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Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

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wir friedlich zusammenleben, und die Frau zu Hause gehen. Inmaßen die Ehescheidung, gestalten Sachen nach, nicht stattfände. - Dergleichen Abschied haben wir wohl dreimal miteinander bekommen.

Aber, was es mich vor Geld kostet', ist nicht zu sagen! Denn es meistens darauf auskam, daß sie mir hernach mit guten Worten die Unkosten abgebettelt.

Vor diesmal gingen wir auch miteinander wieder heim. Und die Leut sagten: "O, ihr Leute, seid einander wert; behaltet's Geld und thut euch dafür was zu gute, das ist besser; itzt einen Karpen und 'ne Kanne Wein zur neuen Hochzeit!" - Das that ich auch, kaufte gleich einen Karpen und ließ Wein holen. Da war's eine Zeitlang wieder gut.

Wann ich Sommerszeit, des Abends bis umb elf und zwölf Uhr im Garten und bei einer alten Scheune Löcher vorbei mußte, höreten wir allemal ein hart und laut Gestöhne, wie ein kranker Mensch pfleget zu stöhnen. Ich sagte zu meiner Frau: "Höre, was ist das?" - schickte auch hin zu Jonas Herolden, welchem die Scheune war: ob jemand darin, der krank wäre? - Er, ließ aber sagen: wüßte von nichts; denn die Scheune in drei Jahren nicht gebraucht noch aufgemacht worden.

Als ich das Stöhnen wieder hörete, sagte ich zu ihr: "Hier stehet was versetzet in; ich muß die Scheune kaufen."

Ging auch des Morgens hin und erhandelte solche vor zweihundertsechzig Thaler. Denn es war noch gut, brauchbar Holz und Dachziegel auf. Darauf trieb ich den Bau fort; denn ich hatte mich dem publico verbunden, bei zwanzig Thaler jährlicher strafe ein bürgerliches kontribuables Haus auf die erkaufte Brandstelle zu bauen.

Ich reisete nach Naumburg und kaufte vor etliche achtzig Thaler Holz. Macht meine eigene Risse, wie die

wir friedlich zusammenleben, und die Frau zu Hause gehen. Inmaßen die Ehescheidung, gestalten Sachen nach, nicht stattfände. – Dergleichen Abschied haben wir wohl dreimal miteinander bekommen.

Aber, was es mich vor Geld kostet’, ist nicht zu sagen! Denn es meistens darauf auskam, daß sie mir hernach mit guten Worten die Unkosten abgebettelt.

Vor diesmal gingen wir auch miteinander wieder heim. Und die Leut sagten: „O, ihr Leute, seid einander wert; behaltet’s Geld und thut euch dafür was zu gute, das ist besser; itzt einen Karpen und ’ne Kanne Wein zur neuen Hochzeit!“ – Das that ich auch, kaufte gleich einen Karpen und ließ Wein holen. Da war’s eine Zeitlang wieder gut.

Wann ich Sommerszeit, des Abends bis umb elf und zwölf Uhr im Garten und bei einer alten Scheune Löcher vorbei mußte, höreten wir allemal ein hart und laut Gestöhne, wie ein kranker Mensch pfleget zu stöhnen. Ich sagte zu meiner Frau: „Höre, was ist das?“ – schickte auch hin zu Jonas Herolden, welchem die Scheune war: ob jemand darin, der krank wäre? – Er, ließ aber sagen: wüßte von nichts; denn die Scheune in drei Jahren nicht gebraucht noch aufgemacht worden.

Als ich das Stöhnen wieder hörete, sagte ich zu ihr: „Hier stehet was versetzet in; ich muß die Scheune kaufen.“

Ging auch des Morgens hin und erhandelte solche vor zweihundertsechzig Thaler. Denn es war noch gut, brauchbar Holz und Dachziegel auf. Darauf trieb ich den Bau fort; denn ich hatte mich dem publico verbunden, bei zwanzig Thaler jährlicher strafe ein bürgerliches kontribuables Haus auf die erkaufte Brandstelle zu bauen.

Ich reisete nach Naumburg und kaufte vor etliche achtzig Thaler Holz. Macht meine eigene Risse, wie die

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[0256] wir friedlich zusammenleben, und die Frau zu Hause gehen. Inmaßen die Ehescheidung, gestalten Sachen nach, nicht stattfände. – Dergleichen Abschied haben wir wohl dreimal miteinander bekommen. Aber, was es mich vor Geld kostet’, ist nicht zu sagen! Denn es meistens darauf auskam, daß sie mir hernach mit guten Worten die Unkosten abgebettelt. Vor diesmal gingen wir auch miteinander wieder heim. Und die Leut sagten: „O, ihr Leute, seid einander wert; behaltet’s Geld und thut euch dafür was zu gute, das ist besser; itzt einen Karpen und ’ne Kanne Wein zur neuen Hochzeit!“ – Das that ich auch, kaufte gleich einen Karpen und ließ Wein holen. Da war’s eine Zeitlang wieder gut. Wann ich Sommerszeit, des Abends bis umb elf und zwölf Uhr im Garten und bei einer alten Scheune Löcher vorbei mußte, höreten wir allemal ein hart und laut Gestöhne, wie ein kranker Mensch pfleget zu stöhnen. Ich sagte zu meiner Frau: „Höre, was ist das?“ – schickte auch hin zu Jonas Herolden, welchem die Scheune war: ob jemand darin, der krank wäre? – Er, ließ aber sagen: wüßte von nichts; denn die Scheune in drei Jahren nicht gebraucht noch aufgemacht worden. Als ich das Stöhnen wieder hörete, sagte ich zu ihr: „Hier stehet was versetzet in; ich muß die Scheune kaufen.“ Ging auch des Morgens hin und erhandelte solche vor zweihundertsechzig Thaler. Denn es war noch gut, brauchbar Holz und Dachziegel auf. Darauf trieb ich den Bau fort; denn ich hatte mich dem publico verbunden, bei zwanzig Thaler jährlicher strafe ein bürgerliches kontribuables Haus auf die erkaufte Brandstelle zu bauen. Ich reisete nach Naumburg und kaufte vor etliche achtzig Thaler Holz. Macht meine eigene Risse, wie die

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Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/256>, abgerufen am 30.04.2024.