Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
§. 1472.

Unter dieser Behandlung wird es sich zeigen ob die
Blutung nebst Wehen sich mindert, und in diesem Falle fährt
man in gemindertem Grade noch einige Zeit mit diesen Mitteln
fort, läßt noch länger eine strenge Ruhe beobachten, und
beschließt die Cur durch einige stärkende Mittel und Empfeh-
lung größter Vorsicht rücksichtlich der Erregungen des Körpers
und des Gemüthes. Oder aber es nehmen die Wehen zu, und
alsdann, sobald der Muttermund einmal sich wirklich einiger-
maßen zu öffnen angefangen hat, ist die Frühgeburt als
unvermeidlich zu betrachten. Für diesen Fall wird dann die
weitere Behandlung blos durch den Grad der Blutung bestimmt.
Ist diese fortwährend unbeträchtlich und weder der Mutter
noch (dafern es überhaupt schon lebensfähig ist) dem Kinde
gefahrdrohend, so wird die Geburt in horizontaler Lage und
ohne daß irgend Pressen gestattet wird, gleich einer natürlichen
abgewartet. Nimmt hingegen die Blutung zu, so wird es
nöthig den Geburtsverlauf zu beschleunigen, theils indem
man durch R. cinamomi, Auftröpfeln von Naphtha auf den
Unterleib u. s. w. die Contraktion des Uterus mehr anregt,
theils indem man durch operative Hülfe die Verkleinerung des
Uterus befördert, wohin zunächst das Sprengen der Eihäute
gehört (indem nach abgeflossenem Wasser der Uterus sich weit
mehr zusammenzuziehen Raum findet), theils in hartnäckigen
und dringenden Fällen (vorzüglich wo innere Bedingungen
Statt finden, wie etwa Placenta praevia oder Procidentia
uteri) selbst das oben beschriebene Accouchement force und
die somit bewerkstelligte völlige Entleerung des Uterus. Bleiben
auch nach dieser noch Blutergießungen (innere oder äußere)
zurück, so muß die früher (Thl. 1. §. 278 u. fgg.) gelehrte Be-
handlung der Metrorrhagie eintreten. -- Eben so ist zu verfah-
ren, wenn gleich anfänglich die Blutung mit Gefahr drohender
Heftigkeit eintritt.

§. 1473.

Endlich die Behandlung der Frühgeburten
durch zu zeitig erwachende Contraktionen betreffend,

§. 1472.

Unter dieſer Behandlung wird es ſich zeigen ob die
Blutung nebſt Wehen ſich mindert, und in dieſem Falle faͤhrt
man in gemindertem Grade noch einige Zeit mit dieſen Mitteln
fort, laͤßt noch laͤnger eine ſtrenge Ruhe beobachten, und
beſchließt die Cur durch einige ſtaͤrkende Mittel und Empfeh-
lung groͤßter Vorſicht ruͤckſichtlich der Erregungen des Koͤrpers
und des Gemuͤthes. Oder aber es nehmen die Wehen zu, und
alsdann, ſobald der Muttermund einmal ſich wirklich einiger-
maßen zu oͤffnen angefangen hat, iſt die Fruͤhgeburt als
unvermeidlich zu betrachten. Fuͤr dieſen Fall wird dann die
weitere Behandlung blos durch den Grad der Blutung beſtimmt.
Iſt dieſe fortwaͤhrend unbetraͤchtlich und weder der Mutter
noch (dafern es uͤberhaupt ſchon lebensfaͤhig iſt) dem Kinde
gefahrdrohend, ſo wird die Geburt in horizontaler Lage und
ohne daß irgend Preſſen geſtattet wird, gleich einer natuͤrlichen
abgewartet. Nimmt hingegen die Blutung zu, ſo wird es
noͤthig den Geburtsverlauf zu beſchleunigen, theils indem
man durch R. cinamomi, Auftroͤpfeln von Naphtha auf den
Unterleib u. ſ. w. die Contraktion des Uterus mehr anregt,
theils indem man durch operative Huͤlfe die Verkleinerung des
Uterus befoͤrdert, wohin zunaͤchſt das Sprengen der Eihaͤute
gehoͤrt (indem nach abgefloſſenem Waſſer der Uterus ſich weit
mehr zuſammenzuziehen Raum findet), theils in hartnaͤckigen
und dringenden Faͤllen (vorzuͤglich wo innere Bedingungen
Statt finden, wie etwa Placenta praevia oder Procidentia
uteri) ſelbſt das oben beſchriebene Accouchement forcé und
die ſomit bewerkſtelligte voͤllige Entleerung des Uterus. Bleiben
auch nach dieſer noch Blutergießungen (innere oder aͤußere)
zuruͤck, ſo muß die fruͤher (Thl. 1. §. 278 u. fgg.) gelehrte Be-
handlung der Metrorrhagie eintreten. — Eben ſo iſt zu verfah-
ren, wenn gleich anfaͤnglich die Blutung mit Gefahr drohender
Heftigkeit eintritt.

