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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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böse, wenn es sich noch 'n Bissel amusiren will auf
dieser schönen Welt? Nein! nicht wahr? -- Du
schläfst ruhig weiter und läßt Dich gar nicht stören?
Recht so, mein liebes Kerlchen! Wir haben uns
ja immer so gut vertragen! Doctor! Wollen wir
morgen früh beide nach Italien reisen? Ich halte es
unter diesen Philistern hier nicht mehr aus. Aber ..
mein Gott! Was sehen Sie mich denn so erschrocken
an? Ja, ja! mein Herr! So .. so aufgeräumt ..
so offen und burschikos kann Fräulein Irmer nicht
sein -- wie? oder doch? Das gute, kleine Fräulein!
Nächstens muß ich es doch wieder 'mal einladen!
Die Dame macht sich nur immer so rar --
kommt eigentlich nie .. aber wenn Sie auch hier
sind -- --"

"Gnädige Frau! .. "

"Na ja, Doctor! .. Was -- der Wein ist gut?
Ja, ja! Mein Mann hatte eine feine Zunge. Mir
ist ganz merkwürdig zu Muthe. Ich sehe plötzlich
Alles so unheimlich scharf -- das Bedeutende löst
sich kräftig heraus -- ich komme so unheimlich nahe
an die Dinge heran .. weiß gar nicht ... gar
nicht -- -- -- haben Sie, Doctor ... wollen
wir nicht in dieser Stimmung -- -- -- ganz
sonderbar! -- haben Sie Nichts -- Nichts --
kein Gedicht oder so Etwas bei sich? .. Irgend
einen Dithyrambus der Freude -- ich bin ja jetzt
alles Kleine und Enge los -- doch richtig! Sie sind
ja kein Dichter! Vorlesen? Nein! Nein! Das ist
zu abgeschmackt! Musik! Musik! Sie spielen auch

böſe, wenn es ſich noch 'n Biſſel amuſiren will auf
dieſer ſchönen Welt? Nein! nicht wahr? — Du
ſchläfſt ruhig weiter und läßt Dich gar nicht ſtören?
Recht ſo, mein liebes Kerlchen! Wir haben uns
ja immer ſo gut vertragen! Doctor! Wollen wir
morgen früh beide nach Italien reiſen? Ich halte es
unter dieſen Philiſtern hier nicht mehr aus. Aber ..
mein Gott! Was ſehen Sie mich denn ſo erſchrocken
an? Ja, ja! mein Herr! So .. ſo aufgeräumt ..
ſo offen und burſchikos kann Fräulein Irmer nicht
ſein — wie? oder doch? Das gute, kleine Fräulein!
Nächſtens muß ich es doch wieder 'mal einladen!
Die Dame macht ſich nur immer ſo rar —
kommt eigentlich nie .. aber wenn Sie auch hier
ſind — —“

„Gnädige Frau! .. “

„Na ja, Doctor! .. Was — der Wein iſt gut?
Ja, ja! Mein Mann hatte eine feine Zunge. Mir
iſt ganz merkwürdig zu Muthe. Ich ſehe plötzlich
Alles ſo unheimlich ſcharf — das Bedeutende löſt
ſich kräftig heraus — ich komme ſo unheimlich nahe
an die Dinge heran .. weiß gar nicht ... gar
nicht — — — haben Sie, Doctor ... wollen
wir nicht in dieſer Stimmung — — — ganz
ſonderbar! — haben Sie Nichts — Nichts —
kein Gedicht oder ſo Etwas bei ſich? .. Irgend
einen Dithyrambus der Freude — ich bin ja jetzt
alles Kleine und Enge los — doch richtig! Sie ſind
ja kein Dichter! Vorleſen? Nein! Nein! Das iſt
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[150/0158] böſe, wenn es ſich noch 'n Biſſel amuſiren will auf dieſer ſchönen Welt? Nein! nicht wahr? — Du ſchläfſt ruhig weiter und läßt Dich gar nicht ſtören? Recht ſo, mein liebes Kerlchen! Wir haben uns ja immer ſo gut vertragen! Doctor! Wollen wir morgen früh beide nach Italien reiſen? Ich halte es unter dieſen Philiſtern hier nicht mehr aus. Aber .. mein Gott! Was ſehen Sie mich denn ſo erſchrocken an? Ja, ja! mein Herr! So .. ſo aufgeräumt .. ſo offen und burſchikos kann Fräulein Irmer nicht ſein — wie? oder doch? Das gute, kleine Fräulein! Nächſtens muß ich es doch wieder 'mal einladen! Die Dame macht ſich nur immer ſo rar — kommt eigentlich nie .. aber wenn Sie auch hier ſind — —“ „Gnädige Frau! .. “ „Na ja, Doctor! .. Was — der Wein iſt gut? Ja, ja! Mein Mann hatte eine feine Zunge. Mir iſt ganz merkwürdig zu Muthe. Ich ſehe plötzlich Alles ſo unheimlich ſcharf — das Bedeutende löſt ſich kräftig heraus — ich komme ſo unheimlich nahe an die Dinge heran .. weiß gar nicht ... gar nicht — — — haben Sie, Doctor ... wollen wir nicht in dieſer Stimmung — — — ganz ſonderbar! — haben Sie Nichts — Nichts — kein Gedicht oder ſo Etwas bei ſich? .. Irgend einen Dithyrambus der Freude — ich bin ja jetzt alles Kleine und Enge los — doch richtig! Sie ſind ja kein Dichter! Vorleſen? Nein! Nein! Das iſt zu abgeſchmackt! Muſik! Muſik! Sie ſpielen auch

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/158>, abgerufen am 01.05.2024.