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Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

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Gemach, wenn ihm etwas fehlete, bei ihm zu sein, einzugeben und die Glieder zu reiben und zu schmieren, daß er in vierzehen Wochen vollkommen wieder zurecht kam.

Es war ein portugiesischer reicher Jude in Hamburg, Texera genannt, welcher fast täglich bei meinen Herrn kam und mit ihm spielete, umb ganze Haufen Gold, nebenst andern. Der speisete oft mit meinem Herrn. Und als der Koch einsmals Schleien-Fisch mit 'ner gelben Rahmbrühe gemacht, und es dem Juden vortrefflich geschmecket hatte, spricht er zu seinem Koch: "Du machest mir nie so gut Essen." - Der Koch kombt und fraget unsern Koch. Dieser sagt's seinem Herrn, daß es Schlei' gewesen.

Da fänget der Jude an, sich zu verfluchen und speiet, denn sie dürfen keinen Fisch ohne Schuppen essen; doch es war geschehen; und trauete er nicht mehr.

Des Judens Diener, deren wohl vier bis fünf, waren stetig bei uns. Und weil wir nicht viel zu thun hatten, so spieleten wir auch, entweder mit Karten oder Würfel, sie kriegeten mich auch einmal dazu. Und verlor ich in einem Ritt vierzig Thaler. Es wurd mir ganz grün und gehl vor den Augen, und wußte ich nicht, wie mir geschach. Weil ich Vorrat hatte, setzte ich desperat wieder an und gewann mein Geld alle wieder, bis auf sechszehen Groschen. Ich warf noch sechszehen Groschen, zu vertrinken, hin und sagte mich aus. Habe auch mein Tage nicht wieder umb Geld gespielet; denn ich gesehen, wie solches arm und desperat machet, Wunden und Tod bringet.

Man pfleget zwar zu sagen: man habe sein Lebetag keinen reichen Spieler gesehen. Ich habe aber in

Gemach, wenn ihm etwas fehlete, bei ihm zu sein, einzugeben und die Glieder zu reiben und zu schmieren, daß er in vierzehen Wochen vollkommen wieder zurecht kam.

Es war ein portugiesischer reicher Jude in Hamburg, Texera genannt, welcher fast täglich bei meinen Herrn kam und mit ihm spielete, umb ganze Haufen Gold, nebenst andern. Der speisete oft mit meinem Herrn. Und als der Koch einsmals Schleien-Fisch mit ’ner gelben Rahmbrühe gemacht, und es dem Juden vortrefflich geschmecket hatte, spricht er zu seinem Koch: „Du machest mir nie so gut Essen.“ – Der Koch kombt und fraget unsern Koch. Dieser sagt’s seinem Herrn, daß es Schlei’ gewesen.

Da fänget der Jude an, sich zu verfluchen und speiet, denn sie dürfen keinen Fisch ohne Schuppen essen; doch es war geschehen; und trauete er nicht mehr.

Des Judens Diener, deren wohl vier bis fünf, waren stetig bei uns. Und weil wir nicht viel zu thun hatten, so spieleten wir auch, entweder mit Karten oder Würfel, sie kriegeten mich auch einmal dazu. Und verlor ich in einem Ritt vierzig Thaler. Es wurd mir ganz grün und gehl vor den Augen, und wußte ich nicht, wie mir geschach. Weil ich Vorrat hatte, setzte ich desperat wieder an und gewann mein Geld alle wieder, bis auf sechszehen Groschen. Ich warf noch sechszehen Groschen, zu vertrinken, hin und sagte mich aus. Habe auch mein Tage nicht wieder umb Geld gespielet; denn ich gesehen, wie solches arm und desperat machet, Wunden und Tod bringet.

Man pfleget zwar zu sagen: man habe sein Lebetag keinen reichen Spieler gesehen. Ich habe aber in

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[0192] Gemach, wenn ihm etwas fehlete, bei ihm zu sein, einzugeben und die Glieder zu reiben und zu schmieren, daß er in vierzehen Wochen vollkommen wieder zurecht kam. Es war ein portugiesischer reicher Jude in Hamburg, Texera genannt, welcher fast täglich bei meinen Herrn kam und mit ihm spielete, umb ganze Haufen Gold, nebenst andern. Der speisete oft mit meinem Herrn. Und als der Koch einsmals Schleien-Fisch mit ’ner gelben Rahmbrühe gemacht, und es dem Juden vortrefflich geschmecket hatte, spricht er zu seinem Koch: „Du machest mir nie so gut Essen.“ – Der Koch kombt und fraget unsern Koch. Dieser sagt’s seinem Herrn, daß es Schlei’ gewesen. Da fänget der Jude an, sich zu verfluchen und speiet, denn sie dürfen keinen Fisch ohne Schuppen essen; doch es war geschehen; und trauete er nicht mehr. Des Judens Diener, deren wohl vier bis fünf, waren stetig bei uns. Und weil wir nicht viel zu thun hatten, so spieleten wir auch, entweder mit Karten oder Würfel, sie kriegeten mich auch einmal dazu. Und verlor ich in einem Ritt vierzig Thaler. Es wurd mir ganz grün und gehl vor den Augen, und wußte ich nicht, wie mir geschach. Weil ich Vorrat hatte, setzte ich desperat wieder an und gewann mein Geld alle wieder, bis auf sechszehen Groschen. Ich warf noch sechszehen Groschen, zu vertrinken, hin und sagte mich aus. Habe auch mein Tage nicht wieder umb Geld gespielet; denn ich gesehen, wie solches arm und desperat machet, Wunden und Tod bringet. Man pfleget zwar zu sagen: man habe sein Lebetag keinen reichen Spieler gesehen. Ich habe aber in

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Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/192>, abgerufen am 26.04.2024.