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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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"Siehst Du, Kind -- nun sind wir auf einmal
entre nous! .. Die Geschichte war doch sehr schnell
arrangirt -- nicht? Uebrigens -- jetzt fehlte nur
noch, daß ein Dritter anspaziert käme und Dich
wiederum mir abspenstig machte! Das heißt: so
leicht sollte es ihm nicht werden -- beileibe nicht! ..
Aber ... laß uns bald aufbrechen -- ja? Wir
sind den Göttern eine Hekatombe schuldig ... Ich
habe Sehnsucht nach .. Dir, Kind! Mache! ..
Komm! .. Trink Deinen Kaffee aus, bitte! -- wir
gehen zu mir -- da wird's gut sein .. und da wer-
den wir Hütten bauen ..."

Eine kleine Frist darauf verließ Adam mit seiner
köstlichen Kriegsbeute das Lokal. Die beiden schritten
Arm in Arm, eng aneinandergeschmiegt, durch die
stillen Straßen dahin und plauderten miteinander
und neckten sich und kosten, als stellten sie vor ein
bräutlich liebend Paar. Und der Nachtwind strich
um sie herum und zauste zaghaft an ihnen und blies
sie sanft an und lauschte auf die Ouvertüre der
Liebesnacht, welche zwei Menschenkinder feiern wollten,
die sich vorher noch nie begegnet waren .. die der
Gott der Stunde heute zusammengethan .. Es
war zwischen zwei und drei Uhr. Der Himmel
ließ soeben sein starres, gebundenes Schwarz in die
erste hellere, mehr dunkelblaue Farbenwellung hinüber-
schlüpfen. Der Schlummer des Lichts begann un-
merklich leiser und leiser zu werden. Bald mußte
es aufwachen und den ganzen Horizont überflammen.

Adam aber vergaß in den weißen Armen seiner

„Siehſt Du, Kind — nun ſind wir auf einmal
entre nous! .. Die Geſchichte war doch ſehr ſchnell
arrangirt — nicht? Uebrigens — jetzt fehlte nur
noch, daß ein Dritter anſpaziert käme und Dich
wiederum mir abſpenſtig machte! Das heißt: ſo
leicht ſollte es ihm nicht werden — beileibe nicht! ..
Aber ... laß uns bald aufbrechen — ja? Wir
ſind den Göttern eine Hekatombe ſchuldig ... Ich
habe Sehnſucht nach .. Dir, Kind! Mache! ..
Komm! .. Trink Deinen Kaffee aus, bitte! — wir
gehen zu mir — da wird's gut ſein .. und da wer-
den wir Hütten bauen ...“

Eine kleine Friſt darauf verließ Adam mit ſeiner
köſtlichen Kriegsbeute das Lokal. Die beiden ſchritten
Arm in Arm, eng aneinandergeſchmiegt, durch die
ſtillen Straßen dahin und plauderten miteinander
und neckten ſich und koſten, als ſtellten ſie vor ein
bräutlich liebend Paar. Und der Nachtwind ſtrich
um ſie herum und zauſte zaghaft an ihnen und blies
ſie ſanft an und lauſchte auf die Ouvertüre der
Liebesnacht, welche zwei Menſchenkinder feiern wollten,
die ſich vorher noch nie begegnet waren .. die der
Gott der Stunde heute zuſammengethan .. Es
war zwiſchen zwei und drei Uhr. Der Himmel
ließ ſoeben ſein ſtarres, gebundenes Schwarz in die
erſte hellere, mehr dunkelblaue Farbenwellung hinüber-
ſchlüpfen. Der Schlummer des Lichts begann un-
merklich leiſer und leiſer zu werden. Bald mußte
es aufwachen und den ganzen Horizont überflammen.

Adam aber vergaß in den weißen Armen ſeiner

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[175/0183] „Siehſt Du, Kind — nun ſind wir auf einmal entre nous! .. Die Geſchichte war doch ſehr ſchnell arrangirt — nicht? Uebrigens — jetzt fehlte nur noch, daß ein Dritter anſpaziert käme und Dich wiederum mir abſpenſtig machte! Das heißt: ſo leicht ſollte es ihm nicht werden — beileibe nicht! .. Aber ... laß uns bald aufbrechen — ja? Wir ſind den Göttern eine Hekatombe ſchuldig ... Ich habe Sehnſucht nach .. Dir, Kind! Mache! .. Komm! .. Trink Deinen Kaffee aus, bitte! — wir gehen zu mir — da wird's gut ſein .. und da wer- den wir Hütten bauen ...“ Eine kleine Friſt darauf verließ Adam mit ſeiner köſtlichen Kriegsbeute das Lokal. Die beiden ſchritten Arm in Arm, eng aneinandergeſchmiegt, durch die ſtillen Straßen dahin und plauderten miteinander und neckten ſich und koſten, als ſtellten ſie vor ein bräutlich liebend Paar. Und der Nachtwind ſtrich um ſie herum und zauſte zaghaft an ihnen und blies ſie ſanft an und lauſchte auf die Ouvertüre der Liebesnacht, welche zwei Menſchenkinder feiern wollten, die ſich vorher noch nie begegnet waren .. die der Gott der Stunde heute zuſammengethan .. Es war zwiſchen zwei und drei Uhr. Der Himmel ließ ſoeben ſein ſtarres, gebundenes Schwarz in die erſte hellere, mehr dunkelblaue Farbenwellung hinüber- ſchlüpfen. Der Schlummer des Lichts begann un- merklich leiſer und leiſer zu werden. Bald mußte es aufwachen und den ganzen Horizont überflammen. Adam aber vergaß in den weißen Armen ſeiner

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/183>, abgerufen am 27.04.2024.