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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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näherungen zum Uebergange der Frucht in die später zu be-
schreibenden Molen angesehen werden können. Auch verbinden
sich damit gern abnorme Verwachsungen zwischen
Chorion und innerer Uterinfläche
. -- Am Nabel-
strange
ferner entstehen außer den bei abnormen Geburten
noch zu erwähnenden Umschlingungen desselben, und den
unter den Varietäten bereits erwähnten Knoten und ungewöhn-
lichen Einsenkungen in die Placenta, zuweilen eingeschnürte
Stellen
(ich habe denselben einigemal bei todtgebornen fast
reifen Früchten an seiner Insertionsstelle in den Leib nicht
stärker als einen schwächen Bindfaden gefunden), Hydatiden
und Gefäßerweiterungen. Endlich das Fruchtwasser
betreffend, so wird dieß zuweilen in zu großer Menge ausge-
schieden und begründet die Wassersucht des Eies, welche
dann, wie ich nun schon mehreremale beobachtet habe, sich
auch auf das Kind erstrecken kann, so daß man Bauchhöhle,
Brusthöhle oder Hirnhöhlen mit Wasser angefüllt findet, ja
oft auch Wasser in dem Zellgewebe der Haut, in der Scheide
des Nabelstranges, eben so wie in der Substanz der zuweilen
sehr aufgelockerten Eihäute, oder in Hydatiden am Nabelstrange
oder in der Placenta vorfindet. Außerdem kann aber auch
das Fruchtwasser sich zu sehr vermindern und hat dann
(welches indeß auch von der zu großen Anhäufung des Was-
sers gilt) leicht nachtheilige Wirkungen auf das Geburts-
geschäft.

§. 1131.

Wir kommen nun zu den eigentlichen Krankheiten des
Fetus, welche sämmtlich in der reproduktiven Sphäre desselben
wurzeln und hauptsächlich dem Lymph- und Blutgefäßsystem
angehören. -- Ob nun zuvörderst hier wahre Entzündungs-
und Fieberzustände, bei der noch so unvollkommenen Oxyda-
tion der Säfte, Statt finden können? scheint wohl dem er-
sten Anblicke nach zweifelhaft, muß jedoch wohl mit der Ein-
schränkung, daß diese Zustände, bei der Verschiedenartigkeit des
Fetuslebens vom Leben des gebornen Menschen, selbst meh-
rere Eigenthümlichkeiten haben werden, bejahend beantwortet

naͤherungen zum Uebergange der Frucht in die ſpaͤter zu be-
ſchreibenden Molen angeſehen werden koͤnnen. Auch verbinden
ſich damit gern abnorme Verwachſungen zwiſchen
Chorion und innerer Uterinflaͤche
. — Am Nabel-
ſtrange
ferner entſtehen außer den bei abnormen Geburten
noch zu erwaͤhnenden Umſchlingungen deſſelben, und den
unter den Varietaͤten bereits erwaͤhnten Knoten und ungewoͤhn-
lichen Einſenkungen in die Placenta, zuweilen eingeſchnuͤrte
Stellen
(ich habe denſelben einigemal bei todtgebornen faſt
reifen Fruͤchten an ſeiner Inſertionsſtelle in den Leib nicht
ſtaͤrker als einen ſchwaͤchen Bindfaden gefunden), Hydatiden
und Gefaͤßerweiterungen. Endlich das Fruchtwaſſer
betreffend, ſo wird dieß zuweilen in zu großer Menge ausge-
ſchieden und begruͤndet die Waſſerſucht des Eies, welche
dann, wie ich nun ſchon mehreremale beobachtet habe, ſich
auch auf das Kind erſtrecken kann, ſo daß man Bauchhoͤhle,
Bruſthoͤhle oder Hirnhoͤhlen mit Waſſer angefuͤllt findet, ja
oft auch Waſſer in dem Zellgewebe der Haut, in der Scheide
des Nabelſtranges, eben ſo wie in der Subſtanz der zuweilen
ſehr aufgelockerten Eihaͤute, oder in Hydatiden am Nabelſtrange
oder in der Placenta vorfindet. Außerdem kann aber auch
das Fruchtwaſſer ſich zu ſehr vermindern und hat dann
(welches indeß auch von der zu großen Anhaͤufung des Waſ-
ſers gilt) leicht nachtheilige Wirkungen auf das Geburts-
geſchaͤft.

