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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

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Cap. 4. Versuche über die Wirkung der Wärme.
porzellanartigen Gebilden gefleckt, welche durch kochendes Wasser' hervor-
gebracht werden. Ich habe dies Resultat in keinem einzigen anderen
Falle bei einer so niedern Temperatur, 60°C., eintreten sehen, und nur
bei einem einzigen Blatte unter vieren nach ähnlichem Eintauchen in
Wasser von 62,7°C. (145° F.). Andrerseits wurden an zwei Blättern, von
denen das eine in Wasser von 62,7°C. (145° F.), das andere in Wasser
von 60°C. (140° F.) gelegt und bis zum Abkühlen des Wassers darin ge-
lassen worden war, die Drüsen in beiden Fällen weisz und porzellanartig.
Es ist daher die Dauer des Eintauchens ein bedeutungsvolles Element für
das Resultat.
9. Versuch. -- Ein Blatt wurde in Wasser von 60°C. (140° F.)
gethan, was auf 65,5°C. (150° F.) erwärmt wurde; es trat keine Einbie-
gung ein; im Gegentheil bogen sich die äuszeren Tentakeln etwas rück-
wärts. Die Drüsen wurden wie Porzellan; einige von ihnen wurden aber
purpurn gefleckt. Die Basen der Drüsen wurden vielfach mehr afficirt,
als ihre Spitzen. Als das Blatt in der starken Lösung gelassen wurde,
trat keinerlei Einbiegung oder Zusammenballung ein.
10. Versuch. -- Ein Blatt wurde in Wasser von 65,5°C. (150° bis
1501/2° F.) gelegt; es wurde etwas welk, die äuszeren Tentakeln unbe-
deutend zurückgebogen, die inneren ein wenig nach innen gebogen, aber
nur nach ihrer Spitze zu; diese letztere Thatsache zeigt, dasz die Bewe-
gung keine wahre Einbiegung war, da im normalen Zustande der basale
Theil allein sich biegt. Die Tentakeln waren wie gewöhnlich sehr hell
roth geworden, die Drüsen beinahe weisz wie Porzellan, doch etwas rosa
gefärbt. Nachdem das Blatt in die starke Lösung gelegt worden war,
wurde der Inhalt der Zellen der Tentakeln schmutzig braun ohne irgend
eine Spur von Zusammenballen.
11. Versuch. -- Ein Blatt wurde in Wasser von 62,7°C. (145°F.)
gelegt, welches auf 68,8°C. (150° F.) erwärmt wurde. Die Tentakeln
wurden hell roth und etwas zurückgebogen, die Drüsen beinahe sämmtlich
wie Porzellan; diejenigen auf der Blattscheibe blieben etwas rosa, die-
jenigen in der Nähe des Randes wurden vollständig weisz. Nachdem das
Blatt erst wie gewöhnlich in kaltes Wasser gelegt und dann in die starke
Lösung gebracht worden war, wurden die Zellen in den Tentakeln schmutzig
grünlich braun, das Protoplasma nicht zusammengeballt. Nichtsdestoweni-
ger entgiengen vier von den Drüsen der Verwandlung in den porzellan-
artigen Zustand, die Stiele dieser Drüsen wurden nach ihren oberen En-
den hin spiral aufgekrümmt wie ein Waldhorn; dies kann indessen in
keiner Weise als ein Fall von echter Einbiegung betrachtet werden. Das
Protoplasma innerhalb der Zellen der gedachten Partie wurde in deut-
liche, wenn schon äuszerst minutiöse purpurne Kügelchen zusammengeballt.
Dieser Fall zeigt deutlich, dasz das Protoplasma, nachdem es einige we-
nige Minuten lang einer hohen Temperatur ausgesetzt worden ist, der
Zusammenballung fähig ist, wenn es später der Einwirkung des kohlen-
sauren Ammoniaks ausgesetzt wird; vorausgesetzt, dasz die Hitze nicht
hoch genug gewesen ist, eine Gerinnung zu verursachen.

