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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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"Ihr Weiber scheint doch manchmal recht dumme
Kerls zu sein! Auf den Ersten Besten fallt Ihr
'rein! ... Also! ... Du gehst mit mir -- nicht
wahr --?"

"Wie soll ich ihn denn los werden --? Heute
muß ich schon ... morgen -- wir können uns ja
irgendwo treffen --"

"Ach was morgen! Heute! Es ist übrigens
schon längst ,heute', mein Kind -- und wir thun
sehr gut, wenn wir dieses ominöse ,heute' recht
früh anfangen ... mir wäre es recht, wenn wir
es auch -- --"

Adam hielt plötzlich inne. Er hatte zufällig nach
dem nächsten Billard hinübergesehen und bemerkt, daß
dort der Ritter der Dame stand, anscheinend dem
Spiele zusah, in Wahrheit aber seine Auserwählte
und ihren neuen Galan scharf beobachtete.

"Der Würfel ist gefallen, Kind -- Dein Herr
und König hat schon Lunte gerochen -- die Sache
wird sich sofort entscheiden --"

"Um Gottes Willen --!"

Jetzt kam der gute Mann affektirt-nachlässig, die
Hände in den Hosentaschen, im Gesicht einen Aus-
druck furchtsamer Verbissenheit, nach seinem Stuhle
zurückgeschlendert. Er setzte sich langsam, nachdrück-
lich nieder, griff nach seinem Glase und würdigte
die Dame seines Herzens keines Blickes.

Adam aber hub an, also zu ihm zu sprechen:
"Gestatten Sie, mein Herr, daß ich mich vorstelle!
Mein Name ist Doctor Mensch. Ich sehe, daß Sie

„Ihr Weiber ſcheint doch manchmal recht dumme
Kerls zu ſein! Auf den Erſten Beſten fallt Ihr
'rein! ... Alſo! ... Du gehſt mit mir — nicht
wahr —?“

„Wie ſoll ich ihn denn los werden —? Heute
muß ich ſchon ... morgen — wir können uns ja
irgendwo treffen —“

„Ach was morgen! Heute! Es iſt übrigens
ſchon längſt ‚heute‘, mein Kind — und wir thun
ſehr gut, wenn wir dieſes ominöſe ‚heute‘ recht
früh anfangen ... mir wäre es recht, wenn wir
es auch — —“

Adam hielt plötzlich inne. Er hatte zufällig nach
dem nächſten Billard hinübergeſehen und bemerkt, daß
dort der Ritter der Dame ſtand, anſcheinend dem
Spiele zuſah, in Wahrheit aber ſeine Auserwählte
und ihren neuen Galan ſcharf beobachtete.

„Der Würfel iſt gefallen, Kind — Dein Herr
und König hat ſchon Lunte gerochen — die Sache
wird ſich ſofort entſcheiden —“

„Um Gottes Willen —!“

Jetzt kam der gute Mann affektirt-nachläſſig, die
Hände in den Hoſentaſchen, im Geſicht einen Aus-
druck furchtſamer Verbiſſenheit, nach ſeinem Stuhle
zurückgeſchlendert. Er ſetzte ſich langſam, nachdrück-
lich nieder, griff nach ſeinem Glaſe und würdigte
die Dame ſeines Herzens keines Blickes.

Adam aber hub an, alſo zu ihm zu ſprechen:
„Geſtatten Sie, mein Herr, daß ich mich vorſtelle!
Mein Name iſt Doctor Menſch. Ich ſehe, daß Sie

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[172/0180] „Ihr Weiber ſcheint doch manchmal recht dumme Kerls zu ſein! Auf den Erſten Beſten fallt Ihr 'rein! ... Alſo! ... Du gehſt mit mir — nicht wahr —?“ „Wie ſoll ich ihn denn los werden —? Heute muß ich ſchon ... morgen — wir können uns ja irgendwo treffen —“ „Ach was morgen! Heute! Es iſt übrigens ſchon längſt ‚heute‘, mein Kind — und wir thun ſehr gut, wenn wir dieſes ominöſe ‚heute‘ recht früh anfangen ... mir wäre es recht, wenn wir es auch — —“ Adam hielt plötzlich inne. Er hatte zufällig nach dem nächſten Billard hinübergeſehen und bemerkt, daß dort der Ritter der Dame ſtand, anſcheinend dem Spiele zuſah, in Wahrheit aber ſeine Auserwählte und ihren neuen Galan ſcharf beobachtete. „Der Würfel iſt gefallen, Kind — Dein Herr und König hat ſchon Lunte gerochen — die Sache wird ſich ſofort entſcheiden —“ „Um Gottes Willen —!“ Jetzt kam der gute Mann affektirt-nachläſſig, die Hände in den Hoſentaſchen, im Geſicht einen Aus- druck furchtſamer Verbiſſenheit, nach ſeinem Stuhle zurückgeſchlendert. Er ſetzte ſich langſam, nachdrück- lich nieder, griff nach ſeinem Glaſe und würdigte die Dame ſeines Herzens keines Blickes. Adam aber hub an, alſo zu ihm zu ſprechen: „Geſtatten Sie, mein Herr, daß ich mich vorſtelle! Mein Name iſt Doctor Menſch. Ich ſehe, daß Sie

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/180>, abgerufen am 01.05.2024.