Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–98. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Schatten angetroffen hatte, so lange und so weit geschlagen habe, bis er selbst meine Spur verloren und vor Müdigkeit hingesunken sei; daß nachher, wie er mich nicht wieder finden gekonnt, er nach Hause zurückgekehrt, wo bald darauf der Pöbel, auf Rascal's Anstiften, herangestürmt, die Fenster eingeschlagen und seine Zerstörungslust gebüßt. So hatten sie an ihrem Wohlthäter gehandelt. Meine Dienerschaft war aus einander geflohen. Die örtliche Polizei hatte mich als verdächtig aus der Stadt verwiesen und mir eine Frist von vier und zwanzig Stunden festgesetzt, um deren Gebiet zu verlassen. Zu dem, was mir von Rascal's Reichthum und Vermählung bekannt war, wußte er noch Vieles hinzuzufügen. Dieser Bösewicht, von dem Alles ausgegangen, was hier gegen mich geschehen war, mußte von Anbeginn mein Geheimniß besessen haben, es schien, er habe, vom Golde angezogen, sich an mich zu drängen gewußt und schon in der ersten Zeit einen Schlüssel zu jenem Goldschrank sich verschafft, wo er den Grund zu dem Vermögen gelegt, das noch zu vermehren er jetzt verschmähen konnte.

Das Alles erzählte mir Bendel unter häufigen Thränen, und weinte dann wieder vor Freuden, daß er mich wieder sah, mich wiederhatte, und daß, nachdem er lange gezweifelt, wohin das Unglück mich gebracht haben möchte, er mich es ruhig und gefaßt ertragen sah. Denn solche Gestaltung hatte nun die Verzweiflung in mir genommen. Ich sah mein Elend

Schatten angetroffen hatte, so lange und so weit geschlagen habe, bis er selbst meine Spur verloren und vor Müdigkeit hingesunken sei; daß nachher, wie er mich nicht wieder finden gekonnt, er nach Hause zurückgekehrt, wo bald darauf der Pöbel, auf Rascal's Anstiften, herangestürmt, die Fenster eingeschlagen und seine Zerstörungslust gebüßt. So hatten sie an ihrem Wohlthäter gehandelt. Meine Dienerschaft war aus einander geflohen. Die örtliche Polizei hatte mich als verdächtig aus der Stadt verwiesen und mir eine Frist von vier und zwanzig Stunden festgesetzt, um deren Gebiet zu verlassen. Zu dem, was mir von Rascal's Reichthum und Vermählung bekannt war, wußte er noch Vieles hinzuzufügen. Dieser Bösewicht, von dem Alles ausgegangen, was hier gegen mich geschehen war, mußte von Anbeginn mein Geheimniß besessen haben, es schien, er habe, vom Golde angezogen, sich an mich zu drängen gewußt und schon in der ersten Zeit einen Schlüssel zu jenem Goldschrank sich verschafft, wo er den Grund zu dem Vermögen gelegt, das noch zu vermehren er jetzt verschmähen konnte.

Das Alles erzählte mir Bendel unter häufigen Thränen, und weinte dann wieder vor Freuden, daß er mich wieder sah, mich wiederhatte, und daß, nachdem er lange gezweifelt, wohin das Unglück mich gebracht haben möchte, er mich es ruhig und gefaßt ertragen sah. Denn solche Gestaltung hatte nun die Verzweiflung in mir genommen. Ich sah mein Elend

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="7">
        <p><pb facs="#f0073"/>
Schatten angetroffen hatte, so lange und so weit geschlagen habe, bis er                selbst meine Spur verloren und vor Müdigkeit hingesunken sei; daß nachher, wie er                mich nicht wieder finden gekonnt, er nach Hause zurückgekehrt, wo bald darauf der                Pöbel, auf Rascal's Anstiften, herangestürmt, die Fenster eingeschlagen und seine                Zerstörungslust gebüßt. So hatten sie an ihrem Wohlthäter gehandelt. Meine                Dienerschaft war aus einander geflohen. Die örtliche Polizei hatte mich als                verdächtig aus der Stadt verwiesen und mir eine Frist von vier und zwanzig Stunden                festgesetzt, um deren Gebiet zu verlassen. Zu dem, was mir von Rascal's Reichthum und                Vermählung bekannt war, wußte er noch Vieles hinzuzufügen. Dieser Bösewicht, von dem                Alles ausgegangen, was hier gegen mich geschehen war, mußte von Anbeginn mein                Geheimniß besessen haben, es schien, er habe, vom Golde angezogen, sich an mich zu                drängen gewußt und schon in der ersten Zeit einen Schlüssel zu jenem Goldschrank sich                verschafft, wo er den Grund zu dem Vermögen gelegt, das noch zu vermehren er jetzt                verschmähen konnte.</p><lb/>
        <p>Das Alles erzählte mir Bendel unter häufigen Thränen, und weinte dann wieder vor                Freuden, daß er mich wieder sah, mich wiederhatte, und daß, nachdem er lange                gezweifelt, wohin das Unglück mich gebracht haben möchte, er mich es ruhig und gefaßt                ertragen sah. Denn solche Gestaltung hatte nun die Verzweiflung in mir genommen. Ich                sah mein Elend<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0073] Schatten angetroffen hatte, so lange und so weit geschlagen habe, bis er selbst meine Spur verloren und vor Müdigkeit hingesunken sei; daß nachher, wie er mich nicht wieder finden gekonnt, er nach Hause zurückgekehrt, wo bald darauf der Pöbel, auf Rascal's Anstiften, herangestürmt, die Fenster eingeschlagen und seine Zerstörungslust gebüßt. So hatten sie an ihrem Wohlthäter gehandelt. Meine Dienerschaft war aus einander geflohen. Die örtliche Polizei hatte mich als verdächtig aus der Stadt verwiesen und mir eine Frist von vier und zwanzig Stunden festgesetzt, um deren Gebiet zu verlassen. Zu dem, was mir von Rascal's Reichthum und Vermählung bekannt war, wußte er noch Vieles hinzuzufügen. Dieser Bösewicht, von dem Alles ausgegangen, was hier gegen mich geschehen war, mußte von Anbeginn mein Geheimniß besessen haben, es schien, er habe, vom Golde angezogen, sich an mich zu drängen gewußt und schon in der ersten Zeit einen Schlüssel zu jenem Goldschrank sich verschafft, wo er den Grund zu dem Vermögen gelegt, das noch zu vermehren er jetzt verschmähen konnte. Das Alles erzählte mir Bendel unter häufigen Thränen, und weinte dann wieder vor Freuden, daß er mich wieder sah, mich wiederhatte, und daß, nachdem er lange gezweifelt, wohin das Unglück mich gebracht haben möchte, er mich es ruhig und gefaßt ertragen sah. Denn solche Gestaltung hatte nun die Verzweiflung in mir genommen. Ich sah mein Elend

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:49:40Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T13:49:40Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1910/73
Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–98. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1910/73>, abgerufen am 29.04.2024.