Schluszbemerkungen. -- Da die haarähnlichen Tentakeln
äuszerst dünn sind und zarte Wandungen haben, da ferner die Blätter

Cap. 4. Versuche über die Wirkung der Wärme.
porzellanartigen Gebilden gefleckt, welche durch kochendes Wasser’ hervor-
gebracht werden. Ich habe dies Resultat in keinem einzigen anderen
Falle bei einer so niedern Temperatur, 60°C., eintreten sehen, und nur
bei einem einzigen Blatte unter vieren nach ähnlichem Eintauchen in
Wasser von 62,7°C. (145° F.). Andrerseits wurden an zwei Blättern, von
denen das eine in Wasser von 62,7°C. (145° F.), das andere in Wasser
von 60°C. (140° F.) gelegt und bis zum Abkühlen des Wassers darin ge-
lassen worden war, die Drüsen in beiden Fällen weisz und porzellanartig.
Es ist daher die Dauer des Eintauchens ein bedeutungsvolles Element für
das Resultat.
9. Versuch. — Ein Blatt wurde in Wasser von 60°C. (140° F.)
gethan, was auf 65,5°C. (150° F.) erwärmt wurde; es trat keine Einbie-
gung ein; im Gegentheil bogen sich die äuszeren Tentakeln etwas rück-
wärts. Die Drüsen wurden wie Porzellan; einige von ihnen wurden aber
purpurn gefleckt. Die Basen der Drüsen wurden vielfach mehr afficirt,
als ihre Spitzen. Als das Blatt in der starken Lösung gelassen wurde,
trat keinerlei Einbiegung oder Zusammenballung ein.
10. Versuch. — Ein Blatt wurde in Wasser von 65,5°C. (150° bis
150½° F.) gelegt; es wurde etwas welk, die äuszeren Tentakeln unbe-
deutend zurückgebogen, die inneren ein wenig nach innen gebogen, aber
nur nach ihrer Spitze zu; diese letztere Thatsache zeigt, dasz die Bewe-
gung keine wahre Einbiegung war, da im normalen Zustande der basale
Theil allein sich biegt. Die Tentakeln waren wie gewöhnlich sehr hell
roth geworden, die Drüsen beinahe weisz wie Porzellan, doch etwas rosa
gefärbt. Nachdem das Blatt in die starke Lösung gelegt worden war,
wurde der Inhalt der Zellen der Tentakeln schmutzig braun ohne irgend
eine Spur von Zusammenballen.
11. Versuch. — Ein Blatt wurde in Wasser von 62,7°C. (145°F.)
gelegt, welches auf 68,8°C. (150° F.) erwärmt wurde. Die Tentakeln
wurden hell roth und etwas zurückgebogen, die Drüsen beinahe sämmtlich
wie Porzellan; diejenigen auf der Blattscheibe blieben etwas rosa, die-
jenigen in der Nähe des Randes wurden vollständig weisz. Nachdem das
Blatt erst wie gewöhnlich in kaltes Wasser gelegt und dann in die starke
Lösung gebracht worden war, wurden die Zellen in den Tentakeln schmutzig
grünlich braun, das Protoplasma nicht zusammengeballt. Nichtsdestoweni-
ger entgiengen vier von den Drüsen der Verwandlung in den porzellan-
artigen Zustand, die Stiele dieser Drüsen wurden nach ihren oberen En-
den hin spiral aufgekrümmt wie ein Waldhorn; dies kann indessen in
keiner Weise als ein Fall von echter Einbiegung betrachtet werden. Das
Protoplasma innerhalb der Zellen der gedachten Partie wurde in deut-
liche, wenn schon äuszerst minutiöse purpurne Kügelchen zusammengeballt.
Dieser Fall zeigt deutlich, dasz das Protoplasma, nachdem es einige we-
nige Minuten lang einer hohen Temperatur ausgesetzt worden ist, der
Zusammenballung fähig ist, wenn es später der Einwirkung des kohlen-
sauren Ammoniaks ausgesetzt wird; vorausgesetzt, dasz die Hitze nicht
hoch genug gewesen ist, eine Gerinnung zu verursachen.

