Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

der Wind, und trieb uns, alles Ruderns unge-
achtet, wieder der offenbaren See zu. Unser
Tod schien nun nicht mehr zweifelhaft zu sein.
Allein zu unserm eigenen Erstaunen hielten sich
die schwerbeladenen Böte, von hoch aufschwel-
lenden Wogen geschaukelt, noch immer glüklich
über Wasser, bis wir endlich ganz unerwartet,
und ohne einen einzigen Man verloren zu haben,
an eine uns völlig unbekante Insel geworfen wur-
den, deren armseelige Bewohner uns ungemein
liebreich aufnahmen."

"Bei diesen haben wir nun bis jezt gelebt,
jeder so gut er konte; aber freilig armseelig ge-
nug, weil die armen Wilden selbst nichts hatten,
als die Fische, die sie fingen und einige wenige
Früchte, welche die Insel trägt. Dennoch theil-
ten sie mit uns, was sie hatten, und gaben uns
Anweisung, wie wir selbst fischen könten. Am
besten befanden sich unsere Schwarzen dabei, weil
sie keine andere Lebensart gewohnt, und nun
noch dazu in Freiheit waren."

"Vor einigen Tagen wurde die Insel von
einem benachbarten Volke kriegerisch angefallen.

Alles

der Wind, und trieb uns, alles Ruderns unge-
achtet, wieder der offenbaren See zu. Unſer
Tod ſchien nun nicht mehr zweifelhaft zu ſein.
Allein zu unſerm eigenen Erſtaunen hielten ſich
die ſchwerbeladenen Boͤte, von hoch aufſchwel-
lenden Wogen geſchaukelt, noch immer gluͤklich
uͤber Waſſer, bis wir endlich ganz unerwartet,
und ohne einen einzigen Man verloren zu haben,
an eine uns voͤllig unbekante Inſel geworfen wur-
den, deren armſeelige Bewohner uns ungemein
liebreich aufnahmen.„

„Bei dieſen haben wir nun bis jezt gelebt,
jeder ſo gut er konte; aber freilig armſeelig ge-
nug, weil die armen Wilden ſelbſt nichts hatten,
als die Fiſche, die ſie fingen und einige wenige
Fruͤchte, welche die Inſel traͤgt. Dennoch theil-
ten ſie mit uns, was ſie hatten, und gaben uns
Anweiſung, wie wir ſelbſt fiſchen koͤnten. Am
beſten befanden ſich unſere Schwarzen dabei, weil
ſie keine andere Lebensart gewohnt, und nun
noch dazu in Freiheit waren.„

„Vor einigen Tagen wurde die Inſel von
einem benachbarten Volke kriegeriſch angefallen.

Alles
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0302" n="296"/>
der Wind, und trieb uns, alles Ruderns unge-<lb/>
achtet, wieder der offenbaren See zu. Un&#x017F;er<lb/>
Tod &#x017F;chien nun nicht mehr zweifelhaft zu &#x017F;ein.<lb/>
Allein zu un&#x017F;erm eigenen Er&#x017F;taunen hielten &#x017F;ich<lb/>
die &#x017F;chwerbeladenen Bo&#x0364;te, von hoch auf&#x017F;chwel-<lb/>
lenden Wogen ge&#x017F;chaukelt, noch immer glu&#x0364;klich<lb/>
u&#x0364;ber Wa&#x017F;&#x017F;er, bis wir endlich ganz unerwartet,<lb/>
und ohne einen einzigen Man verloren zu haben,<lb/>
an eine uns vo&#x0364;llig unbekante In&#x017F;el geworfen wur-<lb/>
den, deren arm&#x017F;eelige Bewohner uns ungemein<lb/>
liebreich aufnahmen.&#x201E;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Bei die&#x017F;en haben wir nun bis jezt gelebt,<lb/>
jeder &#x017F;o gut er konte; aber freilig arm&#x017F;eelig ge-<lb/>
nug, weil die armen Wilden &#x017F;elb&#x017F;t nichts hatten,<lb/>
als die Fi&#x017F;che, die &#x017F;ie fingen und einige wenige<lb/>
Fru&#x0364;chte, welche die In&#x017F;el tra&#x0364;gt. Dennoch theil-<lb/>
ten &#x017F;ie mit uns, was &#x017F;ie hatten, und gaben uns<lb/>
Anwei&#x017F;ung, wie wir &#x017F;elb&#x017F;t fi&#x017F;chen ko&#x0364;nten. Am<lb/>
be&#x017F;ten befanden &#x017F;ich un&#x017F;ere Schwarzen dabei, weil<lb/>
&#x017F;ie keine andere Lebensart gewohnt, und nun<lb/>
noch dazu in Freiheit waren.&#x201E;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Vor einigen Tagen wurde die In&#x017F;el von<lb/>
einem benachbarten Volke kriegeri&#x017F;ch angefallen.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Alles</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[296/0302] der Wind, und trieb uns, alles Ruderns unge- achtet, wieder der offenbaren See zu. Unſer Tod ſchien nun nicht mehr zweifelhaft zu ſein. Allein zu unſerm eigenen Erſtaunen hielten ſich die ſchwerbeladenen Boͤte, von hoch aufſchwel- lenden Wogen geſchaukelt, noch immer gluͤklich uͤber Waſſer, bis wir endlich ganz unerwartet, und ohne einen einzigen Man verloren zu haben, an eine uns voͤllig unbekante Inſel geworfen wur- den, deren armſeelige Bewohner uns ungemein liebreich aufnahmen.„ „Bei dieſen haben wir nun bis jezt gelebt, jeder ſo gut er konte; aber freilig armſeelig ge- nug, weil die armen Wilden ſelbſt nichts hatten, als die Fiſche, die ſie fingen und einige wenige Fruͤchte, welche die Inſel traͤgt. Dennoch theil- ten ſie mit uns, was ſie hatten, und gaben uns Anweiſung, wie wir ſelbſt fiſchen koͤnten. Am beſten befanden ſich unſere Schwarzen dabei, weil ſie keine andere Lebensart gewohnt, und nun noch dazu in Freiheit waren.„ „Vor einigen Tagen wurde die Inſel von einem benachbarten Volke kriegeriſch angefallen. Alles

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/302
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/302>, abgerufen am 15.06.2024.