Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

wasser, oder ungewöhnliche Lage des Kindes veranlaßt, und
werden hinwiederum auch bei vorhandenen Zwillingen nicht
selten vermißt, so daß öftere Täuschungen in Hinsicht der
Bestimmung einer einfachen oder mehrfachen Schwangerschaft
fast ganz unvermeidlich sind.

3) Kennzeichen für das Geschlecht des Kindes.
§. 781.

Alle in dieser Hinsicht bisher von einzelnen Aerzten
oder Geburtshelfern aufgestellten Kennzeichen, z. B. häufige-
res Erbrechen und hellere Augen bei Schwangerschaften mit
Knaben und stärkerer Schleimabgang aus der Vagina, so wie
öftere Ohnmachten bei Schwangerschaften mit Mädchen u.
s. w. können eben so wenig als das neuerlich von einem
französischen Arzte vorgeschlagene Kennzeichen im Pulse (wo
die stärkern Pulsschläge am rechten Arm einen Knaben, die
stärkern Pulsschläge am linken Arm ein Mädchen bezeichnen
sollen) über diese Gegenstände irgend Gewißheit geben. --
Ueberhaupt sind auch selbst physiologisch die Momente, von
welchen die Erzeugung eines oder des andern Geschlechts ab-
hängt, durchaus nicht einzeln nachzuweisen, denn weder daß
das eine Geschlecht von dem einen Ovario, das andere von
dem andern Ovario abhängig sey, hat sich erwiesen, noch daß
die Geschlechtsverschiedenheit, je nachdem das Sperma aus
einem oder dem andern Hoden komme, bestimmt werde. Nur
so viel darf man annehmen, daß die Mehrzahl der Erstge-
bornen einer Frau, weiblichen Geschlechts sey, eben so wie
es wahrscheinlich ist, daß überhaupt die größere Lebensenergie
eines der beiden zeugenden Individuen im Moment der Conce-
ption, vorzüglich das Geschlecht des Embry'os bestimme.

4) Kennzeichen über Leben und Tod des Fetus.
§. 782.

Die Kennzeichen des Lebens können mit Aus-
nahme der vom Geburtshelfer selbst gefühlten Bewegungen

waſſer, oder ungewoͤhnliche Lage des Kindes veranlaßt, und
werden hinwiederum auch bei vorhandenen Zwillingen nicht
ſelten vermißt, ſo daß oͤftere Taͤuſchungen in Hinſicht der
Beſtimmung einer einfachen oder mehrfachen Schwangerſchaft
faſt ganz unvermeidlich ſind.

3) Kennzeichen fuͤr das Geſchlecht des Kindes.
§. 781.

Alle in dieſer Hinſicht bisher von einzelnen Aerzten
oder Geburtshelfern aufgeſtellten Kennzeichen, z. B. haͤufige-
res Erbrechen und hellere Augen bei Schwangerſchaften mit
Knaben und ſtaͤrkerer Schleimabgang aus der Vagina, ſo wie
oͤftere Ohnmachten bei Schwangerſchaften mit Maͤdchen u.
ſ. w. koͤnnen eben ſo wenig als das neuerlich von einem
franzoͤſiſchen Arzte vorgeſchlagene Kennzeichen im Pulſe (wo
die ſtaͤrkern Pulsſchlaͤge am rechten Arm einen Knaben, die
ſtaͤrkern Pulsſchlaͤge am linken Arm ein Maͤdchen bezeichnen
ſollen) uͤber dieſe Gegenſtaͤnde irgend Gewißheit geben. —
Ueberhaupt ſind auch ſelbſt phyſiologiſch die Momente, von
welchen die Erzeugung eines oder des andern Geſchlechts ab-
haͤngt, durchaus nicht einzeln nachzuweiſen, denn weder daß
das eine Geſchlecht von dem einen Ovario, das andere von
dem andern Ovario abhaͤngig ſey, hat ſich erwieſen, noch daß
die Geſchlechtsverſchiedenheit, je nachdem das Sperma aus
einem oder dem andern Hoden komme, beſtimmt werde. Nur
ſo viel darf man annehmen, daß die Mehrzahl der Erſtge-
bornen einer Frau, weiblichen Geſchlechts ſey, eben ſo wie
es wahrſcheinlich iſt, daß uͤberhaupt die groͤßere Lebensenergie
eines der beiden zeugenden Individuen im Moment der Conce-
ption, vorzuͤglich das Geſchlecht des Embry’os beſtimme.

4) Kennzeichen uͤber Leben und Tod des Fetus.
§. 782.

