[Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700.18. Ich durch-irre Land und Seen/In den Thälern/ auf den Höhen/ Wünsch ich wider die Gewalt Meines Schmertzens Aufenthalt. Berg und Thal/ samt See und Ländern/ Können auch zwar mein Gesicht/ Aber nicht mein Leid verändern; Denn ich finde Doris nicht. 19. Euch/ ihr Zeiten die verlauffen/Könt ich euch mit Blut erkauffen/ Die ich offt aus Unbedacht/ Ohne Doris zugebracht! Sonne schenck mir diese Blicke! Komm/ verdopple deinen Schritt! Eilt ihr Zeiten/ eilt zurücke! Bringt mir aber Doris mit. 20. Aber nein! eilt nicht zurücke/Sonst entfernen eure Blicke Mir den längst begehrten Tod/ Und benehmen nicht die Noth; Doch könt ihr mir Doris weisen/ Eilet fort! Nein haltet still! Ihr mögt warten/ ihr mögt reisen; Ich weiß selbst nicht was ich wil. 21. Helffte meines matten LebensDoris! ists denn gantz vergebens. Daß ich kläglich um dich thu? Kanst du noch in deiner Ruh/ Die bethränte Seuffzer hören/ Rührt dich meiner Schickung Grimm? Ach so laß dein Schlummern stöhren! Sieh dich einmahl nach mir um! 22. Zei-
18. Ich durch-irre Land und Seen/In den Thaͤlern/ auf den Hoͤhen/ Wuͤnſch ich wider die Gewalt Meines Schmertzens Aufenthalt. Berg und Thal/ ſamt See und Laͤndern/ Koͤnnen auch zwar mein Geſicht/ Aber nicht mein Leid veraͤndern; Denn ich finde Doris nicht. 19. Euch/ ihr Zeiten die verlauffen/Koͤnt ich euch mit Blut erkauffen/ Die ich offt aus Unbedacht/ Ohne Doris zugebracht! Sonne ſchenck mir dieſe Blicke! Komm/ verdopple deinen Schritt! Eilt ihr Zeiten/ eilt zuruͤcke! Bringt mir aber Doris mit. 20. Aber nein! eilt nicht zuruͤcke/Sonſt entfernen eure Blicke Mir den laͤngſt begehrten Tod/ Und benehmen nicht die Noth; Doch koͤnt ihr mir Doris weiſen/ Eilet fort! Nein haltet ſtill! Ihr moͤgt warten/ ihr moͤgt reiſen; Ich weiß ſelbſt nicht was ich wil. 21. Helffte meines matten LebensDoris! iſts denn gantz vergebens. Daß ich klaͤglich um dich thu? Kanſt du noch in deiner Ruh/ Die bethraͤnte Seuffzer hoͤren/ Ruͤhrt dich meiner Schickung Grimm? Ach ſo laß dein Schlummern ſtoͤhren! Sieh dich einmahl nach mir um! 22. Zei-
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18.
Ich durch-irre Land und Seen/
In den Thaͤlern/ auf den Hoͤhen/
Wuͤnſch ich wider die Gewalt
Meines Schmertzens Aufenthalt.
Berg und Thal/ ſamt See und Laͤndern/
Koͤnnen auch zwar mein Geſicht/
Aber nicht mein Leid veraͤndern;
Denn ich finde Doris nicht.
19.
Euch/ ihr Zeiten die verlauffen/
Koͤnt ich euch mit Blut erkauffen/
Die ich offt aus Unbedacht/
Ohne Doris zugebracht!
Sonne ſchenck mir dieſe Blicke!
Komm/ verdopple deinen Schritt!
Eilt ihr Zeiten/ eilt zuruͤcke!
Bringt mir aber Doris mit.
20.
Aber nein! eilt nicht zuruͤcke/
Sonſt entfernen eure Blicke
Mir den laͤngſt begehrten Tod/
Und benehmen nicht die Noth;
Doch koͤnt ihr mir Doris weiſen/
Eilet fort! Nein haltet ſtill!
Ihr moͤgt warten/ ihr moͤgt reiſen;
Ich weiß ſelbſt nicht was ich wil.
21.
Helffte meines matten Lebens
Doris! iſts denn gantz vergebens.
Daß ich klaͤglich um dich thu?
Kanſt du noch in deiner Ruh/
Die bethraͤnte Seuffzer hoͤren/
Ruͤhrt dich meiner Schickung Grimm?
Ach ſo laß dein Schlummern ſtoͤhren!
Sieh dich einmahl nach mir um!
22. Zei-
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Zitationshilfe: | [Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/canitz_gedichte_1700/101>, abgerufen am 17.06.2024. |