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Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756.

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Der Policey-Wissenschaft 2 Abschnitt,
Anwendung möglich sind. Wodurch wird der erste
Punkt in der Anwendung unmöglich? Man wird es
mir leicht verwilligen, daß dieß in der Weitläuftigkeit
der gerichtlichen Processe gegründet sey. Man unter-
suche einmahl die Ursache, warum es solche Leute auf
einen Proceß ankommen lassen, und fürs andere,
die Ursachen, wodurch diese weitläuftig werden. Wird
man alsdenn diese entkräften, so wird das angegebene
Mittel in der Anwendung leicht möglich werden.

§. 215.
Durch Zer-
nichtung der
Ursachen,
warum er es
auf einen
Proceß an-
kommen läst.

Warum läst es ein solcher Mensch, der den Namen
eines Betrügers verdienet, auf einen Proceß ankom-
men? Man durchsuche alle Umstände, und man wird
finden, die Ursache sey diese, weil er nichts dabey zu
verlieren hat. Verlieret er den Proceß, so zahlet er
das, was er auch vorher hätte zahlen müssen. Und
die Kosten, die er dieserwegen trägt, werden von dem
Vortheile aufgehoben, weil er diese Gelder so lange
hat behalten können. Die Policey wendet sich zur
Gerechtigkeit. Sie bittet dieser Kühnheit eine em-
pfindliche Strafe zu setzen. Weiß es dieser Mensch,
daß er bezahlen, die Kosten tragen und sich zugleich
einer empfindlichen Strafe unterwerffen muß; so
wird er schon auf Mittel denken, die Bezahlung bey
Zeiten zu besorgen. Und dieß erhält den Credit im
Lande.

§. 216.
Fernere Aus-
führung die-
ses Punkts.

Wie bestimmt man hier eine empfindliche Strafe?
Dieser verwegene Schuldner hat entweder Vermögen,
oder er ist arm. Jst jenes, so zahle er eben so viel
zur Strafe, als die Sache beträgt, worüber ist ge-
stritten worden. Einen Theil behält der Richter, und
das übrige wird der Policey gegeben. Diese kann
es zum öffentlichen Nutzen anwenden. Jst dieses,

so

Der Policey-Wiſſenſchaft 2 Abſchnitt,
Anwendung moͤglich ſind. Wodurch wird der erſte
Punkt in der Anwendung unmoͤglich? Man wird es
mir leicht verwilligen, daß dieß in der Weitlaͤuftigkeit
der gerichtlichen Proceſſe gegruͤndet ſey. Man unter-
ſuche einmahl die Urſache, warum es ſolche Leute auf
einen Proceß ankommen laſſen, und fuͤrs andere,
die Urſachen, wodurch dieſe weitlaͤuftig werden. Wird
man alsdenn dieſe entkraͤften, ſo wird das angegebene
Mittel in der Anwendung leicht moͤglich werden.

§. 215.
Durch Zer-
nichtung der
Urſachen,
warum er es
auf einen
Proceß an-
kommen laͤſt.

Warum laͤſt es ein ſolcher Menſch, der den Namen
eines Betruͤgers verdienet, auf einen Proceß ankom-
men? Man durchſuche alle Umſtaͤnde, und man wird
finden, die Urſache ſey dieſe, weil er nichts dabey zu
verlieren hat. Verlieret er den Proceß, ſo zahlet er
das, was er auch vorher haͤtte zahlen muͤſſen. Und
die Koſten, die er dieſerwegen traͤgt, werden von dem
Vortheile aufgehoben, weil er dieſe Gelder ſo lange
hat behalten koͤnnen. Die Policey wendet ſich zur
Gerechtigkeit. Sie bittet dieſer Kuͤhnheit eine em-
pfindliche Strafe zu ſetzen. Weiß es dieſer Menſch,
daß er bezahlen, die Koſten tragen und ſich zugleich
einer empfindlichen Strafe unterwerffen muß; ſo
wird er ſchon auf Mittel denken, die Bezahlung bey
Zeiten zu beſorgen. Und dieß erhaͤlt den Credit im
Lande.

§. 216.
Fernere Aus-
fuͤhrung die-
ſes Punkts.

Wie beſtimmt man hier eine empfindliche Strafe?
Dieſer verwegene Schuldner hat entweder Vermoͤgen,
oder er iſt arm. Jſt jenes, ſo zahle er eben ſo viel
zur Strafe, als die Sache betraͤgt, woruͤber iſt ge-
ſtritten worden. Einen Theil behaͤlt der Richter, und
das uͤbrige wird der Policey gegeben. Dieſe kann
es zum oͤffentlichen Nutzen anwenden. Jſt dieſes,

ſo
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[506/0526] Der Policey-Wiſſenſchaft 2 Abſchnitt, Anwendung moͤglich ſind. Wodurch wird der erſte Punkt in der Anwendung unmoͤglich? Man wird es mir leicht verwilligen, daß dieß in der Weitlaͤuftigkeit der gerichtlichen Proceſſe gegruͤndet ſey. Man unter- ſuche einmahl die Urſache, warum es ſolche Leute auf einen Proceß ankommen laſſen, und fuͤrs andere, die Urſachen, wodurch dieſe weitlaͤuftig werden. Wird man alsdenn dieſe entkraͤften, ſo wird das angegebene Mittel in der Anwendung leicht moͤglich werden. §. 215. Warum laͤſt es ein ſolcher Menſch, der den Namen eines Betruͤgers verdienet, auf einen Proceß ankom- men? Man durchſuche alle Umſtaͤnde, und man wird finden, die Urſache ſey dieſe, weil er nichts dabey zu verlieren hat. Verlieret er den Proceß, ſo zahlet er das, was er auch vorher haͤtte zahlen muͤſſen. Und die Koſten, die er dieſerwegen traͤgt, werden von dem Vortheile aufgehoben, weil er dieſe Gelder ſo lange hat behalten koͤnnen. Die Policey wendet ſich zur Gerechtigkeit. Sie bittet dieſer Kuͤhnheit eine em- pfindliche Strafe zu ſetzen. Weiß es dieſer Menſch, daß er bezahlen, die Koſten tragen und ſich zugleich einer empfindlichen Strafe unterwerffen muß; ſo wird er ſchon auf Mittel denken, die Bezahlung bey Zeiten zu beſorgen. Und dieß erhaͤlt den Credit im Lande. §. 216. Wie beſtimmt man hier eine empfindliche Strafe? Dieſer verwegene Schuldner hat entweder Vermoͤgen, oder er iſt arm. Jſt jenes, ſo zahle er eben ſo viel zur Strafe, als die Sache betraͤgt, woruͤber iſt ge- ſtritten worden. Einen Theil behaͤlt der Richter, und das uͤbrige wird der Policey gegeben. Dieſe kann es zum oͤffentlichen Nutzen anwenden. Jſt dieſes, ſo

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Zitationshilfe: Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/526>, abgerufen am 30.04.2024.