Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Eilfftes Capitel,
sen sind. 2. Bey öffentlichen Begebenheiten
braucht es der Anführung eintzelner Zuschauer
nicht, weil es der Begebenheit daran nicht hat feh-
len können (§. 33. C. 9.). Es ist also auch nicht
nöthig diesen oder jenen, der dabey gegenwär-
tig gewesen, nahmentlich anzugeben, weil es bey die-
ser Art der Begebenheit überhaupt auf eintzelne
Zeugen nicht ankommt: Denn man kan sie von al-
len Arten haben (§. cit.).

§. 16.
Späterer Geschichtschreiber ihre Pflicht.

Spätere Geschichtschreiber aber, das ist sol-
che, die selber ihr Erkentniß der Geschichte, die sie
beschreiben, schon aus Büchern oder Schrifften ha-
ben erlernen müssen, thun allemahl wohl, wenn sie
die Quellen bemercken, woraus sie ihre Erkenntniß
erlanget haben. Denn haben sie aus Documen-
ten
genommen, so bestärcken sie ihr Ansehen, wenn
sie solches bemercken: Jndem daraus abzuse-
hen ist, daß wir ihnen so gut trauen können, als
wenn wir mit den Personen selbst redeten, die die
alte Geschichte angehet (§. 6.). Haben sie aber
ihre Nachricht aus älteren historischen Lehrbü-
chern, und älteren historischen Geschichtschreibern,
erlanget: So wird durch Angebung solcher Au-
toren, der Nachwelt der Canal bekannt (§. 5. C. 7.),
durch welchen die alte Geschichte auf die späte
Nachwelt ist fortgepflantzt worden. Beydes-
mahl also wird die Gewißheit, durch Anführung
der Quellen befördert. Die Nachläßigkeit seiner

Vor-

Eilfftes Capitel,
ſen ſind. 2. Bey oͤffentlichen Begebenheiten
braucht es der Anfuͤhrung eintzelner Zuſchauer
nicht, weil es der Begebenheit daran nicht hat feh-
len koͤnnen (§. 33. C. 9.). Es iſt alſo auch nicht
noͤthig dieſen oder jenen, der dabey gegenwaͤr-
tig geweſen, nahmentlich anzugeben, weil es bey die-
ſer Art der Begebenheit uͤberhaupt auf eintzelne
Zeugen nicht ankommt: Denn man kan ſie von al-
len Arten haben (§. cit.).

§. 16.
Spaͤterer Geſchichtſchreiber ihre Pflicht.

Spaͤtere Geſchichtſchreiber aber, das iſt ſol-
che, die ſelber ihr Erkentniß der Geſchichte, die ſie
beſchreiben, ſchon aus Buͤchern oder Schrifften ha-
ben erlernen muͤſſen, thun allemahl wohl, wenn ſie
die Quellen bemercken, woraus ſie ihre Erkenntniß
erlanget haben. Denn haben ſie aus Documen-
ten
genommen, ſo beſtaͤrcken ſie ihr Anſehen, wenn
ſie ſolches bemercken: Jndem daraus abzuſe-
hen iſt, daß wir ihnen ſo gut trauen koͤnnen, als
wenn wir mit den Perſonen ſelbſt redeten, die die
alte Geſchichte angehet (§. 6.). Haben ſie aber
ihre Nachricht aus aͤlteren hiſtoriſchen Lehrbuͤ-
chern, und aͤlteren hiſtoriſchen Geſchichtſchreibern,
erlanget: So wird durch Angebung ſolcher Au-
toren, der Nachwelt der Canal bekannt (§. 5. C. 7.),
durch welchen die alte Geſchichte auf die ſpaͤte
Nachwelt iſt fortgepflantzt worden. Beydes-
mahl alſo wird die Gewißheit, durch Anfuͤhrung
der Quellen befoͤrdert. Die Nachlaͤßigkeit ſeiner