Die Kennzeichen des Lebens koͤnnen mit Aus-
nahme der vom Geburtshelfer ſelbſt gefuͤhlten Bewegungen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <p><pb facs="#f0107" n="85"/>
wa&#x017F;&#x017F;er, oder ungewo&#x0364;hnliche Lage des Kindes veranlaßt, und<lb/>
werden hinwiederum auch bei vorhandenen Zwillingen nicht<lb/>
&#x017F;elten vermißt, &#x017F;o daß o&#x0364;ftere Ta&#x0364;u&#x017F;chungen in Hin&#x017F;icht der<lb/>
Be&#x017F;timmung einer einfachen oder mehrfachen Schwanger&#x017F;chaft<lb/>
fa&#x017F;t ganz unvermeidlich &#x017F;ind.</p>
                  </div>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head>3) <hi rendition="#g">Kennzeichen fu&#x0364;r das Ge&#x017F;chlecht des Kindes</hi>.</head><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>§. 781.</head><lb/>
                    <p>Alle in die&#x017F;er Hin&#x017F;icht bisher von einzelnen Aerzten<lb/>
oder Geburtshelfern aufge&#x017F;tellten Kennzeichen, z. B. ha&#x0364;ufige-<lb/>
res Erbrechen und hellere Augen bei Schwanger&#x017F;chaften mit<lb/>
Knaben und &#x017F;ta&#x0364;rkerer Schleimabgang aus der Vagina, &#x017F;o wie<lb/>
o&#x0364;ftere Ohnmachten bei Schwanger&#x017F;chaften mit Ma&#x0364;dchen u.<lb/>
&#x017F;. w. ko&#x0364;nnen eben &#x017F;o wenig als das neuerlich von einem<lb/>
franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Arzte vorge&#x017F;chlagene Kennzeichen im Pul&#x017F;e (wo<lb/>
die &#x017F;ta&#x0364;rkern Puls&#x017F;chla&#x0364;ge am rechten Arm einen Knaben, die<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;rkern Puls&#x017F;chla&#x0364;ge am linken Arm ein Ma&#x0364;dchen bezeichnen<lb/>
&#x017F;ollen) u&#x0364;ber die&#x017F;e Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde irgend Gewißheit geben. &#x2014;<lb/>
Ueberhaupt &#x017F;ind auch &#x017F;elb&#x017F;t phy&#x017F;iologi&#x017F;ch die Momente, von<lb/>
welchen die Erzeugung eines oder des andern Ge&#x017F;chlechts ab-<lb/>
ha&#x0364;ngt, durchaus nicht einzeln nachzuwei&#x017F;en, denn weder daß<lb/>
das eine Ge&#x017F;chlecht von dem einen Ovario, das andere von<lb/>
dem andern Ovario abha&#x0364;ngig &#x017F;ey, hat &#x017F;ich erwie&#x017F;en, noch daß<lb/>
die Ge&#x017F;chlechtsver&#x017F;chiedenheit, je nachdem das <hi rendition="#aq">Sperma</hi> aus<lb/>
einem oder dem andern Hoden komme, be&#x017F;timmt werde. Nur<lb/>
&#x017F;o viel darf man annehmen, daß die Mehrzahl der Er&#x017F;tge-<lb/>
bornen einer Frau, <hi rendition="#g">weiblichen</hi> Ge&#x017F;chlechts &#x017F;ey, eben &#x017F;o wie<lb/>
es wahr&#x017F;cheinlich i&#x017F;t, daß u&#x0364;berhaupt die gro&#x0364;ßere Lebensenergie<lb/>
eines der beiden zeugenden Individuen im Moment der Conce-<lb/>
ption, vorzu&#x0364;glich das Ge&#x017F;chlecht des Embry&#x2019;os be&#x017F;timme.</p>
                  </div>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head>4) <hi rendition="#g">Kennzeichen u&#x0364;ber Leben und Tod des Fetus</hi>.</head><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>§. 782.</head><lb/>
                    <p><hi rendition="#g">Die Kennzeichen des Lebens</hi> ko&#x0364;nnen mit Aus-<lb/>
nahme der vom Geburtshelfer &#x017F;elb&#x017F;t gefu&#x0364;hlten Bewegungen<lb/></p>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0107] waſſer, oder ungewoͤhnliche Lage des Kindes veranlaßt, und werden hinwiederum auch bei vorhandenen Zwillingen nicht ſelten vermißt, ſo daß oͤftere Taͤuſchungen in Hinſicht der Beſtimmung einer einfachen oder mehrfachen Schwangerſchaft faſt ganz unvermeidlich ſind. 3) Kennzeichen fuͤr das Geſchlecht des Kindes. §. 781. Alle in dieſer Hinſicht bisher von einzelnen Aerzten oder Geburtshelfern aufgeſtellten Kennzeichen, z. B. haͤufige- res Erbrechen und hellere Augen bei Schwangerſchaften mit Knaben und ſtaͤrkerer Schleimabgang aus der Vagina, ſo wie oͤftere Ohnmachten bei Schwangerſchaften mit Maͤdchen u. ſ. w. koͤnnen eben ſo wenig als das neuerlich von einem franzoͤſiſchen Arzte vorgeſchlagene Kennzeichen im Pulſe (wo die ſtaͤrkern Pulsſchlaͤge am rechten Arm einen Knaben, die ſtaͤrkern Pulsſchlaͤge am linken Arm ein Maͤdchen bezeichnen ſollen) uͤber dieſe Gegenſtaͤnde irgend Gewißheit geben. — Ueberhaupt ſind auch ſelbſt phyſiologiſch die Momente, von welchen die Erzeugung eines oder des andern Geſchlechts ab- haͤngt, durchaus nicht einzeln nachzuweiſen, denn weder daß das eine Geſchlecht von dem einen Ovario, das andere von dem andern Ovario abhaͤngig ſey, hat ſich erwieſen, noch daß die Geſchlechtsverſchiedenheit, je nachdem das Sperma aus einem oder dem andern Hoden komme, beſtimmt werde. Nur ſo viel darf man annehmen, daß die Mehrzahl der Erſtge- bornen einer Frau, weiblichen Geſchlechts ſey, eben ſo wie es wahrſcheinlich iſt, daß uͤberhaupt die groͤßere Lebensenergie eines der beiden zeugenden Individuen im Moment der Conce- ption, vorzuͤglich das Geſchlecht des Embry’os beſtimme. 4) Kennzeichen uͤber Leben und Tod des Fetus. §. 782. Die Kennzeichen des Lebens koͤnnen mit Aus- nahme der vom Geburtshelfer ſelbſt gefuͤhlten Bewegungen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/107
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/107>, abgerufen am 28.04.2024.