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Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627.

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Diebshistorien/ das II. Buch.
auß der Wechselbrücken/ darauß dann hernacher
ein grosser Streit entstunde: Dann als der Hauß-
herr widerkommet/ vnd sihet seine Magd in solchen
traurigen Zustande/ vnd wie das gantze Hauß be-
stohlen ware/ läst er allenthalben nachfragen vnd
trifft endlich etliche Perlen bey einem Goldschmid
an/ welche er für die seinige hielte vnd erkandte/ fan-
get mit demselbigen eine Rechtfertigung an/ welche
lange zeit wehrete; Aber das Hauptstück/ welches
Forestier ware/ wolte sich nicht finden/ dann er hat-
te sich darvon gemacht/ vnnd ware nachgefolget
dem Exempel der Hunde/ welche/ wann sie sich der
Streich befürchten/ lauffen sie darvon vnd tragen
den Schwantz zwischen den Beinen.

Vnder dessen aber liesse die Wittib deß Edel-
manns/ welchen Forestier sampt seinen Gesellen
auff der newen Brücken meuchelmördischer weise
hatte vmbgebracht/ fleissig nachforschen/ damit sie
den jenigen/ welcher den Mord angestifftet vnd ge-
than/ finden/ vnd jhn nach der schärffe vnd beschaf-
fenheit der schröcklichen grossen Sünde straffen
möchte lassen: Sie schickte bald alle Tag frische
Leut auß auff das Land/ zuerfahren/ wo sich doch
Forestier hielte/ damit sie den Tod jhres lieben Ehe-
mans/ welcher so vnschuldiger vnnd vnversehener
weise ware erschlagen worden/ rechen köndte: Dann
wiewol schon vnder dessen sechs gantzer Monat
waren verlauffen/ daß solches geschehen ware/ je-
doch so ware dieser Kohl noch nicht außgelesche[t]/
sondern rauchete als noch in der Wittiben He[r]tz
vnd Gedächtnuß: Es ware die Wunde in jhrem

Hertz[en]

Diebshiſtorien/ das II. Buch.
auß der Wechſelbruͤcken/ darauß dann hernacher
ein groſſer Streit entſtunde: Dann als der Hauß-
herꝛ widerkommet/ vnd ſihet ſeine Magd in ſolchen
traurigen Zuſtande/ vnd wie das gantze Hauß be-
ſtohlen ware/ laͤſt er allenthalben nachfragen vnd
trifft endlich etliche Perlen bey einem Goldſchmid
an/ welche er fuͤr die ſeinige hielte vnd erkandte/ fan-
get mit demſelbigen eine Rechtfertigung an/ welche
lange zeit wehrete; Aber das Hauptſtuͤck/ welches
Foreſtier ware/ wolte ſich nicht finden/ dann er hat-
te ſich darvon gemacht/ vnnd ware nachgefolget
dem Exempel der Hunde/ welche/ wann ſie ſich der
Streich befuͤrchten/ lauffen ſie darvon vnd tragen
den Schwantz zwiſchen den Beinen.

Vnder deſſen aber lieſſe die Wittib deß Edel-
manns/ welchen Foreſtier ſampt ſeinen Geſellen
auff der newen Bruͤcken meuchelmoͤrdiſcher weiſe
hatte vmbgebracht/ fleiſſig nachforſchen/ damit ſie
den jenigen/ welcher den Mord angeſtifftet vnd ge-
than/ finden/ vnd jhn nach der ſchaͤrffe vnd beſchaf-
fenheit der ſchroͤcklichen groſſen Suͤnde ſtraffen
moͤchte laſſen: Sie ſchickte bald alle Tag friſche
Leut auß auff das Land/ zuerfahren/ wo ſich doch
Foreſtier hielte/ damit ſie den Tod jhres lieben Ehe-
mans/ welcher ſo vnſchuldiger vnnd vnverſehener
weiſe ware erſchlagen worden/ rechen koͤndte: Dann
wiewol ſchon vnder deſſen ſechs gantzer Monat
waren verlauffen/ daß ſolches geſchehen ware/ je-
doch ſo ware dieſer Kohl noch nicht außgeleſche[t]/
ſondern rauchete als noch in der Wittiben He[r]tz
vnd Gedaͤchtnuß: Es ware die Wunde in jhrem

Hertz[en]
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[31 [317]/0327] Diebshiſtorien/ das II. Buch. auß der Wechſelbruͤcken/ darauß dann hernacher ein groſſer Streit entſtunde: Dann als der Hauß- herꝛ widerkommet/ vnd ſihet ſeine Magd in ſolchen traurigen Zuſtande/ vnd wie das gantze Hauß be- ſtohlen ware/ laͤſt er allenthalben nachfragen vnd trifft endlich etliche Perlen bey einem Goldſchmid an/ welche er fuͤr die ſeinige hielte vnd erkandte/ fan- get mit demſelbigen eine Rechtfertigung an/ welche lange zeit wehrete; Aber das Hauptſtuͤck/ welches Foreſtier ware/ wolte ſich nicht finden/ dann er hat- te ſich darvon gemacht/ vnnd ware nachgefolget dem Exempel der Hunde/ welche/ wann ſie ſich der Streich befuͤrchten/ lauffen ſie darvon vnd tragen den Schwantz zwiſchen den Beinen. Vnder deſſen aber lieſſe die Wittib deß Edel- manns/ welchen Foreſtier ſampt ſeinen Geſellen auff der newen Bruͤcken meuchelmoͤrdiſcher weiſe hatte vmbgebracht/ fleiſſig nachforſchen/ damit ſie den jenigen/ welcher den Mord angeſtifftet vnd ge- than/ finden/ vnd jhn nach der ſchaͤrffe vnd beſchaf- fenheit der ſchroͤcklichen groſſen Suͤnde ſtraffen moͤchte laſſen: Sie ſchickte bald alle Tag friſche Leut auß auff das Land/ zuerfahren/ wo ſich doch Foreſtier hielte/ damit ſie den Tod jhres lieben Ehe- mans/ welcher ſo vnſchuldiger vnnd vnverſehener weiſe ware erſchlagen worden/ rechen koͤndte: Dann wiewol ſchon vnder deſſen ſechs gantzer Monat waren verlauffen/ daß ſolches geſchehen ware/ je- doch ſo ware dieſer Kohl noch nicht außgeleſchet/ ſondern rauchete als noch in der Wittiben Hertz vnd Gedaͤchtnuß: Es ware die Wunde in jhrem Hertzen

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Zitationshilfe: Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627, S. 31 [317]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider02_1627/327>, abgerufen am 14.05.2024.