Vor-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0402" n="366"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Eilfftes Capitel,</hi></fw><lb/>
&#x017F;en &#x017F;ind. 2. Bey o&#x0364;ffentlichen Begebenheiten<lb/>
braucht es der Anfu&#x0364;hrung eintzelner Zu&#x017F;chauer<lb/>
nicht, weil es der Begebenheit daran nicht hat feh-<lb/>
len ko&#x0364;nnen (§. 33. C. 9.). Es i&#x017F;t al&#x017F;o auch nicht<lb/>
no&#x0364;thig die&#x017F;en oder jenen, der dabey gegenwa&#x0364;r-<lb/>
tig gewe&#x017F;en, nahmentlich anzugeben, weil es bey die-<lb/>
&#x017F;er Art der Begebenheit u&#x0364;berhaupt auf eintzelne<lb/>
Zeugen nicht ankommt: Denn man kan &#x017F;ie von al-<lb/>
len Arten haben (§. <hi rendition="#aq">cit.</hi>).</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 16.<lb/>
Spa&#x0364;terer Ge&#x017F;chicht&#x017F;chreiber ihre Pflicht.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Spa&#x0364;tere</hi> Ge&#x017F;chicht&#x017F;chreiber aber, das i&#x017F;t &#x017F;ol-<lb/>
che, die &#x017F;elber ihr Erkentniß der Ge&#x017F;chichte, die &#x017F;ie<lb/>
be&#x017F;chreiben, &#x017F;chon aus Bu&#x0364;chern oder Schrifften ha-<lb/>
ben erlernen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, thun allemahl wohl, wenn &#x017F;ie<lb/>
die Quellen bemercken, woraus &#x017F;ie ihre Erkenntniß<lb/>
erlanget haben. Denn haben &#x017F;ie aus <hi rendition="#fr">Documen-<lb/>
ten</hi> genommen, &#x017F;o be&#x017F;ta&#x0364;rcken &#x017F;ie ihr An&#x017F;ehen, wenn<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;olches bemercken: Jndem daraus abzu&#x017F;e-<lb/>
hen i&#x017F;t, daß wir ihnen &#x017F;o gut trauen ko&#x0364;nnen, als<lb/>
wenn wir mit den Per&#x017F;onen &#x017F;elb&#x017F;t redeten, die die<lb/>
alte Ge&#x017F;chichte angehet (§. 6.). Haben &#x017F;ie aber<lb/>
ihre Nachricht aus a&#x0364;lteren hi&#x017F;tori&#x017F;chen Lehrbu&#x0364;-<lb/>
chern, und a&#x0364;lteren hi&#x017F;tori&#x017F;chen Ge&#x017F;chicht&#x017F;chreibern,<lb/>
erlanget: So wird durch Angebung &#x017F;olcher Au-<lb/>
toren, der Nachwelt der <hi rendition="#fr">Canal</hi> bekannt (§. 5. C. 7.),<lb/>
durch welchen die alte Ge&#x017F;chichte auf die &#x017F;pa&#x0364;te<lb/>
Nachwelt i&#x017F;t fortgepflantzt worden. Beydes-<lb/>
mahl al&#x017F;o wird die Gewißheit, durch Anfu&#x0364;hrung<lb/>
der Quellen befo&#x0364;rdert. Die Nachla&#x0364;ßigkeit &#x017F;einer<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Vor-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[366/0402] Eilfftes Capitel, ſen ſind. 2. Bey oͤffentlichen Begebenheiten braucht es der Anfuͤhrung eintzelner Zuſchauer nicht, weil es der Begebenheit daran nicht hat feh- len koͤnnen (§. 33. C. 9.). Es iſt alſo auch nicht noͤthig dieſen oder jenen, der dabey gegenwaͤr- tig geweſen, nahmentlich anzugeben, weil es bey die- ſer Art der Begebenheit uͤberhaupt auf eintzelne Zeugen nicht ankommt: Denn man kan ſie von al- len Arten haben (§. cit.). §. 16. Spaͤterer Geſchichtſchreiber ihre Pflicht. Spaͤtere Geſchichtſchreiber aber, das iſt ſol- che, die ſelber ihr Erkentniß der Geſchichte, die ſie beſchreiben, ſchon aus Buͤchern oder Schrifften ha- ben erlernen muͤſſen, thun allemahl wohl, wenn ſie die Quellen bemercken, woraus ſie ihre Erkenntniß erlanget haben. Denn haben ſie aus Documen- ten genommen, ſo beſtaͤrcken ſie ihr Anſehen, wenn ſie ſolches bemercken: Jndem daraus abzuſe- hen iſt, daß wir ihnen ſo gut trauen koͤnnen, als wenn wir mit den Perſonen ſelbſt redeten, die die alte Geſchichte angehet (§. 6.). Haben ſie aber ihre Nachricht aus aͤlteren hiſtoriſchen Lehrbuͤ- chern, und aͤlteren hiſtoriſchen Geſchichtſchreibern, erlanget: So wird durch Angebung ſolcher Au- toren, der Nachwelt der Canal bekannt (§. 5. C. 7.), durch welchen die alte Geſchichte auf die ſpaͤte Nachwelt iſt fortgepflantzt worden. Beydes- mahl alſo wird die Gewißheit, durch Anfuͤhrung der Quellen befoͤrdert. Die Nachlaͤßigkeit ſeiner Vor-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/402
Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/402>, abgerufen am 28.04.2024.