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Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

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und trieb mich aufs Gewissen. - Die Zeugen hatten wenig oder nichts ausgesaget.

Und weil sich verständige Leute der Sache annahmen: daß's nicht recht, umb einen Hund so viel Eid und Geld aufzuwenden, fuhr endlich der seelige Rath König in der Sache durch und gab dem Hallmeister eine starke Reprimande und sagte zu mir: "Was wollt ihr ihm gutwillig vor den Hund geben?" - Ich sagete (nur von der bösen Sache los zu kommen): "Zwei Thaler." - Der Rath fragete: "Wollt ihr's nehmen? wo nicht, sollt ihr nichts bekommen." - "Nu ja, sagte der Hallmeister, das wär nicht recht. Der Prozeß kost mich sechzundzwanzig Reichsthaler." - "Und wann er euch hundert Thaler kostet, so wärt ihr's wert, warum fanget ihr solche Hundeprozesse an?" - "Zwanzig Thaler will ich han!" sagte Ditrich. - "Nicht zwanzig Pfennige mehr! sagte ich; wir wollen's noch ein Jahr miteinander versuchen, ihr böser Mann! was kann ich vor euren Hund?" - Sein Advokat ging zur Thür hinaus. Meiner auch. Denn sie sahen, daß der Richter zornig war. Ich legte die zwei Reichsthaler aufn Tisch. Er nahm sie endlich weg. Da war der Hunde-Prozeß aus. Aber es ging dem Mann nicht wohl mit seiner ganzen Familie. Denn er war ein Prahlhans und Flucher, verarmete ganz und starb.

In währender Zeit hatte ich die Häuser fertiggebauet und von Fischers Platz Hofraum dazu gegeben; ordentlich mit Hintergebäuden und Ställen. Auch noch in der Schmeerstraße, übers Thor weg, das dritte Haus separat erbauet.

Und zu verwundern: von allen drei Häusern, als die gerichtet wurden, wie gebräuchlich, bei des Zimmermanns Oration alle drei Gläser, so jedes ein Nösel Wein, ausgetrunken,

und trieb mich aufs Gewissen. – Die Zeugen hatten wenig oder nichts ausgesaget.

Und weil sich verständige Leute der Sache annahmen: daß’s nicht recht, umb einen Hund so viel Eid und Geld aufzuwenden, fuhr endlich der seelige Rath König in der Sache durch und gab dem Hallmeister eine starke Reprimande und sagte zu mir: „Was wollt ihr ihm gutwillig vor den Hund geben?“ – Ich sagete (nur von der bösen Sache los zu kommen): „Zwei Thaler.“ – Der Rath fragete: „Wollt ihr’s nehmen? wo nicht, sollt ihr nichts bekommen.“ – „Nu ja, sagte der Hallmeister, das wär nicht recht. Der Prozeß kost mich sechzundzwanzig Reichsthaler.“ – „Und wann er euch hundert Thaler kostet, so wärt ihr’s wert, warum fanget ihr solche Hundeprozesse an?“ – „Zwanzig Thaler will ich han!“ sagte Ditrich. – „Nicht zwanzig Pfennige mehr! sagte ich; wir wollen’s noch ein Jahr miteinander versuchen, ihr böser Mann! was kann ich vor euren Hund?“ – Sein Advokat ging zur Thür hinaus. Meiner auch. Denn sie sahen, daß der Richter zornig war. Ich legte die zwei Reichsthaler aufn Tisch. Er nahm sie endlich weg. Da war der Hunde-Prozeß aus. Aber es ging dem Mann nicht wohl mit seiner ganzen Familie. Denn er war ein Prahlhans und Flucher, verarmete ganz und starb.

In währender Zeit hatte ich die Häuser fertiggebauet und von Fischers Platz Hofraum dazu gegeben; ordentlich mit Hintergebäuden und Ställen. Auch noch in der Schmeerstraße, übers Thor weg, das dritte Haus separat erbauet.

Und zu verwundern: von allen drei Häusern, als die gerichtet wurden, wie gebräuchlich, bei des Zimmermanns Oration alle drei Gläser, so jedes ein Nösel Wein, ausgetrunken,

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Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/262>, abgerufen am 30.04.2024.