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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

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Predigt.
legen/ und also nicht nur hören Mosen und die Propheten/ sondern auch
Christum in ihren S. Lipsanis, den schrifftlichen Heiligthumen/ die der
Christlichen Kirche beygelegt sind.

Lehren und Lernen sind Correlata. Sollen die Apostel lehren/ so
müssen auch die Zuhörer und Leser lernen/ und begierig seyn nach der
lautern Milch/ ihnen das Ohr lassen öffnen und hören/ wie ein Jünger
oder Schüler/ Esa. 50/4. Wie der junge Samuel gethan/ da ihn GOtt
auß dem Schlaf erweckt/ und mit ihm geredet/ HErr rede/ sagt er/ denn
dein Knecht höret.
Uber alle massen herrlich laut das Elogium und
Lobspruch/ den der HErr selbst den Zuhörern Johannis außgesagt/ Matt.
11/12. Von den Tagen Johannis deß Täuffers/ biß hieher/
leidet das Himmelreich Gewalt/ und die Gewalt thun/ reis-
sen es zu sich.
Luth. in h. l. Violenti sunt, qui audiunt verbum, & sic au-
diunt, ut nulla vi abstrahi possint, potius moriuntur, quam negent. Hi sunt,
qui per vim irrumpunt, ac velut januam fracturi urgent; volunt salvi fieri,
conscientia urget eos, ut remissionem peccatorum anhelent. Et est eorum
multus numerus. Est ergo regnum coelorum vim pati, aliud nihil, quam homi-
nes vehementer amare verbum, & omnibus vitae & corporis bonis praeferre. Est
autem similitudo sumta a militia (quia fides militia est) nam qui possessionem
aut civitatem volunt obtinere, simpliciter vim faciunt,
wagen Leib und Leben
dran und lassen alles drüber/ sic etiam wagen Leib und Leben an GOttes
Wort/ h. e. vim inferre regno Dei, & violenter rapere. Castrensibus enim &
milit aribus verbis loquitur Christus, sed in Spiritu.
Worauß abzunehmen/
nicht allein mit was Nutzen und Krafft Johannes der Täuffer gelehret;
sondern auch/ mit was Eyffer und Ernst die Zuhörer zum Evangelio sich
getrungen/ anders nicht/ als wolten sie die Stadt Gottes mit Gewalt einneh-
men. Hören und Lernen ist noch nicht genug/ sondern es gehöret auch darzu
das discerniren/ unterscheiden/ prüfen und erwehlen/ und/ wie die Tau-
ben/ die besten Körnlein herauß lesen. Ein grosser Jrrthumb bey den
Lehrern ists/ die sich nicht wollen judiciren lassen/ höher gesinnet/ als Pau-
lus/ der sich von den Berrhoensern und andern Propheten richten lassen/
1. Cor. 14. in der Antiquität haben wir ein Exempel an G. Nazianz. wel-
chen/ als Hieronymus gefraget vom Affter-Sabbath/ hat er ihn mit dieser
Antwort abgefertiget und gesagt: Davon wil ich dir in der Kirche Be-
scheid ertheilen/ in welcher du mir (wann die gantze Gemein es bejachzet)
wirst müssen beypflichten/ wann schon wider deinen Willen/ worüber du
mich anjetzo befragest/ oder du wirst/ wann du allein soltest widersprechen/
von allen und jeden für einen Thoren gehalten werden: Es sey nemlich

nichts
J i i i 3

Predigt.
legen/ und alſo nicht nur hoͤren Moſen und die Propheten/ ſondern auch
Chriſtum in ihren S. Lipſanis, den ſchrifftlichen Heiligthumen/ die der
Chriſtlichen Kirche beygelegt ſind.