§. 1473.

Endlich die Behandlung der Fruͤhgeburten
durch zu zeitig erwachende Contraktionen betreffend,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <pb facs="#f0516" n="490"/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 1472.</head><lb/>
                          <p>Unter die&#x017F;er Behandlung wird es &#x017F;ich zeigen ob die<lb/>
Blutung neb&#x017F;t Wehen &#x017F;ich mindert, und in die&#x017F;em Falle fa&#x0364;hrt<lb/>
man in gemindertem Grade noch einige Zeit mit die&#x017F;en Mitteln<lb/>
fort, la&#x0364;ßt noch la&#x0364;nger eine &#x017F;trenge Ruhe beobachten, und<lb/>
be&#x017F;chließt die Cur durch einige &#x017F;ta&#x0364;rkende Mittel und Empfeh-<lb/>
lung gro&#x0364;ßter Vor&#x017F;icht ru&#x0364;ck&#x017F;ichtlich der Erregungen des Ko&#x0364;rpers<lb/>
und des Gemu&#x0364;thes. Oder aber es nehmen die Wehen zu, und<lb/>
alsdann, &#x017F;obald der Muttermund einmal &#x017F;ich wirklich einiger-<lb/>
maßen zu o&#x0364;ffnen angefangen hat, i&#x017F;t die Fru&#x0364;hgeburt als<lb/>
unvermeidlich zu betrachten. Fu&#x0364;r die&#x017F;en Fall wird dann die<lb/>
weitere Behandlung blos durch den Grad der Blutung be&#x017F;timmt.<lb/>
I&#x017F;t die&#x017F;e fortwa&#x0364;hrend unbetra&#x0364;chtlich und weder der Mutter<lb/>
noch (dafern es u&#x0364;berhaupt &#x017F;chon lebensfa&#x0364;hig i&#x017F;t) dem Kinde<lb/>
gefahrdrohend, &#x017F;o wird die Geburt in horizontaler Lage und<lb/>
ohne daß irgend Pre&#x017F;&#x017F;en ge&#x017F;tattet wird, gleich einer natu&#x0364;rlichen<lb/>
abgewartet. Nimmt hingegen die Blutung zu, &#x017F;o wird es<lb/>
no&#x0364;thig den Geburtsverlauf zu be&#x017F;chleunigen, theils indem<lb/>
man durch <hi rendition="#aq">R. cinamomi,</hi> Auftro&#x0364;pfeln von Naphtha auf den<lb/>
Unterleib u. &#x017F;. w. die Contraktion des Uterus mehr anregt,<lb/>
theils indem man durch operative Hu&#x0364;lfe die Verkleinerung des<lb/>
Uterus befo&#x0364;rdert, wohin zuna&#x0364;ch&#x017F;t das Sprengen der Eiha&#x0364;ute<lb/>
geho&#x0364;rt (indem nach abgeflo&#x017F;&#x017F;enem Wa&#x017F;&#x017F;er der Uterus &#x017F;ich weit<lb/>
mehr zu&#x017F;ammenzuziehen Raum findet), theils in hartna&#x0364;ckigen<lb/>
und dringenden Fa&#x0364;llen (vorzu&#x0364;glich wo innere Bedingungen<lb/>
Statt finden, wie etwa <hi rendition="#aq">Placenta praevia</hi> oder <hi rendition="#aq">Procidentia<lb/>
uteri</hi>) &#x017F;elb&#x017F;t das oben be&#x017F;chriebene <hi rendition="#aq">Accouchement forcé</hi> und<lb/>
die &#x017F;omit bewerk&#x017F;telligte vo&#x0364;llige Entleerung des Uterus. Bleiben<lb/>
auch nach die&#x017F;er noch Blutergießungen (innere oder a&#x0364;ußere)<lb/>
zuru&#x0364;ck, &#x017F;o muß die fru&#x0364;her (Thl. 1. §. 278 u. fgg.) gelehrte Be-<lb/>
