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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Die Siebende Predigt
Brod-Korb/ auff seinem Acker/ in seiner Werckstatt/ wolte gern arbeiten/
hat aber die Mittel nicht/ kan er sich auß GOttes Wort/ das unser Rath-
geber ist/ Raths erholen und fragen/ woher nimm ich Brod? III. Quaestio
necessitatis & opportunitatis,
eine Zeit- und Noth-Frag/ dann ob
zwar wol der Vater des Liechts/ von dem alle gute und vollkommene
Gaben von oben herab kommen/ seinen Himmels-Schatz auffge-
than/ und den Himmel/ der Himmel aber die Erde erhöret/ und eine reiche
und wolgebige Ernde beschehret/ so ists doch noch nicht außgetheilet/ der
unersättliche Geitz-Wolff blöckt schon die Zähn darnach/ und wetzet die
Klauen; es mangelt etwan manchem dürfftigen Hauß-Vater an Geld-
Mitteln zu kauffen; Und wann gleich das Viertel Frucht auff einen Schil-
ling käm/ so hat doch mancher denselben nicht/ wo wil er denn Brod her/
nemmen? Vom Lufft kan ja niemand leben/ und das Stehlen ist ihm bey
Hencken verbotten. So heisset demnach allhie Brod ins gemein alles das
jenige/ was zur Leibes-Nahrung und Nothdurfft gehöret. Der Nackende
fragt/ woher nemme ich Kleider auff den Winter für mich und die meini-
gen? der Krancke sagt/ wodurch werd ich gesund? Ja woher nehmen wir
den Frieden in dieser allgemeinen Land-Wüsten/ da alles erödet und ver-
wüstet? in dieser allgemeinen Reich-Wüsten/ da alles von Kriegs-Flam-
men brennet? in dieser Kirchen-Wüsten/ da aller Gottes dienst ligt/ und
das Wort GOttes Noth leidet? in der Wüsten alles Vorraths/ in der
Seckel-Wüsten? wo spare ich einen Pfenning auffs Alter? wo kan ich
im Sommer mit den Ameisen samlen/ daß ich auch im Winter mit ihnen
zu essen habe? Jst jemals eine Zeit gewesen/ da man sich auff Mittel und
Wege einen Vorrath zu samlen zu bedencken gehabt/ so ists gewißlich die-
se/ da die Vögel außgeflogen/ wie man Zinß abstatten/ die Salaria und
Besoldungen bezahlen/ Zinß und Gülden einbringen möchte. Aber es
heißt: sera in fundo parsimonia, es ist zu spat: Wo nemme ich Brod
bey meinen Zinß- und Gült-Brieffen/ sie seind zu Mammelucken worden/
haben panckerotirt/ sie seind nicht giebig/ niemand gebe mir ein stück Brod
auff ein manchen Brieff/ der von etlich hunderten sagt.

Und dieses ist eben die Frage/ die den verlohrnen Sohn auch geplagt
und gequält/ da die Ruthen GOttes über ihm zusammen geschlagen/ und
unbarmhertzig auff ihn geschmissen/ daß ers empfunden/ der lähre Seckel/
das darben/ die schimpffliche Dienstbarkeit/ und der greuliche Hunger/
alles zu dem Ende/ daß er die Ruthe küssen/ zum Creutz kriechen/ und das
Pater peccavi, Vater ich habe gesündiget/ das miserere mei, er-
barme dich mein/ sprechen solte. Ja da er mitten unter den Schwei-

nen/

Die Siebende Predigt
Brod-Korb/ auff ſeinem Acker/ in ſeiner Werckſtatt/ wolte gern arbeiten/
hat aber die Mittel nicht/ kan er ſich auß GOttes Wort/ das unſer Rath-
geber iſt/ Raths erholen und fragen/ woher nim̃ ich Brod? III. Quæſtio
neceſſitatis & opportunitatis,
eine Zeit- und Noth-Frag/ dann ob
zwar wol der Vater des Liechts/ von dem alle gute und vollkommene
Gaben von oben herab kommen/ ſeinen Himmels-Schatz auffge-
than/ und den Himmel/ der Himmel aber die Erde erhoͤret/ und eine reiche
und wolgebige Ernde beſchehret/ ſo iſts doch noch nicht außgetheilet/ der
unerſaͤttliche Geitz-Wolff bloͤckt ſchon die Zaͤhn darnach/ und wetzet die
Klauen; es mangelt etwan manchem duͤrfftigen Hauß-Vater an Geld-
Mitteln zu kauffen; Und wañ gleich das Viertel Frucht auff einen Schil-
ling kaͤm/ ſo hat doch mancher denſelben nicht/ wo wil er denn Brod her/
nemmen? Vom Lufft kan ja niemand leben/ und das Stehlen iſt ihm bey
Hencken verbotten. So heiſſet demnach allhie Brod ins gemein alles das
jenige/ was zur Leibes-Nahrung und Nothdurfft gehoͤret. Der Nackende
fragt/ woher nemme ich Kleider auff den Winter fuͤr mich und die meini-
gen? der Krancke ſagt/ wodurch werd ich geſund? Ja woher nehmen wir
den Frieden in dieſer allgemeinen Land-Wuͤſten/ da alles eroͤdet und ver-
wuͤſtet? in dieſer allgemeinen Reich-Wuͤſten/ da alles von Kriegs-Flam-
men brennet? in dieſer Kirchen-Wuͤſten/ da aller Gottes dienſt ligt/ und
das Wort GOttes Noth leidet? in der Wuͤſten alles Vorraths/ in der
Seckel-Wuͤſten? wo ſpare ich einen Pfenning auffs Alter? wo kan ich
im Sommer mit den Ameiſen ſamlen/ daß ich auch im Winter mit ihnen
zu eſſen habe? Jſt jemals eine Zeit geweſen/ da man ſich auff Mittel und
Wege einen Vorrath zu ſamlen zu bedencken gehabt/ ſo iſts gewißlich die-
ſe/ da die Voͤgel außgeflogen/ wie man Zinß abſtatten/ die Salaria und
Beſoldungen bezahlen/ Zinß und Guͤlden einbringen moͤchte. Aber es
heißt: ſera in fundo parſimonia, es iſt zu ſpat: Wo nemme ich Brod
bey meinen Zinß- und Guͤlt-Brieffen/ ſie ſeind zu Mam̃elucken worden/
haben panckerotirt/ ſie ſeind nicht giebig/ niemand gebe mir ein ſtuͤck Brod
auff ein manchen Brieff/ der von etlich hunderten ſagt.

