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Dincklage, Emmy von: Der Striethast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [180]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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ertragen, und wenn Alle ein paar Vaterunser gebetet hatten, mußte die Alte, trotz des erwärmenden Kaffees, wieder in ihre dicken Federbetten gestaut werden.

Na -- na -- na! klang es hohl und hüstelnd aus der Butze (Wandbettstelle), welche die "scharfe Ecke" der Brinkhofküche bildete, bei Anntrin's Rückkehr; du mußt einen Haufen Plaisir gehabt haben, Kind, daß du so lange ausbleibst -- die Glocke hat schon ausgehoben zu ein Uhr -- na -- na -- so lohnt es nicht mehr, daß du dich niederlegst -- wache und bete -- leg auch ein paar Törfe an -- die Nächte werden schon kalt -- na -- na -- wer war denn Alles da in Sögel?

Anntrin erzählte nun, was sie wußte; sie nannte alle Freunde und Bekannte einzeln, denn die tugendstrenge Sanne war sehr neugierig und behielt die Lebenswege ihrer Umgebung scharf im Auge. Na -- na -- na! -- sagte die Möhe, als Anntrin schwieg, also der Matrose Rolf Evert vom Felgenhof freit jetzt um dich, mein Mädchen?

Obwohl dunkle Röthe über das Gesicht der Erbin zog und einen Moment ihre Augen zornig aufleuchteten, hielt sie doch ihre Ruhe vollständig aufrecht; sie fragte auch nicht, woher die Alte diese Kunde habe, schnell errathend, weßhalb der Dorfdemagoge gefahren war und wozu er seinen Vorsprung vor ihr benutzte. Das Ohr der Schlaflosen war nie offener als bei nächtlichen Audienzen; nichts schmeichelte ihr mehr, als wenn

ertragen, und wenn Alle ein paar Vaterunser gebetet hatten, mußte die Alte, trotz des erwärmenden Kaffees, wieder in ihre dicken Federbetten gestaut werden.

Na — na — na! klang es hohl und hüstelnd aus der Butze (Wandbettstelle), welche die „scharfe Ecke“ der Brinkhofküche bildete, bei Anntrin's Rückkehr; du mußt einen Haufen Plaisir gehabt haben, Kind, daß du so lange ausbleibst — die Glocke hat schon ausgehoben zu ein Uhr — na — na — so lohnt es nicht mehr, daß du dich niederlegst — wache und bete — leg auch ein paar Törfe an — die Nächte werden schon kalt — na — na — wer war denn Alles da in Sögel?

Anntrin erzählte nun, was sie wußte; sie nannte alle Freunde und Bekannte einzeln, denn die tugendstrenge Sanne war sehr neugierig und behielt die Lebenswege ihrer Umgebung scharf im Auge. Na — na — na! — sagte die Möhe, als Anntrin schwieg, also der Matrose Rolf Evert vom Felgenhof freit jetzt um dich, mein Mädchen?

Obwohl dunkle Röthe über das Gesicht der Erbin zog und einen Moment ihre Augen zornig aufleuchteten, hielt sie doch ihre Ruhe vollständig aufrecht; sie fragte auch nicht, woher die Alte diese Kunde habe, schnell errathend, weßhalb der Dorfdemagoge gefahren war und wozu er seinen Vorsprung vor ihr benutzte. Das Ohr der Schlaflosen war nie offener als bei nächtlichen Audienzen; nichts schmeichelte ihr mehr, als wenn

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:59:48Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T13:59:48Z)

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Zitationshilfe: Dincklage, Emmy von: Der Striethast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [180]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dincklage_striethast_1910/18>, abgerufen am 26.04.2024.