Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Devrient, Eduard: Das Nationaltheater des neuen Deutschland. Eine Reformschrift. Leipzig, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

sich grundsätzlich bis auf die letzte Wanderbühne geltend
machen.

Die Directionen der Stadttheater sind -- man darf
sich darüber nicht täuschen -- nichts anderes, als indu¬
strielle Unternehmungen. Die Magistrate oder die Re¬
gierungspolizei, denen bis jetzt die dramatische Kunst
in den Provinzen unterworfen ist, setzen daher auch
ihre höchste Forderung an den Director, bei Uebergabe
des Theaters, in seine Zahlungsfähigkeit.

In welchem Geiste er es führen werde, davon ist
niemals die Frage. Gute Einnahmen gelten für den
Beweis, daß er das Publikum zu unterhalten verstehe,
und wenn dies auch in der geschmackverderblichsten Weise
geschieht, so hat die Behörde ihn deshalb nicht anzu¬
fechten.

Dieser Zustand verändert sich schon durchaus, sobald
die Oberaufsicht von der Landespolizei auf das Cultus¬
ministerium übergeht, dem der Geist der Institute als das
Wesentliche, ihr materieller Bestand nur als dessen
Grundlage gilt. Das Ministerium würde vor Allem darüber
wachen müssen, daß die Directoren der Stadttheater
künstlerisch befähigte und gesinnungstüchtige
Männer seien und daß sie die Verpflichtung

ſich grundſätzlich bis auf die letzte Wanderbühne geltend
machen.

Die Directionen der Stadttheater ſind — man darf
ſich darüber nicht täuſchen — nichts anderes, als indu¬
ſtrielle Unternehmungen. Die Magiſtrate oder die Re¬
gierungspolizei, denen bis jetzt die dramatiſche Kunſt
in den Provinzen unterworfen iſt, ſetzen daher auch
ihre höchſte Forderung an den Director, bei Uebergabe
des Theaters, in ſeine Zahlungsfähigkeit.

In welchem Geiſte er es führen werde, davon iſt
niemals die Frage. Gute Einnahmen gelten für den
Beweis, daß er das Publikum zu unterhalten verſtehe,
und wenn dies auch in der geſchmackverderblichſten Weiſe
geſchieht, ſo hat die Behörde ihn deshalb nicht anzu¬
fechten.

Dieſer Zuſtand verändert ſich ſchon durchaus, ſobald
die Oberaufſicht von der Landespolizei auf das Cultus¬
miniſterium übergeht, dem der Geiſt der Inſtitute als das
Weſentliche, ihr materieller Beſtand nur als deſſen
Grundlage gilt. Das Miniſterium würde vor Allem darüber
wachen müſſen, daß die Directoren der Stadttheater
künſtleriſch befähigte und geſinnungstüchtige
Männer ſeien und daß ſie die Verpflichtung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0081" n="75"/>
&#x017F;ich grund&#x017F;ätzlich bis auf die letzte Wanderbühne geltend<lb/>
machen.</p><lb/>
        <p>Die Directionen der Stadttheater &#x017F;ind &#x2014; man darf<lb/>
&#x017F;ich darüber nicht täu&#x017F;chen &#x2014; nichts anderes, als indu¬<lb/>
&#x017F;trielle Unternehmungen. Die Magi&#x017F;trate oder die Re¬<lb/>
gierungspolizei, denen bis jetzt die dramati&#x017F;che Kun&#x017F;t<lb/>
in den Provinzen unterworfen i&#x017F;t, &#x017F;etzen daher auch<lb/>
ihre höch&#x017F;te Forderung an den Director, bei Uebergabe<lb/>
des Theaters, in &#x017F;eine Zahlungsfähigkeit.</p><lb/>
        <p>In welchem <hi rendition="#g">Gei&#x017F;te</hi> er es führen werde, davon i&#x017F;t<lb/>
niemals die Frage. Gute Einnahmen gelten für den<lb/>
Beweis, daß er das Publikum zu unterhalten ver&#x017F;tehe,<lb/>
und wenn dies auch in der ge&#x017F;chmackverderblich&#x017F;ten Wei&#x017F;e<lb/>
ge&#x017F;chieht, &#x017F;o hat die Behörde ihn deshalb nicht anzu¬<lb/>
fechten.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;er Zu&#x017F;tand verändert &#x017F;ich &#x017F;chon durchaus, &#x017F;obald<lb/>
die Oberauf&#x017F;icht von der Landespolizei auf das Cultus¬<lb/>
mini&#x017F;terium übergeht, dem der <hi rendition="#g">Gei&#x017F;t</hi> der In&#x017F;titute als das<lb/>
We&#x017F;entliche, ihr <hi rendition="#g">materieller Be&#x017F;tand</hi> nur als de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Grundlage gilt. Das Mini&#x017F;terium würde vor Allem darüber<lb/>
wachen mü&#x017F;&#x017F;en, <hi rendition="#g">daß die Directoren der Stadttheater<lb/>
kün&#x017F;tleri&#x017F;ch befähigte und ge&#x017F;innungstüchtige<lb/>
Männer &#x017F;eien und daß &#x017F;ie die Verpflichtung<lb/></hi></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0081] ſich grundſätzlich bis auf die letzte Wanderbühne geltend machen. Die Directionen der Stadttheater ſind — man darf ſich darüber nicht täuſchen — nichts anderes, als indu¬ ſtrielle Unternehmungen. Die Magiſtrate oder die Re¬ gierungspolizei, denen bis jetzt die dramatiſche Kunſt in den Provinzen unterworfen iſt, ſetzen daher auch ihre höchſte Forderung an den Director, bei Uebergabe des Theaters, in ſeine Zahlungsfähigkeit. In welchem Geiſte er es führen werde, davon iſt niemals die Frage. Gute Einnahmen gelten für den Beweis, daß er das Publikum zu unterhalten verſtehe, und wenn dies auch in der geſchmackverderblichſten Weiſe geſchieht, ſo hat die Behörde ihn deshalb nicht anzu¬ fechten. Dieſer Zuſtand verändert ſich ſchon durchaus, ſobald die Oberaufſicht von der Landespolizei auf das Cultus¬ miniſterium übergeht, dem der Geiſt der Inſtitute als das Weſentliche, ihr materieller Beſtand nur als deſſen Grundlage gilt. Das Miniſterium würde vor Allem darüber wachen müſſen, daß die Directoren der Stadttheater künſtleriſch befähigte und geſinnungstüchtige Männer ſeien und daß ſie die Verpflichtung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/devrient_nationaltheater_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/devrient_nationaltheater_1849/81
Zitationshilfe: Devrient, Eduard: Das Nationaltheater des neuen Deutschland. Eine Reformschrift. Leipzig, 1849, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/devrient_nationaltheater_1849/81>, abgerufen am 29.04.2024.