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Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859.

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historischer Form, Weltstellung und Bethätigung die drei
wichtigsten Nationen des Alterthums, welche die drei im
Papstthume vereinigten, unter I. namhaft gemachten Prin-
cipien und Elemente geliefert haben, womit es sich näher
in folgender Weise verhält.

Das universalistische, weltbeherrschende Römerthum ist
der besondere völker- und weltgeschichtliche Ausdruck des
Vaters gewesen, daher die Römer auch ganz besonders den
erhabenen Götterkönig, den Jupiter optimus maximus, wie
sie ihn mit schönem und würdigem Ausdrucke nannten,
für ihren Gott und Herrn erkannten. Er war die Haupt-
gottheit der römischen Staatsreligion; sein Haupttempel
befand sich auf dem Capitol, daher er Capitolinus hieß. *)
In diesen Tempel pflegte sich nach Valerius Maximus
1, 2, 2 Scipio Africanus zu begeben, bevor er ein
Geschäft vornahm; auch wurde dieser große Römer für einen
Sohn des daselbst verehrten Gottes gehalten. -- Das
Griechenthum mit seiner seherischen und dichterischen Be-
geisterung und Begabung ist die besondere Sphäre des
Geistes gewesen; ihm haben die Hellenen die erhabene Ge-
stalt ihres Apollon gegeben, der als "der Prophet des
Vaters Zeus" **) das weltberühmte Orakel zu Delphi be-
saß. Hier war der Fleck, den man den Nabel oder Mit-
telpunkt der Erde nannte; wovon der leicht zu erkennende
Grund dieser ist, daß man Delphi als das religiöse und
theokratische Centrum der griechischen Welt, der Völker
Griechenlands betrachtete. Es ist erstaunlich, was von da

*) "Die höchste Herrlichkeit und Oberherrschaft über Natur und Welt dachte
sich der Römer in seinem Jupiter Optimus Maximus vereinigt,
der auf dem Capitol seinen Sitz hatte und als Capitolinus Mittel-
punkt der öffentlichen Staatsreligion und sofort auch der Reichsreligion
geworden war." Creutzer, Symbolik. 2. Ausg. II. S. 546.
**) Äschylos Eum. 19.

hiſtoriſcher Form, Weltſtellung und Bethätigung die drei
wichtigſten Nationen des Alterthums, welche die drei im
Papſtthume vereinigten, unter I. namhaft gemachten Prin-
cipien und Elemente geliefert haben, womit es ſich näher
in folgender Weiſe verhält.

Das univerſaliſtiſche, weltbeherrſchende Römerthum iſt
der beſondere völker- und weltgeſchichtliche Ausdruck des
Vaters geweſen, daher die Römer auch ganz beſonders den
erhabenen Götterkönig, den Jupiter optimus maximus, wie
ſie ihn mit ſchönem und würdigem Ausdrucke nannten,
für ihren Gott und Herrn erkannten. Er war die Haupt-
gottheit der römiſchen Staatsreligion; ſein Haupttempel
befand ſich auf dem Capitol, daher er Capitolinus hieß. *)
In dieſen Tempel pflegte ſich nach Valerius Maximus
1, 2, 2 Scipio Africanus zu begeben, bevor er ein
Geſchäft vornahm; auch wurde dieſer große Römer für einen
Sohn des daſelbſt verehrten Gottes gehalten. — Das
Griechenthum mit ſeiner ſeheriſchen und dichteriſchen Be-
geiſterung und Begabung iſt die beſondere Sphäre des
Geiſtes geweſen; ihm haben die Hellenen die erhabene Ge-
ſtalt ihres Apollon gegeben, der als „der Prophet des
Vaters Zeus“ **) das weltberühmte Orakel zu Delphi be-
ſaß. Hier war der Fleck, den man den Nabel oder Mit-
telpunkt der Erde nannte; wovon der leicht zu erkennende
Grund dieſer iſt, daß man Delphi als das religiöſe und
theokratiſche Centrum der griechiſchen Welt, der Völker
Griechenlands betrachtete. Es iſt erſtaunlich, was von da

*) „Die höchſte Herrlichkeit und Oberherrſchaft über Natur und Welt dachte
ſich der Römer in ſeinem Jupiter Optimus Maximus vereinigt,
der auf dem Capitol ſeinen Sitz hatte und als Capitolinus Mittel-
punkt der öffentlichen Staatsreligion und ſofort auch der Reichsreligion
geworden war.“ Creutzer, Symbolik. 2. Ausg. II. S. 546.
**) Äſchylos Eum. 19.
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[50/0072] hiſtoriſcher Form, Weltſtellung und Bethätigung die drei wichtigſten Nationen des Alterthums, welche die drei im Papſtthume vereinigten, unter I. namhaft gemachten Prin- cipien und Elemente geliefert haben, womit es ſich näher in folgender Weiſe verhält. Das univerſaliſtiſche, weltbeherrſchende Römerthum iſt der beſondere völker- und weltgeſchichtliche Ausdruck des Vaters geweſen, daher die Römer auch ganz beſonders den erhabenen Götterkönig, den Jupiter optimus maximus, wie ſie ihn mit ſchönem und würdigem Ausdrucke nannten, für ihren Gott und Herrn erkannten. Er war die Haupt- gottheit der römiſchen Staatsreligion; ſein Haupttempel befand ſich auf dem Capitol, daher er Capitolinus hieß. *) In dieſen Tempel pflegte ſich nach Valerius Maximus 1, 2, 2 Scipio Africanus zu begeben, bevor er ein Geſchäft vornahm; auch wurde dieſer große Römer für einen Sohn des daſelbſt verehrten Gottes gehalten. — Das Griechenthum mit ſeiner ſeheriſchen und dichteriſchen Be- geiſterung und Begabung iſt die beſondere Sphäre des Geiſtes geweſen; ihm haben die Hellenen die erhabene Ge- ſtalt ihres Apollon gegeben, der als „der Prophet des Vaters Zeus“ **) das weltberühmte Orakel zu Delphi be- ſaß. Hier war der Fleck, den man den Nabel oder Mit- telpunkt der Erde nannte; wovon der leicht zu erkennende Grund dieſer iſt, daß man Delphi als das religiöſe und theokratiſche Centrum der griechiſchen Welt, der Völker Griechenlands betrachtete. Es iſt erſtaunlich, was von da *) „Die höchſte Herrlichkeit und Oberherrſchaft über Natur und Welt dachte ſich der Römer in ſeinem Jupiter Optimus Maximus vereinigt, der auf dem Capitol ſeinen Sitz hatte und als Capitolinus Mittel- punkt der öffentlichen Staatsreligion und ſofort auch der Reichsreligion geworden war.“ Creutzer, Symbolik. 2. Ausg. II. S. 546. **) Äſchylos Eum. 19.

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Zitationshilfe: Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/daumer_krone_1859/72>, abgerufen am 27.04.2024.