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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

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"Nun," fuhr der andere höhnisch fort, und
lachte recht teuflisch in sich hinein, "die Parthie
mit dem Staunitz hat sich zerschlagen, weil er
die Comtesse auf Dingen ertappt hat, die ein
Bräutigam sich nicht gern gefallen läßt. Sie
hält sich in den Armen eines Andern schadlos,
und wenn sie nicht bereits entführt ist, so wird
es nächstens geschehn! Aujourd'hui ce n'est
plus cela, et l'amour va cahin, caha!"

"Albertine entführt?" rief Blauenstein er¬
schrocken aus. "Aber das ist ja nicht möglich,
ein solcher Engel kann so nicht sinken; das ist
schändliches Gewäsch irgend eines Neidischen.
Ich kenne die Comtesse zwar nur seit kurzer
Zeit, aber ein edles Herz verbirgt sich den
Blicken nicht!"

"Sie sind alterirt, lieber Baron," sagte An¬
tönchen ruhig; "aber es ist so, und was den
Edelmuth ihres Herzens belangt, so müssen Sie
bedenken, daß die äußere Schönheit unser Urtheil
leicht besticht. Die Comtesse hat feuriges Blut;
ich zweifle keineswegs an dem, was ich Ihnen
eben sagte, und bedaure nur den Bräutigam.
Denn das Gerede der Menschen muß ihm höchlich
zuwider sein. Mais, pardonnez, ich brachte

„Nun,“ fuhr der andere hoͤhniſch fort, und
lachte recht teufliſch in ſich hinein, „die Parthie
mit dem Staunitz hat ſich zerſchlagen, weil er
die Comteſſe auf Dingen ertappt hat, die ein
Braͤutigam ſich nicht gern gefallen laͤßt. Sie
haͤlt ſich in den Armen eines Andern ſchadlos,
und wenn ſie nicht bereits entfuͤhrt iſt, ſo wird
es naͤchſtens geſchehn! Aujourd'hui ce n'est
plus çela, et l'amour va cahin, caha!“

„Albertine entfuͤhrt?“ rief Blauenſtein er¬
ſchrocken aus. „Aber das iſt ja nicht moͤglich,
ein ſolcher Engel kann ſo nicht ſinken; das iſt
ſchaͤndliches Gewaͤſch irgend eines Neidiſchen.
Ich kenne die Comteſſe zwar nur ſeit kurzer
Zeit, aber ein edles Herz verbirgt ſich den
Blicken nicht!“

„Sie ſind alterirt, lieber Baron,“ ſagte An¬
toͤnchen ruhig; „aber es iſt ſo, und was den
Edelmuth ihres Herzens belangt, ſo muͤſſen Sie
bedenken, daß die aͤußere Schoͤnheit unſer Urtheil
leicht beſticht. Die Comteſſe hat feuriges Blut;
ich zweifle keineswegs an dem, was ich Ihnen
eben ſagte, und bedaure nur den Braͤutigam.
Denn das Gerede der Menſchen muß ihm hoͤchlich
zuwider ſein. Mais, pardonnez, ich brachte

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[168/0174] „Nun,“ fuhr der andere hoͤhniſch fort, und lachte recht teufliſch in ſich hinein, „die Parthie mit dem Staunitz hat ſich zerſchlagen, weil er die Comteſſe auf Dingen ertappt hat, die ein Braͤutigam ſich nicht gern gefallen laͤßt. Sie haͤlt ſich in den Armen eines Andern ſchadlos, und wenn ſie nicht bereits entfuͤhrt iſt, ſo wird es naͤchſtens geſchehn! Aujourd'hui ce n'est plus çela, et l'amour va cahin, caha!“ „Albertine entfuͤhrt?“ rief Blauenſtein er¬ ſchrocken aus. „Aber das iſt ja nicht moͤglich, ein ſolcher Engel kann ſo nicht ſinken; das iſt ſchaͤndliches Gewaͤſch irgend eines Neidiſchen. Ich kenne die Comteſſe zwar nur ſeit kurzer Zeit, aber ein edles Herz verbirgt ſich den Blicken nicht!“ „Sie ſind alterirt, lieber Baron,“ ſagte An¬ toͤnchen ruhig; „aber es iſt ſo, und was den Edelmuth ihres Herzens belangt, ſo muͤſſen Sie bedenken, daß die aͤußere Schoͤnheit unſer Urtheil leicht beſticht. Die Comteſſe hat feuriges Blut; ich zweifle keineswegs an dem, was ich Ihnen eben ſagte, und bedaure nur den Braͤutigam. Denn das Gerede der Menſchen muß ihm hoͤchlich zuwider ſein. Mais, pardonnez, ich brachte

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Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/174>, abgerufen am 14.05.2024.