Und dieſes iſt eben die Frage/ die den verlohrnen Sohn auch geplagt
und gequaͤlt/ da die Ruthen GOttes uͤber ihm zuſammen geſchlagen/ und
unbarmhertzig auff ihn geſchmiſſen/ daß ers empfunden/ der laͤhre Seckel/
das darben/ die ſchimpffliche Dienſtbarkeit/ und der greuliche Hunger/
alles zu dem Ende/ daß er die Ruthe kuͤſſen/ zum Creutz kriechen/ und das
Pater peccavi, Vater ich habe geſuͤndiget/ das miſerere mei, er-
barme dich mein/ ſprechen ſolte. Ja da er mitten unter den Schwei-

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[52/0070] Die Siebende Predigt Brod-Korb/ auff ſeinem Acker/ in ſeiner Werckſtatt/ wolte gern arbeiten/ hat aber die Mittel nicht/ kan er ſich auß GOttes Wort/ das unſer Rath- geber iſt/ Raths erholen und fragen/ woher nim̃ ich Brod? III. Quæſtio neceſſitatis & opportunitatis, eine Zeit- und Noth-Frag/ dann ob zwar wol der Vater des Liechts/ von dem alle gute und vollkommene Gaben von oben herab kommen/ ſeinen Himmels-Schatz auffge- than/ und den Himmel/ der Himmel aber die Erde erhoͤret/ und eine reiche und wolgebige Ernde beſchehret/ ſo iſts doch noch nicht außgetheilet/ der unerſaͤttliche Geitz-Wolff bloͤckt ſchon die Zaͤhn darnach/ und wetzet die Klauen; es mangelt etwan manchem duͤrfftigen Hauß-Vater an Geld- Mitteln zu kauffen; Und wañ gleich das Viertel Frucht auff einen Schil- ling kaͤm/ ſo hat doch mancher denſelben nicht/ wo wil er denn Brod her/ nemmen? Vom Lufft kan ja niemand leben/ und das Stehlen iſt ihm bey Hencken verbotten. So heiſſet demnach allhie Brod ins gemein alles das jenige/ was zur Leibes-Nahrung und Nothdurfft gehoͤret. Der Nackende fragt/ woher nemme ich Kleider auff den Winter fuͤr mich und die meini- gen? der Krancke ſagt/ wodurch werd ich geſund? Ja woher nehmen wir den Frieden in dieſer allgemeinen Land-Wuͤſten/ da alles eroͤdet und ver- wuͤſtet? in dieſer allgemeinen Reich-Wuͤſten/ da alles von Kriegs-Flam- men brennet? in dieſer Kirchen-Wuͤſten/ da aller Gottes dienſt ligt/ und das Wort GOttes Noth leidet? in der Wuͤſten alles Vorraths/ in der Seckel-Wuͤſten? wo ſpare ich einen Pfenning auffs Alter? wo kan ich im Sommer mit den Ameiſen ſamlen/ daß ich auch im Winter mit ihnen zu eſſen habe? Jſt jemals eine Zeit geweſen/ da man ſich auff Mittel und Wege einen Vorrath zu ſamlen zu bedencken gehabt/ ſo iſts gewißlich die- ſe/ da die Voͤgel außgeflogen/ wie man Zinß abſtatten/ die Salaria und Beſoldungen bezahlen/ Zinß und Guͤlden einbringen moͤchte. Aber es heißt: ſera in fundo parſimonia, es iſt zu ſpat: Wo nemme ich Brod bey meinen Zinß- und Guͤlt-Brieffen/ ſie ſeind zu Mam̃elucken worden/ haben panckerotirt/ ſie ſeind nicht giebig/ niemand gebe mir ein ſtuͤck Brod auff ein manchen Brieff/ der von etlich hunderten ſagt. Und dieſes iſt eben die Frage/ die den verlohrnen Sohn auch geplagt und gequaͤlt/ da die Ruthen GOttes uͤber ihm zuſammen geſchlagen/ und unbarmhertzig auff ihn geſchmiſſen/ daß ers empfunden/ der laͤhre Seckel/ das darben/ die ſchimpffliche Dienſtbarkeit/ und der greuliche Hunger/ alles zu dem Ende/ daß er die Ruthe kuͤſſen/ zum Creutz kriechen/ und das Pater peccavi, Vater ich habe geſuͤndiget/ das miſerere mei, er- barme dich mein/ ſprechen ſolte. Ja da er mitten unter den Schwei- nen/

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/70>, abgerufen am 28.04.2024.