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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780.

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Lebens an diesem Orte, und ward über die wun-
derbare Führung des Himmels, die ihn bis da-
hin so sichtbar geleitet hatte, tief im Innersten
seines Herzens gerührt. Ein Strom dankbarer
Freudentränen entstürzte seinen Augen. Dan
hob er seine ausgebreiteten Arme gen Himmel und
betete mit glühender Andacht:

"O du lieber, lieber himlischer Vater,
wie sol ich dir danken für Alles, was du bis
hieher an mir gethan hast? Siehe! (indem er
auf die Knie fiel) hier lieg' ich vor deinem alse-
henden Auge im Staube, unfähig, die heissen
Gefühle meines Herzens durch Worte auszu-
drükken! Aber du siehst dies Herz, siehst die
unaussprechlichen Empfindungen der Dankbar-
keit, von denen es so ganz, so ganz durchdrun-
gen ist. Dies von dir gebesserte, dich über alles
liebende Herz, dies so oft durch Trübsal verwun-
dete, so oft von dir geheilte Herz, ist alles al-
les, was ich dir, mein gütiger Vater, für alle
deine unzählbaren Wohlthaten wieder zu geben
vermag. Nim es an, mein Vater, o nim es
ganz und vollende das Werk der Besserung, wel-

ches

Lebens an dieſem Orte, und ward uͤber die wun-
derbare Fuͤhrung des Himmels, die ihn bis da-
hin ſo ſichtbar geleitet hatte, tief im Innerſten
ſeines Herzens geruͤhrt. Ein Strom dankbarer
Freudentraͤnen entſtuͤrzte ſeinen Augen. Dan
hob er ſeine ausgebreiteten Arme gen Himmel und
betete mit gluͤhender Andacht:

„O du lieber, lieber himliſcher Vater,
wie ſol ich dir danken fuͤr Alles, was du bis
hieher an mir gethan haſt? Siehe! (indem er
auf die Knie fiel) hier lieg' ich vor deinem alſe-
henden Auge im Staube, unfaͤhig, die heiſſen
Gefuͤhle meines Herzens durch Worte auszu-
druͤkken! Aber du ſiehſt dies Herz, ſiehſt die
unausſprechlichen Empfindungen der Dankbar-
keit, von denen es ſo ganz, ſo ganz durchdrun-
gen iſt. Dies von dir gebeſſerte, dich uͤber alles
liebende Herz, dies ſo oft durch Truͤbſal verwun-
dete, ſo oft von dir geheilte Herz, iſt alles al-
les, was ich dir, mein guͤtiger Vater, fuͤr alle
deine unzaͤhlbaren Wohlthaten wieder zu geben
vermag. Nim es an, mein Vater, o nim es
ganz und vollende das Werk der Beſſerung, wel-

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[152/0158] Lebens an dieſem Orte, und ward uͤber die wun- derbare Fuͤhrung des Himmels, die ihn bis da- hin ſo ſichtbar geleitet hatte, tief im Innerſten ſeines Herzens geruͤhrt. Ein Strom dankbarer Freudentraͤnen entſtuͤrzte ſeinen Augen. Dan hob er ſeine ausgebreiteten Arme gen Himmel und betete mit gluͤhender Andacht: „O du lieber, lieber himliſcher Vater, wie ſol ich dir danken fuͤr Alles, was du bis hieher an mir gethan haſt? Siehe! (indem er auf die Knie fiel) hier lieg' ich vor deinem alſe- henden Auge im Staube, unfaͤhig, die heiſſen Gefuͤhle meines Herzens durch Worte auszu- druͤkken! Aber du ſiehſt dies Herz, ſiehſt die unausſprechlichen Empfindungen der Dankbar- keit, von denen es ſo ganz, ſo ganz durchdrun- gen iſt. Dies von dir gebeſſerte, dich uͤber alles liebende Herz, dies ſo oft durch Truͤbſal verwun- dete, ſo oft von dir geheilte Herz, iſt alles al- les, was ich dir, mein guͤtiger Vater, fuͤr alle deine unzaͤhlbaren Wohlthaten wieder zu geben vermag. Nim es an, mein Vater, o nim es ganz und vollende das Werk der Beſſerung, wel- ches

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/158>, abgerufen am 29.03.2024.