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Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

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Als sie den Bär ans Schiff gebracht hatten, wurde er mit der Schlinge umb den Hals so hinaufgewunden, daß er notwendig erworgen mußte mit seinem schweren Körper.

Allein, als er über Bord ins Schiff geworfen wurde, und eine gute Zeit vor tot gelegen, so richtet' er sich mit einmal wieder auf, und - auf die Leute los! Da hätte man sollen sehen, wie alles Volk in die Wände, das ist in die Strickleitern am großen Mast, hinaufliefe (ich selbst mußte mich also retirieren), bis daß der Kommandeur aus der Kajüt mit einer Flinte kam und den Bär durch den Kopf schoß. Da war die Komödie aus und wurde er geschlacht, sein weiß Kleid ausgezogen und er gegessen.

Ohngefähr schreit die Wachte auf dem großen Mastkorb: "Land, Land!" Da wurd jeder froh; machten die Anker zurecht und liefen unter einem Sturm zwischen die Klippen ins Waigat ein. Wir wurfen die Anker und setzten die Schaluppen ins Meer. Das erste war, daß wir die Kranken an Land brachten, welche wie das Viehe zum Teil mit dem Maul das Schlath, welches eine Art Kraut, fast wie das Löffelkraut, van der Erde fraßen und in drei Tagen alle gesund wurden.

Wir hatten Mangel an frischem Wasser. Deshalb wir Reviere suchten und fanden, welche von dem Schneetau entstehen, der von den hohen Felsen häufig und mit großem Brausen herabfällt und große Ströme macht.

Ich habe mit Erstaunen gesehen, was für unbeschreibliche Menge von allerhand Vögeln, wilden Gänsen, Enten, Fasan, Papagei, Eisvögeln und vielhundertlei mehr, auf den Klippen, Eiländern und kleinen Insuln waren. Deshalb unsere Leute zur Erfrischung auf den Inselchen die Eier holeten und aßen. Probireten selbige aber erstlich auf Wasser, die da schwammen und untersunken. Die aßen wir alle Tage, gekocht, sauergemacht, auf Butter

Als sie den Bär ans Schiff gebracht hatten, wurde er mit der Schlinge umb den Hals so hinaufgewunden, daß er notwendig erworgen mußte mit seinem schweren Körper.

Allein, als er über Bord ins Schiff geworfen wurde, und eine gute Zeit vor tot gelegen, so richtet’ er sich mit einmal wieder auf, und – auf die Leute los! Da hätte man sollen sehen, wie alles Volk in die Wände, das ist in die Strickleitern am großen Mast, hinaufliefe (ich selbst mußte mich also retirieren), bis daß der Kommandeur aus der Kajüt mit einer Flinte kam und den Bär durch den Kopf schoß. Da war die Komödie aus und wurde er geschlacht, sein weiß Kleid ausgezogen und er gegessen.

Ohngefähr schreit die Wachte auf dem großen Mastkorb: „Land, Land!“ Da wurd jeder froh; machten die Anker zurecht und liefen unter einem Sturm zwischen die Klippen ins Waigat ein. Wir wurfen die Anker und setzten die Schaluppen ins Meer. Das erste war, daß wir die Kranken an Land brachten, welche wie das Viehe zum Teil mit dem Maul das Schlath, welches eine Art Kraut, fast wie das Löffelkraut, van der Erde fraßen und in drei Tagen alle gesund wurden.

Wir hatten Mangel an frischem Wasser. Deshalb wir Reviere suchten und fanden, welche von dem Schneetau entstehen, der von den hohen Felsen häufig und mit großem Brausen herabfällt und große Ströme macht.

Ich habe mit Erstaunen gesehen, was für unbeschreibliche Menge von allerhand Vögeln, wilden Gänsen, Enten, Fasan, Papagei, Eisvögeln und vielhundertlei mehr, auf den Klippen, Eiländern und kleinen Insuln waren. Deshalb unsere Leute zur Erfrischung auf den Inselchen die Eier holeten und aßen. Probireten selbige aber erstlich auf Wasser, die da schwammen und untersunken. Die aßen wir alle Tage, gekocht, sauergemacht, auf Butter

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[0141] Als sie den Bär ans Schiff gebracht hatten, wurde er mit der Schlinge umb den Hals so hinaufgewunden, daß er notwendig erworgen mußte mit seinem schweren Körper. Allein, als er über Bord ins Schiff geworfen wurde, und eine gute Zeit vor tot gelegen, so richtet’ er sich mit einmal wieder auf, und – auf die Leute los! Da hätte man sollen sehen, wie alles Volk in die Wände, das ist in die Strickleitern am großen Mast, hinaufliefe (ich selbst mußte mich also retirieren), bis daß der Kommandeur aus der Kajüt mit einer Flinte kam und den Bär durch den Kopf schoß. Da war die Komödie aus und wurde er geschlacht, sein weiß Kleid ausgezogen und er gegessen. Ohngefähr schreit die Wachte auf dem großen Mastkorb: „Land, Land!“ Da wurd jeder froh; machten die Anker zurecht und liefen unter einem Sturm zwischen die Klippen ins Waigat ein. Wir wurfen die Anker und setzten die Schaluppen ins Meer. Das erste war, daß wir die Kranken an Land brachten, welche wie das Viehe zum Teil mit dem Maul das Schlath, welches eine Art Kraut, fast wie das Löffelkraut, van der Erde fraßen und in drei Tagen alle gesund wurden. Wir hatten Mangel an frischem Wasser. Deshalb wir Reviere suchten und fanden, welche von dem Schneetau entstehen, der von den hohen Felsen häufig und mit großem Brausen herabfällt und große Ströme macht. Ich habe mit Erstaunen gesehen, was für unbeschreibliche Menge von allerhand Vögeln, wilden Gänsen, Enten, Fasan, Papagei, Eisvögeln und vielhundertlei mehr, auf den Klippen, Eiländern und kleinen Insuln waren. Deshalb unsere Leute zur Erfrischung auf den Inselchen die Eier holeten und aßen. Probireten selbige aber erstlich auf Wasser, die da schwammen und untersunken. Die aßen wir alle Tage, gekocht, sauergemacht, auf Butter

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Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/141>, abgerufen am 26.04.2024.