Lehren und Lernen ſind Correlata. Sollen die Apoſtel lehren/ ſo
muͤſſen auch die Zuhoͤrer und Leſer lernen/ und begierig ſeyn nach der
lautern Milch/ ihnen das Ohr laſſen oͤffnen und hoͤren/ wie ein Juͤnger
oder Schuͤler/ Eſa. 50/4. Wie der junge Samuel gethan/ da ihn GOtt
auß dem Schlaf erweckt/ und mit ihm geredet/ HErr rede/ ſagt er/ denn
dein Knecht hoͤret.
Uber alle maſſen herrlich laut das Elogium und
Lobſpruch/ den der HErr ſelbſt den Zuhoͤrern Johannis außgeſagt/ Matt.
11/12. Von den Tagen Johannis deß Taͤuffers/ biß hieher/
leidet das Himmelreich Gewalt/ und die Gewalt thun/ reiſ-
ſen es zu ſich.
Luth. in h. l. Violenti ſunt, qui audiunt verbum, & ſic au-
diunt, ut nulla vi abſtrahi posſint, potius moriuntur, quàm negent. Hi ſunt,
qui per vim irrumpunt, ac velut januam fracturi urgent; volunt ſalvi fieri,
conſcientia urget eos, ut remiſſionem peccatorum anhelent. Et est eorum
multus numerus. Est ergò regnum cœlorum vim pati, aliud nihil, quam homi-
nes vehementer amare verbum, & omnibus vitæ & corporis bonis præferre. Eſt
autem ſimilitudo ſumta à militia (quia fides militia est) nam qui poſſesſionem
aut civitatem volunt obtinere, ſimpliciter vim faciunt,
wagen Leib und Leben
dran und laſſen alles druͤber/ ſic etiam wagen Leib und Leben an GOttes
Wort/ h. e. vim inferre regno Dei, & violenter rapere. Caſtrenſibus enim &
milit aribus verbis loquitur Chriſtus, ſed in Spiritu.
Worauß abzunehmen/
nicht allein mit was Nutzen und Krafft Johannes der Taͤuffer gelehret;
ſondern auch/ mit was Eyffer und Ernſt die Zuhoͤrer zum Evangelio ſich
getrungen/ anders nicht/ als wolten ſie die Stadt Gottes mit Gewalt einneh-
men. Hoͤren und Lernen iſt noch nicht genug/ ſondern es gehoͤret auch darzu
das diſcerniren/ unterſcheiden/ pruͤfen und erwehlen/ und/ wie die Tau-
ben/ die beſten Koͤrnlein herauß leſen. Ein groſſer Jrrthumb bey den
Lehrern iſts/ die ſich nicht wollen judiciren laſſen/ hoͤher geſinnet/ als Pau-
lus/ der ſich von den Berrhoenſern und andern Propheten richten laſſen/
1. Cor. 14. in der Antiquitaͤt haben wir ein Exempel an G. Nazianz. wel-
chen/ als Hieronymus gefraget vom Affter-Sabbath/ hat er ihn mit dieſer
Antwort abgefertiget und geſagt: Davon wil ich dir in der Kirche Be-
ſcheid ertheilen/ in welcher du mir (wann die gantze Gemein es bejachzet)
wirſt muͤſſen beypflichten/ wann ſchon wider deinen Willen/ woruͤber du
mich anjetzo befrageſt/ oder du wirſt/ wann du allein ſolteſt widerſprechen/
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nichts
J i i i 3
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[621/0645] Predigt. legen/ und alſo nicht nur hoͤren Moſen und die Propheten/ ſondern auch Chriſtum in ihren S. Lipſanis, den ſchrifftlichen Heiligthumen/ die der Chriſtlichen Kirche beygelegt ſind. Lehren und Lernen ſind Correlata. Sollen die Apoſtel lehren/ ſo muͤſſen auch die Zuhoͤrer und Leſer lernen/ und begierig ſeyn nach der lautern Milch/ ihnen das Ohr laſſen oͤffnen und hoͤren/ wie ein Juͤnger oder Schuͤler/ Eſa. 50/4. Wie der junge Samuel gethan/ da ihn GOtt auß dem Schlaf erweckt/ und mit ihm geredet/ HErr rede/ ſagt er/ denn dein Knecht hoͤret. Uber alle maſſen herrlich laut das Elogium und Lobſpruch/ den der HErr ſelbſt den Zuhoͤrern Johannis außgeſagt/ Matt. 11/12. Von den Tagen Johannis deß Taͤuffers/ biß hieher/ leidet das Himmelreich Gewalt/ und die Gewalt thun/ reiſ- ſen es zu ſich. Luth. in h. l. Violenti ſunt, qui audiunt verbum, & ſic au- diunt, ut nulla vi abſtrahi posſint, potius moriuntur, quàm negent. Hi ſunt, qui per vim irrumpunt, ac velut januam fracturi urgent; volunt ſalvi fieri, conſcientia urget eos, ut remiſſionem peccatorum anhelent. Et est eorum multus numerus. Est ergò regnum cœlorum vim pati, aliud nihil, quam homi- nes vehementer amare verbum, & omnibus vitæ & corporis bonis præferre. Eſt autem ſimilitudo ſumta à militia (quia fides militia est) nam qui poſſesſionem aut civitatem volunt obtinere, ſimpliciter vim faciunt, wagen Leib und Leben dran und laſſen alles druͤber/ ſic etiam wagen Leib und Leben an GOttes Wort/ h. e. vim inferre regno Dei, & violenter rapere. Caſtrenſibus enim & milit aribus verbis loquitur Chriſtus, ſed in Spiritu. Worauß abzunehmen/ nicht allein mit was Nutzen und Krafft Johannes der Taͤuffer gelehret; ſondern auch/ mit was Eyffer und Ernſt die Zuhoͤrer zum Evangelio ſich getrungen/ anders nicht/ als wolten ſie die Stadt Gottes mit Gewalt einneh- men. Hoͤren und Lernen iſt noch nicht genug/ ſondern es gehoͤret auch darzu das diſcerniren/ unterſcheiden/ pruͤfen und erwehlen/ und/ wie die Tau- ben/ die beſten Koͤrnlein herauß leſen. Ein groſſer Jrrthumb bey den Lehrern iſts/ die ſich nicht wollen judiciren laſſen/ hoͤher geſinnet/ als Pau- lus/ der ſich von den Berrhoenſern und andern Propheten richten laſſen/ 1. Cor. 14. in der Antiquitaͤt haben wir ein Exempel an G. Nazianz. wel- chen/ als Hieronymus gefraget vom Affter-Sabbath/ hat er ihn mit dieſer Antwort abgefertiget und geſagt: Davon wil ich dir in der Kirche Be- ſcheid ertheilen/ in welcher du mir (wann die gantze Gemein es bejachzet) wirſt muͤſſen beypflichten/ wann ſchon wider deinen Willen/ woruͤber du mich anjetzo befrageſt/ oder du wirſt/ wann du allein ſolteſt widerſprechen/ von allen und jeden fuͤr einen Thoren gehalten werden: Es ſey nemlich nichts J i i i 3

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 621. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/645>, abgerufen am 29.04.2024.