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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

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general den unmittelbaren Vortrag bei dem Könige ab-
schnitt. Als Necker sich im Besitze einer Macht befand,
nach welcher er etwas zu lüstern die Hand ausgestreckt
hatte, hielt er in der höheren Verwaltung im Ganzen Tur-
gots Bahnen ein, und über Nordamerika befragt, rieth
auch er vom Kriege ab. Nachdem gleichwohl Krieg be-
schlossen war, nahm er zu Anleihen seine Zuflucht, wobei
ihm die pariser Discontocasse, eine Einrichtung Turgots,
auf Privatcredit gegründet, ungemeine Dienste leistete.
Der Geschicklichkeit Neckers das Geldwesen auf seinen ver-
schlungenen Wegen zu behandeln ließ jedermann Gerech-
tigkeit widerfahren, seine Uneigennützigkeit stand außer
Zweifel, sein Haus, durch eine Frau von Charakter und
Bildung vertreten, war eines der wenigen in der Haupt-
stadt, in welchem ein geistreicher Umgang sich niemals
von der Sitte trennte. Von dem früheren Theoretiker
Necker merkte man fortan nichts mehr. Das Geschäft des
Finanzministers ist nicht wenig dem feldherrlichen ver-
wandt. Beide verstehen sich auf die Regeln ihrer Kunst,
allein ihre Schlachten und Siege werden nur durch den
glücklichen Blick erfochten, welcher alle Conjuncturen im
rechten Augenblicke zu vereinigen weiß. Freilich spielt die
Macht, welche Einer ins Feld führt, immer ihre große Rolle,
und Necker war dem alten Maurepas nur insofern will-
kommen als er das Organisiren unterließ. Auch durfte der
Protestant nichts gegen die Geistlichkeit wagen, der Aus-
länder dem Adel seine Pensionen nicht beschneiden. So

general den unmittelbaren Vortrag bei dem Könige ab-
ſchnitt. Als Necker ſich im Beſitze einer Macht befand,
nach welcher er etwas zu lüſtern die Hand ausgeſtreckt
hatte, hielt er in der höheren Verwaltung im Ganzen Tur-
gots Bahnen ein, und über Nordamerika befragt, rieth
auch er vom Kriege ab. Nachdem gleichwohl Krieg be-
ſchloſſen war, nahm er zu Anleihen ſeine Zuflucht, wobei
ihm die pariſer Discontocaſſe, eine Einrichtung Turgots,
auf Privatcredit gegründet, ungemeine Dienſte leiſtete.
Der Geſchicklichkeit Neckers das Geldweſen auf ſeinen ver-
ſchlungenen Wegen zu behandeln ließ jedermann Gerech-
tigkeit widerfahren, ſeine Uneigennützigkeit ſtand außer
Zweifel, ſein Haus, durch eine Frau von Charakter und
Bildung vertreten, war eines der wenigen in der Haupt-
ſtadt, in welchem ein geiſtreicher Umgang ſich niemals
von der Sitte trennte. Von dem früheren Theoretiker
Necker merkte man fortan nichts mehr. Das Geſchäft des
Finanzminiſters iſt nicht wenig dem feldherrlichen ver-
wandt. Beide verſtehen ſich auf die Regeln ihrer Kunſt,
allein ihre Schlachten und Siege werden nur durch den
glücklichen Blick erfochten, welcher alle Conjuncturen im
rechten Augenblicke zu vereinigen weiß. Freilich ſpielt die
Macht, welche Einer ins Feld führt, immer ihre große Rolle,
und Necker war dem alten Maurepas nur inſofern will-
kommen als er das Organiſiren unterließ. Auch durfte der
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[84/0094] general den unmittelbaren Vortrag bei dem Könige ab- ſchnitt. Als Necker ſich im Beſitze einer Macht befand, nach welcher er etwas zu lüſtern die Hand ausgeſtreckt hatte, hielt er in der höheren Verwaltung im Ganzen Tur- gots Bahnen ein, und über Nordamerika befragt, rieth auch er vom Kriege ab. Nachdem gleichwohl Krieg be- ſchloſſen war, nahm er zu Anleihen ſeine Zuflucht, wobei ihm die pariſer Discontocaſſe, eine Einrichtung Turgots, auf Privatcredit gegründet, ungemeine Dienſte leiſtete. Der Geſchicklichkeit Neckers das Geldweſen auf ſeinen ver- ſchlungenen Wegen zu behandeln ließ jedermann Gerech- tigkeit widerfahren, ſeine Uneigennützigkeit ſtand außer Zweifel, ſein Haus, durch eine Frau von Charakter und Bildung vertreten, war eines der wenigen in der Haupt- ſtadt, in welchem ein geiſtreicher Umgang ſich niemals von der Sitte trennte. Von dem früheren Theoretiker Necker merkte man fortan nichts mehr. Das Geſchäft des Finanzminiſters iſt nicht wenig dem feldherrlichen ver- wandt. Beide verſtehen ſich auf die Regeln ihrer Kunſt, allein ihre Schlachten und Siege werden nur durch den glücklichen Blick erfochten, welcher alle Conjuncturen im rechten Augenblicke zu vereinigen weiß. Freilich ſpielt die Macht, welche Einer ins Feld führt, immer ihre große Rolle, und Necker war dem alten Maurepas nur inſofern will- kommen als er das Organiſiren unterließ. Auch durfte der Proteſtant nichts gegen die Geiſtlichkeit wagen, der Aus- länder dem Adel ſeine Penſionen nicht beſchneiden. So

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/94>, abgerufen am 29.04.2024.