Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

näher, "hier steht mein Lebensretter! Ihm danke
nächst der Vorsehung für seine That, für seine
edle Aufopferung!" --

Blauenstein, war es Überraschung, war er
verwirrt von dem Glanze dieser nie gekannten
Schönheit, welche leuchtend wie ein Meteor vor
seinen Blicken aufging, war es die plötzliche
Lösung des Zweifels, ob die Dame noch jung sei,
oder bereits dem alten Register angehöre, war es
das verlegene Wesen einer zu weit gehenden Blö¬
digkeit? -- Blauenstein stand stumm wie ein
Fisch, verlegen wie ein Schulknabe dem engel¬
schönen Mädchen gegenüber, und wußte am Ende
nichts zu erwiedern, als ein mageres "bitte recht
sehr!" -- Hundertmal, ja sein halbes Leben lang
warf er sich diese abgeschmackte Redensart vor.
Hatte er auch etwas Geistloseres sagen können,
als dies infame "bitte recht sehr!" Und was
mußte dies Mädchen von ihm denken, in welchem
Lichte erschien er ihr, die ihm in so schönen, so
unendlich weichen Worten für die Erhaltung ihres
theuersten Gutes mit einer Glut auf den Wangen
gedankt, die er in diesem Augenblicke nicht werth
war. Wie dumm, wie entsetzlich dumm, sagte er
bei sich; jedenfalls muß deine Albernheit dem
Mädchen anstößig sein.

naͤher, „hier ſteht mein Lebensretter! Ihm danke
naͤchſt der Vorſehung fuͤr ſeine That, fuͤr ſeine
edle Aufopferung!“ —

Blauenſtein, war es Überraſchung, war er
verwirrt von dem Glanze dieſer nie gekannten
Schoͤnheit, welche leuchtend wie ein Meteor vor
ſeinen Blicken aufging, war es die ploͤtzliche
Loͤſung des Zweifels, ob die Dame noch jung ſei,
oder bereits dem alten Regiſter angehoͤre, war es
das verlegene Weſen einer zu weit gehenden Bloͤ¬
digkeit? — Blauenſtein ſtand ſtumm wie ein
Fiſch, verlegen wie ein Schulknabe dem engel¬
ſchoͤnen Maͤdchen gegenuͤber, und wußte am Ende
nichts zu erwiedern, als ein mageres „bitte recht
ſehr!“ — Hundertmal, ja ſein halbes Leben lang
warf er ſich dieſe abgeſchmackte Redensart vor.
Hatte er auch etwas Geiſtloſeres ſagen koͤnnen,
als dies infame „bitte recht ſehr!“ Und was
mußte dies Maͤdchen von ihm denken, in welchem
Lichte erſchien er ihr, die ihm in ſo ſchoͤnen, ſo
unendlich weichen Worten fuͤr die Erhaltung ihres
theuerſten Gutes mit einer Glut auf den Wangen
gedankt, die er in dieſem Augenblicke nicht werth
war. Wie dumm, wie entſetzlich dumm, ſagte er
bei ſich; jedenfalls muß deine Albernheit dem
Maͤdchen anſtoͤßig ſein.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0016" n="10"/>
na&#x0364;her, &#x201E;hier &#x017F;teht mein Lebensretter! Ihm danke<lb/>
na&#x0364;ch&#x017F;t der Vor&#x017F;ehung fu&#x0364;r &#x017F;eine That, fu&#x0364;r &#x017F;eine<lb/>
edle Aufopferung!&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Blauen&#x017F;tein, war es Überra&#x017F;chung, war er<lb/>
verwirrt von dem Glanze die&#x017F;er nie gekannten<lb/>
Scho&#x0364;nheit, welche leuchtend wie ein Meteor vor<lb/>
&#x017F;einen Blicken aufging, war es die plo&#x0364;tzliche<lb/>
Lo&#x0364;&#x017F;ung des Zweifels, ob die Dame noch jung &#x017F;ei,<lb/>
oder bereits dem alten Regi&#x017F;ter angeho&#x0364;re, war es<lb/>
das verlegene We&#x017F;en einer zu weit gehenden Blo&#x0364;¬<lb/>
digkeit? &#x2014; Blauen&#x017F;tein &#x017F;tand &#x017F;tumm wie ein<lb/>
Fi&#x017F;ch, verlegen wie ein Schulknabe dem engel¬<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen Ma&#x0364;dchen gegenu&#x0364;ber, und wußte am Ende<lb/>
nichts zu erwiedern, als ein mageres &#x201E;bitte recht<lb/>
&#x017F;ehr!&#x201C; &#x2014; Hundertmal, ja &#x017F;ein halbes Leben lang<lb/>
warf er &#x017F;ich die&#x017F;e abge&#x017F;chmackte Redensart vor.<lb/>
Hatte er auch etwas Gei&#x017F;tlo&#x017F;eres &#x017F;agen ko&#x0364;nnen,<lb/>
als dies infame &#x201E;bitte recht &#x017F;ehr!&#x201C; Und was<lb/>
mußte dies Ma&#x0364;dchen von ihm denken, in welchem<lb/>
Lichte er&#x017F;chien er ihr, die ihm in &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;nen, &#x017F;o<lb/>
unendlich weichen Worten fu&#x0364;r die Erhaltung ihres<lb/>
theuer&#x017F;ten Gutes mit einer Glut auf den Wangen<lb/>
gedankt, die er in die&#x017F;em Augenblicke nicht werth<lb/>
war. Wie dumm, wie ent&#x017F;etzlich dumm, &#x017F;agte er<lb/>
bei &#x017F;ich; jedenfalls muß deine Albernheit dem<lb/>
Ma&#x0364;dchen an&#x017F;to&#x0364;ßig &#x017F;ein.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0016] naͤher, „hier ſteht mein Lebensretter! Ihm danke naͤchſt der Vorſehung fuͤr ſeine That, fuͤr ſeine edle Aufopferung!“ — Blauenſtein, war es Überraſchung, war er verwirrt von dem Glanze dieſer nie gekannten Schoͤnheit, welche leuchtend wie ein Meteor vor ſeinen Blicken aufging, war es die ploͤtzliche Loͤſung des Zweifels, ob die Dame noch jung ſei, oder bereits dem alten Regiſter angehoͤre, war es das verlegene Weſen einer zu weit gehenden Bloͤ¬ digkeit? — Blauenſtein ſtand ſtumm wie ein Fiſch, verlegen wie ein Schulknabe dem engel¬ ſchoͤnen Maͤdchen gegenuͤber, und wußte am Ende nichts zu erwiedern, als ein mageres „bitte recht ſehr!“ — Hundertmal, ja ſein halbes Leben lang warf er ſich dieſe abgeſchmackte Redensart vor. Hatte er auch etwas Geiſtloſeres ſagen koͤnnen, als dies infame „bitte recht ſehr!“ Und was mußte dies Maͤdchen von ihm denken, in welchem Lichte erſchien er ihr, die ihm in ſo ſchoͤnen, ſo unendlich weichen Worten fuͤr die Erhaltung ihres theuerſten Gutes mit einer Glut auf den Wangen gedankt, die er in dieſem Augenblicke nicht werth war. Wie dumm, wie entſetzlich dumm, ſagte er bei ſich; jedenfalls muß deine Albernheit dem Maͤdchen anſtoͤßig ſein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/16
Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/16>, abgerufen am 02.05.2024.