattknecht/ welcher auch geitzig vnd begierig dar- auff war/ kommet darzu vnnd ſaget zu dem Kauff- mann er ſolle gedencken vnd den geſtohlenen Beu- tel wider geben. Der Kauffmann meinet/ er muͤſte hieruͤber ver- zweifflen/ er verfluchet vnnd vermaledeyet die jeni- gen/ welche jn alſo halten vnd ſchleppen: Saget/ er wolle

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Zitationshilfe: Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider02_1627/276>, abgerufen am 14.05.2024.