Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844.

Bild:
<< vorherige Seite
Von Sünde frei ist wer da kommt zum Vater.
Wer aber führt zu ihm als die ihn kennen?
Wer auch versteht der Menschen Sinn zu leiten
Daß sie für das Unendliche entbrennen?
Wer ist der Künste Meister und Berater
Die äußerlich den Menschen gern befreiten,
Ihm Muße zu bereiten
Aus Not und, ach! geistloser Arbeit Fluche?
Wer weiß, wer ahnt zum Mindesten, die Mittel
Die uns aus diesem Spittel
Erlösen möchten, wie dort steht im Buche?
Wer schafft und gründet? gibt uns Hoffnungsschimmer?
Nur Einzle sind's, die Massen sind es nimmer.
Das Christenthum ist sel'ger Spiele Spiegel
Und Festlust der Gesalbten heißt sein Name.
Des Meisters heitrer Geist mag niemand gönnen
Zweckloser Lustentsagung Uebernahme.
Doch ob ihm offen alle Himmelsriegel
Und er wol hätte Freude haben können,
Ward er, daß wir entrönnen
Der Armut, selbst arm, wählte Schmach statt Ehren.
So mag auch nur, wen gleiche Liebe spornet,
Des Menschenheils bedornet
Schmerzreichen, rauhen Pfad zu gehn begehren.
Kein Mühsal scheut, zu bahnen höchstem Wandeln,
Wen Eins nur freut: zu schauen Gottes Handeln.
Von Sünde frei iſt wer da kommt zum Vater.
Wer aber führt zu ihm als die ihn kennen?
Wer auch verſteht der Menſchen Sinn zu leiten
Daß ſie für das Unendliche entbrennen?
Wer iſt der Künſte Meiſter und Berater
Die äußerlich den Menſchen gern befreiten,
Ihm Muße zu bereiten
Aus Not und, ach! geiſtloſer Arbeit Fluche?
Wer weiß, wer ahnt zum Mindeſten, die Mittel
Die uns aus dieſem Spittel
Erlöſen möchten, wie dort ſteht im Buche?
Wer ſchafft und gründet? gibt uns Hoffnungsſchimmer?
Nur Einzle ſind's, die Maſſen ſind es nimmer.
Das Chriſtenthum iſt ſel'ger Spiele Spiegel
Und Feſtluſt der Geſalbten heißt ſein Name.
Des Meiſters heitrer Geiſt mag niemand gönnen
Zweckloſer Luſtentſagung Uebernahme.
Doch ob ihm offen alle Himmelsriegel
Und er wol hätte Freude haben können,
Ward er, daß wir entrönnen
Der Armut, ſelbſt arm, wählte Schmach ſtatt Ehren.
So mag auch nur, wen gleiche Liebe ſpornet,
Des Menſchenheils bedornet
Schmerzreichen, rauhen Pfad zu gehn begehren.
Kein Mühſal ſcheut, zu bahnen höchſtem Wandeln,
Wen Eins nur freut: zu ſchauen Gottes Handeln.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0091" n="77"/>
            <lg n="4">
              <l>Von Sünde frei i&#x017F;t wer da kommt zum Vater.</l><lb/>
              <l>Wer aber führt zu ihm als die ihn kennen?</l><lb/>
              <l>Wer auch ver&#x017F;teht der Men&#x017F;chen Sinn zu leiten</l><lb/>
              <l>Daß &#x017F;ie für das Unendliche entbrennen?</l><lb/>
              <l>Wer i&#x017F;t der Kün&#x017F;te Mei&#x017F;ter und Berater</l><lb/>
              <l>Die äußerlich den Men&#x017F;chen gern befreiten,</l><lb/>
              <l>Ihm Muße zu bereiten</l><lb/>
              <l>Aus Not und, ach! gei&#x017F;tlo&#x017F;er Arbeit Fluche?</l><lb/>
              <l>Wer weiß, wer ahnt zum Minde&#x017F;ten, die Mittel</l><lb/>
              <l>Die uns aus die&#x017F;em Spittel</l><lb/>
              <l>Erlö&#x017F;en möchten, wie dort &#x017F;teht im Buche?</l><lb/>
              <l>Wer &#x017F;chafft und gründet? gibt uns Hoffnungs&#x017F;chimmer?</l><lb/>
              <l>Nur Einzle &#x017F;ind's, die Ma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind es nimmer.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="5">
              <l>Das Chri&#x017F;tenthum i&#x017F;t &#x017F;el'ger Spiele Spiegel</l><lb/>
              <l>Und <hi rendition="#g">Fe&#x017F;tlu&#x017F;t der Ge&#x017F;albten</hi> heißt &#x017F;ein Name.</l><lb/>
              <l>Des Mei&#x017F;ters heitrer Gei&#x017F;t mag niemand gönnen</l><lb/>
              <l>Zwecklo&#x017F;er Lu&#x017F;tent&#x017F;agung Uebernahme.</l><lb/>
              <l>Doch ob ihm offen alle Himmelsriegel</l><lb/>
              <l>Und er wol hätte Freude haben können,</l><lb/>
              <l>Ward er, daß wir entrönnen</l><lb/>
              <l>Der Armut, &#x017F;elb&#x017F;t arm, wählte Schmach &#x017F;tatt Ehren.</l><lb/>
              <l>So mag auch nur, wen gleiche Liebe &#x017F;pornet,</l><lb/>
              <l>Des Men&#x017F;chenheils bedornet</l><lb/>
              <l>Schmerzreichen, rauhen Pfad zu gehn begehren.</l><lb/>
              <l>Kein Müh&#x017F;al &#x017F;cheut, zu bahnen höch&#x017F;tem Wandeln,</l><lb/>
              <l>Wen Eins nur freut: zu &#x017F;chauen Gottes Handeln.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0091] Von Sünde frei iſt wer da kommt zum Vater. Wer aber führt zu ihm als die ihn kennen? Wer auch verſteht der Menſchen Sinn zu leiten Daß ſie für das Unendliche entbrennen? Wer iſt der Künſte Meiſter und Berater Die äußerlich den Menſchen gern befreiten, Ihm Muße zu bereiten Aus Not und, ach! geiſtloſer Arbeit Fluche? Wer weiß, wer ahnt zum Mindeſten, die Mittel Die uns aus dieſem Spittel Erlöſen möchten, wie dort ſteht im Buche? Wer ſchafft und gründet? gibt uns Hoffnungsſchimmer? Nur Einzle ſind's, die Maſſen ſind es nimmer. Das Chriſtenthum iſt ſel'ger Spiele Spiegel Und Feſtluſt der Geſalbten heißt ſein Name. Des Meiſters heitrer Geiſt mag niemand gönnen Zweckloſer Luſtentſagung Uebernahme. Doch ob ihm offen alle Himmelsriegel Und er wol hätte Freude haben können, Ward er, daß wir entrönnen Der Armut, ſelbſt arm, wählte Schmach ſtatt Ehren. So mag auch nur, wen gleiche Liebe ſpornet, Des Menſchenheils bedornet Schmerzreichen, rauhen Pfad zu gehn begehren. Kein Mühſal ſcheut, zu bahnen höchſtem Wandeln, Wen Eins nur freut: zu ſchauen Gottes Handeln.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854/91
Zitationshilfe: Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854/91>, abgerufen am 29.04.2024.