§. 1131.

Wir kommen nun zu den eigentlichen Krankheiten des
Fetus, welche ſaͤmmtlich in der reproduktiven Sphaͤre deſſelben
wurzeln und hauptſaͤchlich dem Lymph- und Blutgefaͤßſyſtem
angehoͤren. — Ob nun zuvoͤrderſt hier wahre Entzuͤndungs-
und Fieberzuſtaͤnde, bei der noch ſo unvollkommenen Oxyda-
tion der Saͤfte, Statt finden koͤnnen? ſcheint wohl dem er-
ſten Anblicke nach zweifelhaft, muß jedoch wohl mit der Ein-
ſchraͤnkung, daß dieſe Zuſtaͤnde, bei der Verſchiedenartigkeit des
Fetuslebens vom Leben des gebornen Menſchen, ſelbſt meh-
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[286/0310] naͤherungen zum Uebergange der Frucht in die ſpaͤter zu be- ſchreibenden Molen angeſehen werden koͤnnen. Auch verbinden ſich damit gern abnorme Verwachſungen zwiſchen Chorion und innerer Uterinflaͤche. — Am Nabel- ſtrange ferner entſtehen außer den bei abnormen Geburten noch zu erwaͤhnenden Umſchlingungen deſſelben, und den unter den Varietaͤten bereits erwaͤhnten Knoten und ungewoͤhn- lichen Einſenkungen in die Placenta, zuweilen eingeſchnuͤrte Stellen (ich habe denſelben einigemal bei todtgebornen faſt reifen Fruͤchten an ſeiner Inſertionsſtelle in den Leib nicht ſtaͤrker als einen ſchwaͤchen Bindfaden gefunden), Hydatiden und Gefaͤßerweiterungen. Endlich das Fruchtwaſſer betreffend, ſo wird dieß zuweilen in zu großer Menge ausge- ſchieden und begruͤndet die Waſſerſucht des Eies, welche dann, wie ich nun ſchon mehreremale beobachtet habe, ſich auch auf das Kind erſtrecken kann, ſo daß man Bauchhoͤhle, Bruſthoͤhle oder Hirnhoͤhlen mit Waſſer angefuͤllt findet, ja oft auch Waſſer in dem Zellgewebe der Haut, in der Scheide des Nabelſtranges, eben ſo wie in der Subſtanz der zuweilen ſehr aufgelockerten Eihaͤute, oder in Hydatiden am Nabelſtrange oder in der Placenta vorfindet. Außerdem kann aber auch das Fruchtwaſſer ſich zu ſehr vermindern und hat dann (welches indeß auch von der zu großen Anhaͤufung des Waſ- ſers gilt) leicht nachtheilige Wirkungen auf das Geburts- geſchaͤft. §. 1131. Wir kommen nun zu den eigentlichen Krankheiten des Fetus, welche ſaͤmmtlich in der reproduktiven Sphaͤre deſſelben wurzeln und hauptſaͤchlich dem Lymph- und Blutgefaͤßſyſtem angehoͤren. — Ob nun zuvoͤrderſt hier wahre Entzuͤndungs- und Fieberzuſtaͤnde, bei der noch ſo unvollkommenen Oxyda- tion der Saͤfte, Statt finden koͤnnen? ſcheint wohl dem er- ſten Anblicke nach zweifelhaft, muß jedoch wohl mit der Ein- ſchraͤnkung, daß dieſe Zuſtaͤnde, bei der Verſchiedenartigkeit des Fetuslebens vom Leben des gebornen Menſchen, ſelbſt meh- rere Eigenthuͤmlichkeiten haben werden, bejahend beantwortet

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/310>, abgerufen am 30.04.2024.