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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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gegen die Fläche gekehrten Richtung befindet, als in einer solchen, die mit der Scheibe
in einer Ebene ist. Auch vernimmt man alles was gesprochen wird, stärker und deut-
licher, wenn der Redende herwärts, als wenn er abwärts spricht. Bey einer ent-
fernten Kanonade kann man die hin- oder herwärts gehenden Schüsse durch das Gehör
leicht unterscheiden, worüber ich im Jahre 1796. zu Heidelberg bey Annäherung der
französischen Armee einige Bemerkungen zu machen Gelegenheit hatte. Es verbreitet
sich nähmlich der Schall aus einem gemeinschaftlichen Mittelpuncte zwar nach allen
Richtungen, jedoch ist der Grad der Verdichtung, welchen die Luft erhält, nach der
Richtung, in welcher sie gestoßen wird, stärker, als nach den andern.
VII) Von der Richtung des Windes; es scheint nähmlich, als ob der Wind gewisser-
maßen eine Umbiegung vieler Schallstralen, die sonst seitwärts gegangen wären, be-
wückte, so daß also, wenn er von dem schallenden Körper herwärts geht, mehrere
Schallstralen zum Ohre gelangen, als wenn er abwärts geht.
Anm. zu n. V. Der Schall muß sich also auch wohl mehr von unten nach oben, als von oben
nach unten verbreiten, weil die Bewegung der untern dichtern Luft mehr Würkung auf die obere
dünne, als eine Bewegung der dünnern auf die dichtere äußern muß. Bey einer Besteigung des
Münsterthurmes zu Ulm bemerkte ich, daß in einer ziemlichen Höhe alle Fußtritte der unten vor-
übergehenden, und jedes andere unten erregte Geräusch auffallend deutlich zu hören waren.
206.

Die Stärke, mit welcher der Schall in verschiedenen Gasarten sich verbreitet, soll
nach Priestley (in Observ. et exper sur differentes branches de la Physique Tom. III.
p.
355.) blos von der Dichtigkeit derselben, und nicht von einem chemischen Bestandtheile
abhängen. Er hat zu seinen Versuchen sich einer Klingel mit einem Hammer bedient, welche
unter eine mit der zu untersuchenden Gasart angefüllte Glocke gestellt war, und hat beebachtet,
in welcher Entfernung der Schall noch konnte vernommen werden. Jn Wasserstoffgas
fand er den Schall fast so wenig hörbar, als im luftleeren Raume; in kohlensaurem Gas
lauter als in gemeiner Luft, so daß er fast um die Hälfte weiter zu hören war; in Sauer-
stoffgas
ebenfalls lauter, als in gemeiner Luft, und zwar, wie er glaubt, mehr, als man
in Ansehung der Dichtigkeit erwarten sollte. Die Versuche, welche Perolle fast auf eben-
dieselbe Art vermittelst einer Glocke, die in einem mir der Gasart angefüllten gläsernen Reci-
pienten durch ein Uhrwerk angeschlagen ward, anstellte, gaben etwas andere Resaltate. Er

gegen die Flaͤche gekehrten Richtung befindet, als in einer ſolchen, die mit der Scheibe
in einer Ebene iſt. Auch vernimmt man alles was geſprochen wird, ſtaͤrker und deut-
licher, wenn der Redende herwaͤrts, als wenn er abwaͤrts ſpricht. Bey einer ent-
fernten Kanonade kann man die hin- oder herwaͤrts gehenden Schuͤſſe durch das Gehoͤr
leicht unterſcheiden, woruͤber ich im Jahre 1796. zu Heidelberg bey Annaͤherung der
franzoͤſiſchen Armee einige Bemerkungen zu machen Gelegenheit hatte. Es verbreitet
ſich naͤhmlich der Schall aus einem gemeinſchaftlichen Mittelpuncte zwar nach allen
Richtungen, jedoch iſt der Grad der Verdichtung, welchen die Luft erhaͤlt, nach der
Richtung, in welcher ſie geſtoßen wird, ſtaͤrker, als nach den andern.
VII) Von der Richtung des Windes; es ſcheint naͤhmlich, als ob der Wind gewiſſer-
maßen eine Umbiegung vieler Schallſtralen, die ſonſt ſeitwaͤrts gegangen waͤren, be-
wuͤckte, ſo daß alſo, wenn er von dem ſchallenden Koͤrper herwaͤrts geht, mehrere
Schallſtralen zum Ohre gelangen, als wenn er abwaͤrts geht.
Anm. zu n. V. Der Schall muß ſich alſo auch wohl mehr von unten nach oben, als von oben
nach unten verbreiten, weil die Bewegung der untern dichtern Luft mehr Wuͤrkung auf die obere
duͤnne, als eine Bewegung der duͤnnern auf die dichtere aͤußern muß. Bey einer Beſteigung des
Muͤnſterthurmes zu Ulm bemerkte ich, daß in einer ziemlichen Hoͤhe alle Fußtritte der unten vor-
uͤbergehenden, und jedes andere unten erregte Geraͤuſch auffallend deutlich zu hoͤren waren.
206.