handlung der Metrorrhagie eintreten. &#x2014; Eben &#x017F;o i&#x017F;t zu verfah-<lb/>
ren, wenn gleich anfa&#x0364;nglich die Blutung mit Gefahr drohender<lb/>
Heftigkeit eintritt.</p>
                        </div><lb/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 1473.</head><lb/>
                          <p>Endlich <hi rendition="#g">die Behandlung der Fru&#x0364;hgeburten<lb/>
durch zu zeitig erwachende Contraktionen</hi> betreffend,<lb/></p>
                        </div>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[490/0516] §. 1472. Unter dieſer Behandlung wird es ſich zeigen ob die Blutung nebſt Wehen ſich mindert, und in dieſem Falle faͤhrt man in gemindertem Grade noch einige Zeit mit dieſen Mitteln fort, laͤßt noch laͤnger eine ſtrenge Ruhe beobachten, und beſchließt die Cur durch einige ſtaͤrkende Mittel und Empfeh- lung groͤßter Vorſicht ruͤckſichtlich der Erregungen des Koͤrpers und des Gemuͤthes. Oder aber es nehmen die Wehen zu, und alsdann, ſobald der Muttermund einmal ſich wirklich einiger- maßen zu oͤffnen angefangen hat, iſt die Fruͤhgeburt als unvermeidlich zu betrachten. Fuͤr dieſen Fall wird dann die weitere Behandlung blos durch den Grad der Blutung beſtimmt. Iſt dieſe fortwaͤhrend unbetraͤchtlich und weder der Mutter noch (dafern es uͤberhaupt ſchon lebensfaͤhig iſt) dem Kinde gefahrdrohend, ſo wird die Geburt in horizontaler Lage und ohne daß irgend Preſſen geſtattet wird, gleich einer natuͤrlichen abgewartet. Nimmt hingegen die Blutung zu, ſo wird es noͤthig den Geburtsverlauf zu beſchleunigen, theils indem man durch R. cinamomi, Auftroͤpfeln von Naphtha auf den Unterleib u. ſ. w. die Contraktion des Uterus mehr anregt, theils indem man durch operative Huͤlfe die Verkleinerung des Uterus befoͤrdert, wohin zunaͤchſt das Sprengen der Eihaͤute gehoͤrt (indem nach abgefloſſenem Waſſer der Uterus ſich weit mehr zuſammenzuziehen Raum findet), theils in hartnaͤckigen und dringenden Faͤllen (vorzuͤglich wo innere Bedingungen Statt finden, wie etwa Placenta praevia oder Procidentia uteri) ſelbſt das oben beſchriebene Accouchement forcé und die ſomit bewerkſtelligte voͤllige Entleerung des Uterus. Bleiben auch nach dieſer noch Blutergießungen (innere oder aͤußere) zuruͤck, ſo muß die fruͤher (Thl. 1. §. 278 u. fgg.) gelehrte Be- handlung der Metrorrhagie eintreten. — Eben ſo iſt zu verfah- ren, wenn gleich anfaͤnglich die Blutung mit Gefahr drohender Heftigkeit eintritt. §. 1473. Endlich die Behandlung der Fruͤhgeburten durch zu zeitig erwachende Contraktionen betreffend,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/516
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/516>, abgerufen am 28.04.2024.