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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

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Cap. 5. Wirkung stickstoffloser Substanzen.
denen Stärkegraden (deren schwächste einen Theil Zucker auf 73 Theile
Wasser enthielt) wurden auf vierzehn Blättern von 32 bis 48 Stunden
gelassen; es wurde aber keine Wirkung hervorgebracht.

Stärke. -- Eine Mischung, ungefähr so dick wie Sahne, wurde auf
sechs Blätter getropft und 20 Stunden auf denselben gelassen, ohne dasz
eine Wirkung hervorgebracht worden wäre. Diese Thatsache überrascht
mich, da ich glaube, dasz die Stärke im gewöhnlichen Handel meistens
eine Spur von Leim enthält, und diese stickstoffhaltige Substanz Einbie-
gung verursacht, wie wir im nächsten Capitel sehen werden.

Verdünnter Alkohol. -- Ein Theil Alkohol wurde auf sieben
Theile Wasser zugesetzt und Tropfen hiervon wie gewöhnlich auf die
Scheibe von drei Blättern gebracht. Im Laufe von 48 Stunden erfolgte
keine Einbiegung. Um mich zu vergewissern, ob diese Blätter in keiner
Weise beschädigt worden seien, wurden Stückchen Fleisch auf sie gelegt,
und nach 24 Stunden waren dieselben dicht umfaszt. Ich brachte auch
Tropfen von Sherry-Wein auf die andern Blätter; sie verursachten keine
Einbiegung, doch schienen zwei Blätter etwas beschädigt zu sein. Wir
werden später noch sehen, dasz abgeschnittene Blätter, wenn sie in ver-
dünnten Alkohol von der angegebenen Stärke gelegt werden, nicht ein-
gebogen werden.

Oliven-Öl. -- Es wurden Tropfen hiervon auf elf Blätter ge-
bracht, und in einer Zeit von 24 bis 48 Stunden wurde keine Wirkung
hervorgebracht. Vier dieser Blätter wurden dann mit auf ihre Schei-
ben gebrachten Fleischstückchen probirt; drei derselben fand ich nach
24 Stunden mit ihren sämmtlichen Tentakeln und Rändern dicht eingebo-
gen, während am vierten nur einige wenige Tentakeln eingebogen waren.
In einem spätern Capitel wird indessen gezeigt werden, dasz abgeschnittene
Blätter beim Eintauchen in Oliven-Öl stark afficirt werden.

Aufgusz und Abkochung von Thee. -- Tropfen eines starken
Aufgusses und einer starken Abkochung wurden ebenso wie Tropfen einer
ziemlich schwachen Abkochung von Thee auf zehn Blätter gebracht; kei-
nes derselben wurde eingebogen. Ich prüfte später drei dieser Blätter
dadurch, dasz ich Fleischstückchen zu den Tropfen hinzuthat, die noch
immer auf den Blattscheiben liegen blieben; und als ich sie nach 24
Stunden untersuchte, waren sie dicht eingebogen. Der chemische Grund-
stoff des Thee's, das Thein, wurde später gleichfalls versucht und brachte
keine Wirkung hervor. Die eiweiszartige Substanz, welche die Theeblätter
ursprünglich besessen haben müssen, war ohne Zweifel dadurch unlöslich
gemacht worden, dasz die Blätter vollkommen getrocknet worden waren.

Wir sehen hieraus, dasz mit Ausschlusz der Experimente mit
Wasser ein und sechzig Blätter mit Tropfen der obengenannten nicht
stickstoffhaltigen Flüssigkeiten versucht wurden; die Tentakeln wur-
den nicht in einem einzigen Falle eingebogen.

Was die stickstoffhaltigen Flüssigkeiten betrifft, so wurden die ersten,
welche mir in die Hand kamen, versucht. Die Experimente wurden in
derselben Zeit und in genau derselben Art und Weise angestellt wie die

Cap. 5. Wirkung stickstoffloser Substanzen.
denen Stärkegraden (deren schwächste einen Theil Zucker auf 73 Theile
Wasser enthielt) wurden auf vierzehn Blättern von 32 bis 48 Stunden
gelassen; es wurde aber keine Wirkung hervorgebracht.

Stärke. — Eine Mischung, ungefähr so dick wie Sahne, wurde auf
sechs Blätter getropft und 20 Stunden auf denselben gelassen, ohne dasz
eine Wirkung hervorgebracht worden wäre. Diese Thatsache überrascht
mich, da ich glaube, dasz die Stärke im gewöhnlichen Handel meistens
eine Spur von Leim enthält, und diese stickstoffhaltige Substanz Einbie-
gung verursacht, wie wir im nächsten Capitel sehen werden.

Verdünnter Alkohol. — Ein Theil Alkohol wurde auf sieben
Theile Wasser zugesetzt und Tropfen hiervon wie gewöhnlich auf die
Scheibe von drei Blättern gebracht. Im Laufe von 48 Stunden erfolgte
keine Einbiegung. Um mich zu vergewissern, ob diese Blätter in keiner
Weise beschädigt worden seien, wurden Stückchen Fleisch auf sie gelegt,
und nach 24 Stunden waren dieselben dicht umfaszt. Ich brachte auch
Tropfen von Sherry-Wein auf die andern Blätter; sie verursachten keine
Einbiegung, doch schienen zwei Blätter etwas beschädigt zu sein. Wir
werden später noch sehen, dasz abgeschnittene Blätter, wenn sie in ver-
dünnten Alkohol von der angegebenen Stärke gelegt werden, nicht ein-
gebogen werden.