Schluszbemerkungen. — Da die haarähnlichen Tentakeln
äuszerst dünn sind und zarte Wandungen haben, da ferner die Blätter

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[63/0077] Cap. 4. Versuche über die Wirkung der Wärme. porzellanartigen Gebilden gefleckt, welche durch kochendes Wasser’ hervor- gebracht werden. Ich habe dies Resultat in keinem einzigen anderen Falle bei einer so niedern Temperatur, 60°C., eintreten sehen, und nur bei einem einzigen Blatte unter vieren nach ähnlichem Eintauchen in Wasser von 62,7°C. (145° F.). Andrerseits wurden an zwei Blättern, von denen das eine in Wasser von 62,7°C. (145° F.), das andere in Wasser von 60°C. (140° F.) gelegt und bis zum Abkühlen des Wassers darin ge- lassen worden war, die Drüsen in beiden Fällen weisz und porzellanartig. Es ist daher die Dauer des Eintauchens ein bedeutungsvolles Element für das Resultat. 9. Versuch. — Ein Blatt wurde in Wasser von 60°C. (140° F.) gethan, was auf 65,5°C. (150° F.) erwärmt wurde; es trat keine Einbie- gung ein; im Gegentheil bogen sich die äuszeren Tentakeln etwas rück- wärts. Die Drüsen wurden wie Porzellan; einige von ihnen wurden aber purpurn gefleckt. Die Basen der Drüsen wurden vielfach mehr afficirt, als ihre Spitzen. Als das Blatt in der starken Lösung gelassen wurde, trat keinerlei Einbiegung oder Zusammenballung ein. 10. Versuch. — Ein Blatt wurde in Wasser von 65,5°C. (150° bis 150½° F.) gelegt; es wurde etwas welk, die äuszeren Tentakeln unbe- deutend zurückgebogen, die inneren ein wenig nach innen gebogen, aber nur nach ihrer Spitze zu; diese letztere Thatsache zeigt, dasz die Bewe- gung keine wahre Einbiegung war, da im normalen Zustande der basale Theil allein sich biegt. Die Tentakeln waren wie gewöhnlich sehr hell roth geworden, die Drüsen beinahe weisz wie Porzellan, doch etwas rosa gefärbt. Nachdem das Blatt in die starke Lösung gelegt worden war, wurde der Inhalt der Zellen der Tentakeln schmutzig braun ohne irgend eine Spur von Zusammenballen. 11. Versuch. — Ein Blatt wurde in Wasser von 62,7°C. (145°F.) gelegt, welches auf 68,8°C. (150° F.) erwärmt wurde. Die Tentakeln wurden hell roth und etwas zurückgebogen, die Drüsen beinahe sämmtlich wie Porzellan; diejenigen auf der Blattscheibe blieben etwas rosa, die- jenigen in der Nähe des Randes wurden vollständig weisz. Nachdem das Blatt erst wie gewöhnlich in kaltes Wasser gelegt und dann in die starke Lösung gebracht worden war, wurden die Zellen in den Tentakeln schmutzig grünlich braun, das Protoplasma nicht zusammengeballt. Nichtsdestoweni- ger entgiengen vier von den Drüsen der Verwandlung in den porzellan- artigen Zustand, die Stiele dieser Drüsen wurden nach ihren oberen En- den hin spiral aufgekrümmt wie ein Waldhorn; dies kann indessen in keiner Weise als ein Fall von echter Einbiegung betrachtet werden. Das Protoplasma innerhalb der Zellen der gedachten Partie wurde in deut- liche, wenn schon äuszerst minutiöse purpurne Kügelchen zusammengeballt. Dieser Fall zeigt deutlich, dasz das Protoplasma, nachdem es einige we- nige Minuten lang einer hohen Temperatur ausgesetzt worden ist, der Zusammenballung fähig ist, wenn es später der Einwirkung des kohlen- sauren Ammoniaks ausgesetzt wird; vorausgesetzt, dasz die Hitze nicht hoch genug gewesen ist, eine Gerinnung zu verursachen. Schluszbemerkungen. — Da die haarähnlichen Tentakeln äuszerst dünn sind und zarte Wandungen haben, da ferner die Blätter

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Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/77>, abgerufen am 29.04.2024.