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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

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Cap. 18. Wasser-Reservoirs.
Pflanze gefunden, aber sie können nicht genau gezählt werden; denn
auszer den zwanzig waren alle möglichen Abstufungen von einer kurzen,
eben bemerkbar geschwollnen Strecke eines Rhizoms und einer so stark
geschwollnen Strecke vorhanden, dasz sie zweifelhafterweise schon ein
Knollen genannt werden könnte. Wenn gut entwickelt, sind sie oval
und symmetrisch, mehr als es in der Figur erscheint. Der gröszte,
den ich sah, war 1 Zoll (25,4 Mm.) lang und 0,45 Zoll (11,43 Mm.)
breit. Sie liegen gewöhnlich nahe der Oberfläche, aber einige sind
bis zur Tiefe von 2 Zoll begraben. Die begrabnen sind schmutzig
weisz, aber die dem Lichte theilweise ausgesetzten werden durch die
Entwicklung von Chlorophyll in ihren oberflächlichen Zellen grünlich.
Sie enden in einem Rhizom, aber dies verwelkt manchmal und fällt
ab. Sie enthalten keine Luft und sinken im Wasser unter; ihre Ober-
flächen sind mit den gewöhnlichen Papillen bedeckt. Das Bündel
Gefäsze, welches in jedem Rhizom hinaufläuft, theilt sich, sobald es
in den Knollen eintritt, in drei verschiedene Bündel, welche sich am
entgegengesetzten Ende wieder vereinigen. Ein ziemlich dicker Schnitt
eines Knollen ist beinahe so durchsichtig wie Glas, und besteht aus
groszen eckigen Zellen voll Wasser, welche weder Stärke noch irgend
eine andere solide Substanz enthalten. Einige Schnitte wurden meh-
rere Tage in Alkohol liegen gelassen; aber nur einige wenige auszer-
ordentlich kleine Körnchen Substanz schlugen sich an den Wänden
der Zellen nieder; und diese waren viel kleiner und der Zahl nach
weniger als diejenigen, welche sich an den Zellenwänden der Rhizome
und Blasen niederschlugen. Wir können daher schlieszen, dasz die
Knollen nicht als Nahrungsbehälter dienen, sondern als Wasserbehälter
während der trocknen Jahreszeit, welcher die Pflanze wahrscheinlich
ausgesetzt ist. Die vielen kleinen mit Wasser gefüllten Blasen wür-
den demselben Zwecke dienen.

Um die Richtigkeit dieser Ansicht zu prüfen, wurde eine kleine
Pflanze, welche in leichtem Torfboden in einem Topfe (nur 41/2 zu
41/2 Zoll äuszeres Masz) wuchs, häufig begossen, und dann ohne einen
Tropfen Wasser im Gewächshause gelassen. Zwei der oberen Knollen
wurden vorher unbedeckt und gemessen und dann wieder leicht zu-
gedeckt. Nach der Zeit von vierzehn Tagen schien die Erde in dem
Topf auszerordentlich trocken zu sein; aber nicht vor dem fünfund-
dreiszigsten Tage wurden die Blätter im geringsten afficirt; sie wur-
den dann leicht zurückgebogen, obgleich sie noch weich und grün

Cap. 18. Wasser-Reservoirs.
Pflanze gefunden, aber sie können nicht genau gezählt werden; denn
auszer den zwanzig waren alle möglichen Abstufungen von einer kurzen,
eben bemerkbar geschwollnen Strecke eines Rhizoms und einer so stark
geschwollnen Strecke vorhanden, dasz sie zweifelhafterweise schon ein
Knollen genannt werden könnte. Wenn gut entwickelt, sind sie oval
und symmetrisch, mehr als es in der Figur erscheint. Der gröszte,
den ich sah, war 1 Zoll (25,4 Mm.) lang und 0,45 Zoll (11,43 Mm.)
breit. Sie liegen gewöhnlich nahe der Oberfläche, aber einige sind
bis zur Tiefe von 2 Zoll begraben. Die begrabnen sind schmutzig
weisz, aber die dem Lichte theilweise ausgesetzten werden durch die
Entwicklung von Chlorophyll in ihren oberflächlichen Zellen grünlich.
Sie enden in einem Rhizom, aber dies verwelkt manchmal und fällt
ab. Sie enthalten keine Luft und sinken im Wasser unter; ihre Ober-
flächen sind mit den gewöhnlichen Papillen bedeckt. Das Bündel
Gefäsze, welches in jedem Rhizom hinaufläuft, theilt sich, sobald es
in den Knollen eintritt, in drei verschiedene Bündel, welche sich am
entgegengesetzten Ende wieder vereinigen. Ein ziemlich dicker Schnitt
eines Knollen ist beinahe so durchsichtig wie Glas, und besteht aus
groszen eckigen Zellen voll Wasser, welche weder Stärke noch irgend
eine andere solide Substanz enthalten. Einige Schnitte wurden meh-
rere Tage in Alkohol liegen gelassen; aber nur einige wenige auszer-
ordentlich kleine Körnchen Substanz schlugen sich an den Wänden
der Zellen nieder; und diese waren viel kleiner und der Zahl nach
weniger als diejenigen, welche sich an den Zellenwänden der Rhizome
und Blasen niederschlugen. Wir können daher schlieszen, dasz die
Knollen nicht als Nahrungsbehälter dienen, sondern als Wasserbehälter
während der trocknen Jahreszeit, welcher die Pflanze wahrscheinlich
ausgesetzt ist. Die vielen kleinen mit Wasser gefüllten Blasen wür-
den demselben Zwecke dienen.