Oliven-Öl. — Es wurden Tropfen hiervon auf elf Blätter ge-
bracht, und in einer Zeit von 24 bis 48 Stunden wurde keine Wirkung
hervorgebracht. Vier dieser Blätter wurden dann mit auf ihre Schei-
ben gebrachten Fleischstückchen probirt; drei derselben fand ich nach
24 Stunden mit ihren sämmtlichen Tentakeln und Rändern dicht eingebo-
gen, während am vierten nur einige wenige Tentakeln eingebogen waren.
In einem spätern Capitel wird indessen gezeigt werden, dasz abgeschnittene
Blätter beim Eintauchen in Oliven-Öl stark afficirt werden.

Aufgusz und Abkochung von Thee. — Tropfen eines starken
Aufgusses und einer starken Abkochung wurden ebenso wie Tropfen einer
ziemlich schwachen Abkochung von Thee auf zehn Blätter gebracht; kei-
nes derselben wurde eingebogen. Ich prüfte später drei dieser Blätter
dadurch, dasz ich Fleischstückchen zu den Tropfen hinzuthat, die noch
immer auf den Blattscheiben liegen blieben; und als ich sie nach 24
Stunden untersuchte, waren sie dicht eingebogen. Der chemische Grund-
stoff des Thee’s, das Thein, wurde später gleichfalls versucht und brachte
keine Wirkung hervor. Die eiweiszartige Substanz, welche die Theeblätter
ursprünglich besessen haben müssen, war ohne Zweifel dadurch unlöslich
gemacht worden, dasz die Blätter vollkommen getrocknet worden waren.

Wir sehen hieraus, dasz mit Ausschlusz der Experimente mit
Wasser ein und sechzig Blätter mit Tropfen der obengenannten nicht
stickstoffhaltigen Flüssigkeiten versucht wurden; die Tentakeln wur-
den nicht in einem einzigen Falle eingebogen.

Was die stickstoffhaltigen Flüssigkeiten betrifft, so wurden die ersten,
welche mir in die Hand kamen, versucht. Die Experimente wurden in
derselben Zeit und in genau derselben Art und Weise angestellt wie die

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[69/0083] Cap. 5. Wirkung stickstoffloser Substanzen. denen Stärkegraden (deren schwächste einen Theil Zucker auf 73 Theile Wasser enthielt) wurden auf vierzehn Blättern von 32 bis 48 Stunden gelassen; es wurde aber keine Wirkung hervorgebracht. Stärke. — Eine Mischung, ungefähr so dick wie Sahne, wurde auf sechs Blätter getropft und 20 Stunden auf denselben gelassen, ohne dasz eine Wirkung hervorgebracht worden wäre. Diese Thatsache überrascht mich, da ich glaube, dasz die Stärke im gewöhnlichen Handel meistens eine Spur von Leim enthält, und diese stickstoffhaltige Substanz Einbie- gung verursacht, wie wir im nächsten Capitel sehen werden. Verdünnter Alkohol. — Ein Theil Alkohol wurde auf sieben Theile Wasser zugesetzt und Tropfen hiervon wie gewöhnlich auf die Scheibe von drei Blättern gebracht. Im Laufe von 48 Stunden erfolgte keine Einbiegung. Um mich zu vergewissern, ob diese Blätter in keiner Weise beschädigt worden seien, wurden Stückchen Fleisch auf sie gelegt, und nach 24 Stunden waren dieselben dicht umfaszt. Ich brachte auch Tropfen von Sherry-Wein auf die andern Blätter; sie verursachten keine Einbiegung, doch schienen zwei Blätter etwas beschädigt zu sein. Wir werden später noch sehen, dasz abgeschnittene Blätter, wenn sie in ver- dünnten Alkohol von der angegebenen Stärke gelegt werden, nicht ein- gebogen werden. Oliven-Öl. — Es wurden Tropfen hiervon auf elf Blätter ge- bracht, und in einer Zeit von 24 bis 48 Stunden wurde keine Wirkung hervorgebracht. Vier dieser Blätter wurden dann mit auf ihre Schei- ben gebrachten Fleischstückchen probirt; drei derselben fand ich nach 24 Stunden mit ihren sämmtlichen Tentakeln und Rändern dicht eingebo- gen, während am vierten nur einige wenige Tentakeln eingebogen waren. In einem spätern Capitel wird indessen gezeigt werden, dasz abgeschnittene Blätter beim Eintauchen in Oliven-Öl stark afficirt werden. Aufgusz und Abkochung von Thee. — Tropfen eines starken Aufgusses und einer starken Abkochung wurden ebenso wie Tropfen einer ziemlich schwachen Abkochung von Thee auf zehn Blätter gebracht; kei- nes derselben wurde eingebogen. Ich prüfte später drei dieser Blätter dadurch, dasz ich Fleischstückchen zu den Tropfen hinzuthat, die noch immer auf den Blattscheiben liegen blieben; und als ich sie nach 24 Stunden untersuchte, waren sie dicht eingebogen. Der chemische Grund- stoff des Thee’s, das Thein, wurde später gleichfalls versucht und brachte keine Wirkung hervor. Die eiweiszartige Substanz, welche die Theeblätter ursprünglich besessen haben müssen, war ohne Zweifel dadurch unlöslich gemacht worden, dasz die Blätter vollkommen getrocknet worden waren. Wir sehen hieraus, dasz mit Ausschlusz der Experimente mit Wasser ein und sechzig Blätter mit Tropfen der obengenannten nicht stickstoffhaltigen Flüssigkeiten versucht wurden; die Tentakeln wur- den nicht in einem einzigen Falle eingebogen. Was die stickstoffhaltigen Flüssigkeiten betrifft, so wurden die ersten, welche mir in die Hand kamen, versucht. Die Experimente wurden in derselben Zeit und in genau derselben Art und Weise angestellt wie die

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Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/83>, abgerufen am 28.04.2024.