Die Staͤrke, mit welcher der Schall in verſchiedenen Gasarten ſich verbreitet, ſoll
nach Prieſtley (in Observ. et exper sur différentes branches de la Physique Tom. III.
p.
355.) blos von der Dichtigkeit derſelben, und nicht von einem chemiſchen Beſtandtheile
abhaͤngen. Er hat zu ſeinen Verſuchen ſich einer Klingel mit einem Hammer bedient, welche
unter eine mit der zu unterſuchenden Gasart angefuͤllte Glocke geſtellt war, und hat beebachtet,
in welcher Entfernung der Schall noch konnte vernommen werden. Jn Waſſerſtoffgas
fand er den Schall faſt ſo wenig hoͤrbar, als im luftleeren Raume; in kohlenſaurem Gas
lauter als in gemeiner Luft, ſo daß er faſt um die Haͤlfte weiter zu hoͤren war; in Sauer-
ſtoffgas
ebenfalls lauter, als in gemeiner Luft, und zwar, wie er glaubt, mehr, als man
in Anſehung der Dichtigkeit erwarten ſollte. Die Verſuche, welche Perolle faſt auf eben-
dieſelbe Art vermittelſt einer Glocke, die in einem mir der Gasart angefuͤllten glaͤſernen Reci-
pienten durch ein Uhrwerk angeſchlagen ward, anſtellte, gaben etwas andere Reſaltate. Er

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[234/0268] gegen die Flaͤche gekehrten Richtung befindet, als in einer ſolchen, die mit der Scheibe in einer Ebene iſt. Auch vernimmt man alles was geſprochen wird, ſtaͤrker und deut- licher, wenn der Redende herwaͤrts, als wenn er abwaͤrts ſpricht. Bey einer ent- fernten Kanonade kann man die hin- oder herwaͤrts gehenden Schuͤſſe durch das Gehoͤr leicht unterſcheiden, woruͤber ich im Jahre 1796. zu Heidelberg bey Annaͤherung der franzoͤſiſchen Armee einige Bemerkungen zu machen Gelegenheit hatte. Es verbreitet ſich naͤhmlich der Schall aus einem gemeinſchaftlichen Mittelpuncte zwar nach allen Richtungen, jedoch iſt der Grad der Verdichtung, welchen die Luft erhaͤlt, nach der Richtung, in welcher ſie geſtoßen wird, ſtaͤrker, als nach den andern. VII) Von der Richtung des Windes; es ſcheint naͤhmlich, als ob der Wind gewiſſer- maßen eine Umbiegung vieler Schallſtralen, die ſonſt ſeitwaͤrts gegangen waͤren, be- wuͤckte, ſo daß alſo, wenn er von dem ſchallenden Koͤrper herwaͤrts geht, mehrere Schallſtralen zum Ohre gelangen, als wenn er abwaͤrts geht. Anm. zu n. V. Der Schall muß ſich alſo auch wohl mehr von unten nach oben, als von oben nach unten verbreiten, weil die Bewegung der untern dichtern Luft mehr Wuͤrkung auf die obere duͤnne, als eine Bewegung der duͤnnern auf die dichtere aͤußern muß. Bey einer Beſteigung des Muͤnſterthurmes zu Ulm bemerkte ich, daß in einer ziemlichen Hoͤhe alle Fußtritte der unten vor- uͤbergehenden, und jedes andere unten erregte Geraͤuſch auffallend deutlich zu hoͤren waren. 206. Die Staͤrke, mit welcher der Schall in verſchiedenen Gasarten ſich verbreitet, ſoll nach Prieſtley (in Observ. et exper sur différentes branches de la Physique Tom. III. p. 355.) blos von der Dichtigkeit derſelben, und nicht von einem chemiſchen Beſtandtheile abhaͤngen. Er hat zu ſeinen Verſuchen ſich einer Klingel mit einem Hammer bedient, welche unter eine mit der zu unterſuchenden Gasart angefuͤllte Glocke geſtellt war, und hat beebachtet, in welcher Entfernung der Schall noch konnte vernommen werden. Jn Waſſerſtoffgas fand er den Schall faſt ſo wenig hoͤrbar, als im luftleeren Raume; in kohlenſaurem Gas lauter als in gemeiner Luft, ſo daß er faſt um die Haͤlfte weiter zu hoͤren war; in Sauer- ſtoffgas ebenfalls lauter, als in gemeiner Luft, und zwar, wie er glaubt, mehr, als man in Anſehung der Dichtigkeit erwarten ſollte. Die Verſuche, welche Perolle faſt auf eben- dieſelbe Art vermittelſt einer Glocke, die in einem mir der Gasart angefuͤllten glaͤſernen Reci- pienten durch ein Uhrwerk angeſchlagen ward, anſtellte, gaben etwas andere Reſaltate. Er

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/268>, abgerufen am 10.06.2024.