Um die Richtigkeit dieser Ansicht zu prüfen, wurde eine kleine
Pflanze, welche in leichtem Torfboden in einem Topfe (nur 4½ zu
4½ Zoll äuszeres Masz) wuchs, häufig begossen, und dann ohne einen
Tropfen Wasser im Gewächshause gelassen. Zwei der oberen Knollen
wurden vorher unbedeckt und gemessen und dann wieder leicht zu-
gedeckt. Nach der Zeit von vierzehn Tagen schien die Erde in dem
Topf auszerordentlich trocken zu sein; aber nicht vor dem fünfund-
dreiszigsten Tage wurden die Blätter im geringsten afficirt; sie wur-
den dann leicht zurückgebogen, obgleich sie noch weich und grün

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[395/0409] Cap. 18. Wasser-Reservoirs. Pflanze gefunden, aber sie können nicht genau gezählt werden; denn auszer den zwanzig waren alle möglichen Abstufungen von einer kurzen, eben bemerkbar geschwollnen Strecke eines Rhizoms und einer so stark geschwollnen Strecke vorhanden, dasz sie zweifelhafterweise schon ein Knollen genannt werden könnte. Wenn gut entwickelt, sind sie oval und symmetrisch, mehr als es in der Figur erscheint. Der gröszte, den ich sah, war 1 Zoll (25,4 Mm.) lang und 0,45 Zoll (11,43 Mm.) breit. Sie liegen gewöhnlich nahe der Oberfläche, aber einige sind bis zur Tiefe von 2 Zoll begraben. Die begrabnen sind schmutzig weisz, aber die dem Lichte theilweise ausgesetzten werden durch die Entwicklung von Chlorophyll in ihren oberflächlichen Zellen grünlich. Sie enden in einem Rhizom, aber dies verwelkt manchmal und fällt ab. Sie enthalten keine Luft und sinken im Wasser unter; ihre Ober- flächen sind mit den gewöhnlichen Papillen bedeckt. Das Bündel Gefäsze, welches in jedem Rhizom hinaufläuft, theilt sich, sobald es in den Knollen eintritt, in drei verschiedene Bündel, welche sich am entgegengesetzten Ende wieder vereinigen. Ein ziemlich dicker Schnitt eines Knollen ist beinahe so durchsichtig wie Glas, und besteht aus groszen eckigen Zellen voll Wasser, welche weder Stärke noch irgend eine andere solide Substanz enthalten. Einige Schnitte wurden meh- rere Tage in Alkohol liegen gelassen; aber nur einige wenige auszer- ordentlich kleine Körnchen Substanz schlugen sich an den Wänden der Zellen nieder; und diese waren viel kleiner und der Zahl nach weniger als diejenigen, welche sich an den Zellenwänden der Rhizome und Blasen niederschlugen. Wir können daher schlieszen, dasz die Knollen nicht als Nahrungsbehälter dienen, sondern als Wasserbehälter während der trocknen Jahreszeit, welcher die Pflanze wahrscheinlich ausgesetzt ist. Die vielen kleinen mit Wasser gefüllten Blasen wür- den demselben Zwecke dienen. Um die Richtigkeit dieser Ansicht zu prüfen, wurde eine kleine Pflanze, welche in leichtem Torfboden in einem Topfe (nur 4½ zu 4½ Zoll äuszeres Masz) wuchs, häufig begossen, und dann ohne einen Tropfen Wasser im Gewächshause gelassen. Zwei der oberen Knollen wurden vorher unbedeckt und gemessen und dann wieder leicht zu- gedeckt. Nach der Zeit von vierzehn Tagen schien die Erde in dem Topf auszerordentlich trocken zu sein; aber nicht vor dem fünfund- dreiszigsten Tage wurden die Blätter im geringsten afficirt; sie wur- den dann leicht zurückgebogen, obgleich sie noch weich und grün

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Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/409>, abgerufen am 28.04.2024.