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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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§. 1253.

Im letztern Falle wird es rathsam, so lange der Kopf
noch einen höhern Stand behauptet, den Haken auf zwei Fin-
gern der linken Hand, bis zur Oeffnung des Schädels und
in die Höhle des letztern zu führen, hier ihn sicher einzu-
setzen, und, indem die beiden Finger der linken Hand stets
in der Nähe bleiben und die Wirkung des Hakens leiten, den
Kopf, der Führungslinie gemäß, durch die rechte, den mit
einem Tuche umwundenen Griff des Hakens oder dessen grö-
ßere Krümmung fassende Hand, tiefer ins Becken herabzuzie-
hen. Gleitet bei einer solcher Traktion ja der Haken aus,
so wird er doch nie die mütterlichen Theile verletzen, da er
innerhalb der Schädelhöhle sich befindet und die Oeffnung
derselben von den Fingern der linken Hand bewacht ist.
Eben so würde aber auch das Durchdringen des Hakens durch
die Schädeldecken sogleich von den Fingern der linken Hand
bemerkt werden (wenn das Ende des Hakens hinlänglich ab-
gestumpft ist, geschieht dieß so nicht leicht), und auch hierdurch
kann folglich keine Verletzung der mütterlichen Theile entste-
hen. -- Nur wenn der Kopf bereits tiefer in das Becken
herabgerückt ist, und die Schädelknochen nicht mehr hinläng-
lichen Halt für den Haken gewähren, ist es rathsam den Ha-
ken äußerlich in eine Augenhöhle, oder ein Ohr einzusetzen und
auf diese Weise den Kopf vollends zu entwickeln; nur ist im
letztern Falle vorzüglich darüber zu wachen, daß der Haken
sowohl beim Einführen als Anziehen die mütterlichen Theile
nicht beschädige.

§. 1254.

Es zeigen sich nun aber gewöhnlich während der Trak-
tionen mit dem Haken, oder selbst bei dem durch die Wehen
allein erfolgenden Zusammenpressen des entleerten Kopfs, meh-
rere durch die gemachte Oeffnung sich hervordrängende Kno-
chensplitter, oder größere Kochenstücke, und auch dieses kann
zu gefährlichen Verletzungen der Geburtstheile Veranlassung
geben. Es ist daher nöthig, sobald dergleichen scharfe Kno-

§. 1253.

Im letztern Falle wird es rathſam, ſo lange der Kopf
noch einen hoͤhern Stand behauptet, den Haken auf zwei Fin-
gern der linken Hand, bis zur Oeffnung des Schaͤdels und
in die Hoͤhle des letztern zu fuͤhren, hier ihn ſicher einzu-
ſetzen, und, indem die beiden Finger der linken Hand ſtets
in der Naͤhe bleiben und die Wirkung des Hakens leiten, den
Kopf, der Fuͤhrungslinie gemaͤß, durch die rechte, den mit
einem Tuche umwundenen Griff des Hakens oder deſſen groͤ-
ßere Kruͤmmung faſſende Hand, tiefer ins Becken herabzuzie-
hen. Gleitet bei einer ſolcher Traktion ja der Haken aus,
ſo wird er doch nie die muͤtterlichen Theile verletzen, da er
innerhalb der Schaͤdelhoͤhle ſich befindet und die Oeffnung
derſelben von den Fingern der linken Hand bewacht iſt.
Eben ſo wuͤrde aber auch das Durchdringen des Hakens durch
die Schaͤdeldecken ſogleich von den Fingern der linken Hand
bemerkt werden (wenn das Ende des Hakens hinlaͤnglich ab-
geſtumpft iſt, geſchieht dieß ſo nicht leicht), und auch hierdurch
kann folglich keine Verletzung der muͤtterlichen Theile entſte-
hen. — Nur wenn der Kopf bereits tiefer in das Becken
herabgeruͤckt iſt, und die Schaͤdelknochen nicht mehr hinlaͤng-
lichen Halt fuͤr den Haken gewaͤhren, iſt es rathſam den Ha-
ken aͤußerlich in eine Augenhoͤhle, oder ein Ohr einzuſetzen und
auf dieſe Weiſe den Kopf vollends zu entwickeln; nur iſt im
letztern Falle vorzuͤglich daruͤber zu wachen, daß der Haken
ſowohl beim Einfuͤhren als Anziehen die muͤtterlichen Theile
nicht beſchaͤdige.

§. 1254.

Es zeigen ſich nun aber gewoͤhnlich waͤhrend der Trak-
tionen mit dem Haken, oder ſelbſt bei dem durch die Wehen
allein erfolgenden Zuſammenpreſſen des entleerten Kopfs, meh-
rere durch die gemachte Oeffnung ſich hervordraͤngende Kno-
chenſplitter, oder groͤßere Kochenſtuͤcke, und auch dieſes kann
zu gefaͤhrlichen Verletzungen der Geburtstheile Veranlaſſung
geben. Es iſt daher noͤthig, ſobald dergleichen ſcharfe Kno-

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[364/0388] §. 1253. Im letztern Falle wird es rathſam, ſo lange der Kopf noch einen hoͤhern Stand behauptet, den Haken auf zwei Fin- gern der linken Hand, bis zur Oeffnung des Schaͤdels und in die Hoͤhle des letztern zu fuͤhren, hier ihn ſicher einzu- ſetzen, und, indem die beiden Finger der linken Hand ſtets in der Naͤhe bleiben und die Wirkung des Hakens leiten, den Kopf, der Fuͤhrungslinie gemaͤß, durch die rechte, den mit einem Tuche umwundenen Griff des Hakens oder deſſen groͤ- ßere Kruͤmmung faſſende Hand, tiefer ins Becken herabzuzie- hen. Gleitet bei einer ſolcher Traktion ja der Haken aus, ſo wird er doch nie die muͤtterlichen Theile verletzen, da er innerhalb der Schaͤdelhoͤhle ſich befindet und die Oeffnung derſelben von den Fingern der linken Hand bewacht iſt. Eben ſo wuͤrde aber auch das Durchdringen des Hakens durch die Schaͤdeldecken ſogleich von den Fingern der linken Hand bemerkt werden (wenn das Ende des Hakens hinlaͤnglich ab- geſtumpft iſt, geſchieht dieß ſo nicht leicht), und auch hierdurch kann folglich keine Verletzung der muͤtterlichen Theile entſte- hen. — Nur wenn der Kopf bereits tiefer in das Becken herabgeruͤckt iſt, und die Schaͤdelknochen nicht mehr hinlaͤng- lichen Halt fuͤr den Haken gewaͤhren, iſt es rathſam den Ha- ken aͤußerlich in eine Augenhoͤhle, oder ein Ohr einzuſetzen und auf dieſe Weiſe den Kopf vollends zu entwickeln; nur iſt im letztern Falle vorzuͤglich daruͤber zu wachen, daß der Haken ſowohl beim Einfuͤhren als Anziehen die muͤtterlichen Theile nicht beſchaͤdige. §. 1254. Es zeigen ſich nun aber gewoͤhnlich waͤhrend der Trak- tionen mit dem Haken, oder ſelbſt bei dem durch die Wehen allein erfolgenden Zuſammenpreſſen des entleerten Kopfs, meh- rere durch die gemachte Oeffnung ſich hervordraͤngende Kno- chenſplitter, oder groͤßere Kochenſtuͤcke, und auch dieſes kann zu gefaͤhrlichen Verletzungen der Geburtstheile Veranlaſſung geben. Es iſt daher noͤthig, ſobald dergleichen ſcharfe Kno-

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/388>, abgerufen am 28.04.2024.