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Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

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Türken, die erst Christen gewesen), der da hinge, gehuret, welchen er ertappet und totgestochen, dahier gehangen. Diese müßte aber so lange davon fressen, bis sie verhungerte.

Dergleichen Grausamkeiten werden mehr mit den Weibern vorgenommen. Und haben sie sich wohl zu hüten,denn die Türken sehr jaloux sind.

Ferner. Von unserm Zurückmarsch ist zu berichten, daß die deutschen alliirten Armeen, wie schon gemeldt, den flüchtigen Feind bis hinter Essek verfolget (und unterschiedene, harte Scharmützel vorgingen), welcher aber keinen Stand hielte und sich endlich Griechisch-Weißenburg zum Retirade-Platz machte; daß dies Jahr, weil es schon in ultimo Novembris bis Decembris war, nichts mehr zu thun.

Wir gingen also zurück auf die Festung Komorn. Und weil unsere Pferde alle tot waren, kauften unsere General Schönick, Barfus und Marwitz vor unsere Gelder lauter ungrische Ochsen, welche die Artillerie zogen, unter welcher auch viel eroberte türkische Stück und Mörsel waren, unter andern ein kurbrandenburgisches, so vor alten Zeiten verloren gegangen. Sind noch in Berlin zu sehen.

Wir kampireten bei Komorn auf einer Insul unter Zelten drei Wochen zum Equipieren, da es bereits anfing stark zu schneien. Doch waren wir kleines Häuflein so freudig, daß es wieder nach Hause ging, daß öfters des Morgens, wann die lustige Artillerie-Reveille geschlagen wurde, wir vorm Zelt im Schnee tanzeten, ob wir gleich kein Brot und Geld hatten, weil uns die nachstreifenden Partein den Paß abgeschnitten. Und wir in drei bis vier Tagen kein Brod noch Geld kriegeten und großen Hunger leiden mußten. Denn die Ungern gaben uns nichts, und nicht ein'n Trunk Wasser, ohne Geld;

Türken, die erst Christen gewesen), der da hinge, gehuret, welchen er ertappet und totgestochen, dahier gehangen. Diese müßte aber so lange davon fressen, bis sie verhungerte.

Dergleichen Grausamkeiten werden mehr mit den Weibern vorgenommen. Und haben sie sich wohl zu hüten,denn die Türken sehr jaloux sind.

Ferner. Von unserm Zurückmarsch ist zu berichten, daß die deutschen alliirten Armeen, wie schon gemeldt, den flüchtigen Feind bis hinter Essek verfolget (und unterschiedene, harte Scharmützel vorgingen), welcher aber keinen Stand hielte und sich endlich Griechisch-Weißenburg zum Retirade-Platz machte; daß dies Jahr, weil es schon in ultimo Novembris bis Decembris war, nichts mehr zu thun.

Wir gingen also zurück auf die Festung Komorn. Und weil unsere Pferde alle tot waren, kauften unsere General Schönick, Barfus und Marwitz vor unsere Gelder lauter ungrische Ochsen, welche die Artillerie zogen, unter welcher auch viel eroberte türkische Stück und Mörsel waren, unter andern ein kurbrandenburgisches, so vor alten Zeiten verloren gegangen. Sind noch in Berlin zu sehen.

Wir kampireten bei Komorn auf einer Insul unter Zelten drei Wochen zum Equipieren, da es bereits anfing stark zu schneien. Doch waren wir kleines Häuflein so freudig, daß es wieder nach Hause ging, daß öfters des Morgens, wann die lustige Artillerie-Reveille geschlagen wurde, wir vorm Zelt im Schnee tanzeten, ob wir gleich kein Brot und Geld hatten, weil uns die nachstreifenden Partein den Paß abgeschnitten. Und wir in drei bis vier Tagen kein Brod noch Geld kriegeten und großen Hunger leiden mußten. Denn die Ungern gaben uns nichts, und nicht ein’n Trunk Wasser, ohne Geld;

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Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/81>, abgerufen am 26.04.2024.