Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

den Juden zusammen, daß beyde noch ein irrdisches
Reich erwarten, an dem auch letztere, selbst nach
dem Glauben der erstern, versteht sich wenn sie vor-
her bekehrt worden, Antheil nehmen sollen. Der
Unterschied besteht bloß darinn, daß die Juden die
bevorstehende Ankunft des neuen Königs für die
erste, die Christen aber schon für die zweyte halten;
der Zweck dieser Ankunft aber ist nach beyden derselbe.

So
"chen Bestimmtheit und Gewißheit von dieser Lehre,
"daß man unmöglich begreifen kann, wie sie, ohne
"wichtige Gründe dafür in der Schrift zu finden sich
"so entscheidend und einstimmig hierüber hätten
"ausdrücken können. Es sind die berühmten Nah-
"men eines Justinus Martyr, Irenäus, Ter-
"tulian, Lactantius, Sulpitius
u. a. m. Allein
"man darf auch nur einige von den Schriftstellen,
"worauf sich diese Lehre gründet, unpartheyisch an-
"sehen, um sich zu überzeugen, daß sie nichts we-
"niger als eine blos menschliche Hipothese, oder ein
"grundloser Einfall sey." Wenn ich nicht irre, ist
auch ein anderer berühmter Bibel-Erklärer, den
man weniger, als vielleicht Hr. Lavater, einer
zu regen Einbildungskraft beschuldigen wird, Hr.
Michaelis, bloß aus exegetischen Gründen dieser
Meynung geneigt.
O 5

den Juden zuſammen, daß beyde noch ein irrdiſches
Reich erwarten, an dem auch letztere, ſelbſt nach
dem Glauben der erſtern, verſteht ſich wenn ſie vor-
her bekehrt worden, Antheil nehmen ſollen. Der
Unterſchied beſteht bloß darinn, daß die Juden die
bevorſtehende Ankunft des neuen Koͤnigs fuͤr die
erſte, die Chriſten aber ſchon fuͤr die zweyte halten;
der Zweck dieſer Ankunft aber iſt nach beyden derſelbe.

So
„chen Beſtimmtheit und Gewißheit von dieſer Lehre,
„daß man unmoͤglich begreifen kann, wie ſie, ohne
„wichtige Gruͤnde dafuͤr in der Schrift zu finden ſich
„ſo entſcheidend und einſtimmig hieruͤber haͤtten
„ausdruͤcken koͤnnen. Es ſind die beruͤhmten Nah-
„men eines Juſtinus Martyr, Irenaͤus, Ter-
„tulian, Lactantius, Sulpitius
u. a. m. Allein
„man darf auch nur einige von den Schriftſtellen,
„worauf ſich dieſe Lehre gruͤndet, unpartheyiſch an-
„ſehen, um ſich zu uͤberzeugen, daß ſie nichts we-
„niger als eine blos menſchliche Hipotheſe, oder ein
„grundloſer Einfall ſey.“ Wenn ich nicht irre, iſt
auch ein anderer beruͤhmter Bibel-Erklaͤrer, den
man weniger, als vielleicht Hr. Lavater, einer
zu regen Einbildungskraft beſchuldigen wird, Hr.
Michaelis, bloß aus exegetiſchen Gruͤnden dieſer
Meynung geneigt.
O 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0225" n="217"/>
den Juden zu&#x017F;ammen, daß beyde noch ein irrdi&#x017F;ches<lb/>
Reich erwarten, an dem auch letztere, &#x017F;elb&#x017F;t nach<lb/>
dem Glauben der er&#x017F;tern, ver&#x017F;teht &#x017F;ich wenn &#x017F;ie vor-<lb/>
her bekehrt worden, Antheil nehmen &#x017F;ollen. Der<lb/>
Unter&#x017F;chied be&#x017F;teht bloß darinn, daß die Juden die<lb/>
bevor&#x017F;tehende <hi rendition="#fr">Ankunft</hi> des neuen Ko&#x0364;nigs fu&#x0364;r die<lb/><hi rendition="#fr">er&#x017F;te</hi>, die Chri&#x017F;ten aber &#x017F;chon fu&#x0364;r die <hi rendition="#fr">zweyte</hi> halten;<lb/>
der Zweck die&#x017F;er Ankunft aber i&#x017F;t nach beyden der&#x017F;elbe.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">O 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/>
          <note xml:id="note-0225" prev="#note-0224a" place="foot" n="*)">&#x201E;chen Be&#x017F;timmtheit und Gewißheit von die&#x017F;er Lehre,<lb/>
&#x201E;daß man unmo&#x0364;glich begreifen kann, wie &#x017F;ie, ohne<lb/>
&#x201E;wichtige Gru&#x0364;nde dafu&#x0364;r in der Schrift zu finden &#x017F;ich<lb/>
&#x201E;&#x017F;o ent&#x017F;cheidend und ein&#x017F;timmig hieru&#x0364;ber ha&#x0364;tten<lb/>
&#x201E;ausdru&#x0364;cken ko&#x0364;nnen. Es &#x017F;ind die beru&#x0364;hmten Nah-<lb/>
&#x201E;men eines <hi rendition="#fr">Ju&#x017F;tinus Martyr, Irena&#x0364;us, Ter-<lb/>
&#x201E;tulian, Lactantius, Sulpitius</hi> u. a. m. Allein<lb/>
&#x201E;man darf auch nur einige von den Schrift&#x017F;tellen,<lb/>
&#x201E;worauf &#x017F;ich die&#x017F;e Lehre gru&#x0364;ndet, unpartheyi&#x017F;ch an-<lb/>
&#x201E;&#x017F;ehen, um &#x017F;ich zu u&#x0364;berzeugen, daß &#x017F;ie nichts we-<lb/>
&#x201E;niger als eine blos men&#x017F;chliche Hipothe&#x017F;e, oder ein<lb/>
&#x201E;grundlo&#x017F;er Einfall &#x017F;ey.&#x201C; Wenn ich nicht irre, i&#x017F;t<lb/>
auch ein anderer beru&#x0364;hmter Bibel-Erkla&#x0364;rer, den<lb/>
man weniger, als vielleicht Hr. <hi rendition="#fr">Lavater</hi>, einer<lb/>
zu regen Einbildungskraft be&#x017F;chuldigen wird, Hr.<lb/><hi rendition="#fr">Michaelis</hi>, bloß aus exegeti&#x017F;chen Gru&#x0364;nden die&#x017F;er<lb/>
Meynung geneigt.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0225] den Juden zuſammen, daß beyde noch ein irrdiſches Reich erwarten, an dem auch letztere, ſelbſt nach dem Glauben der erſtern, verſteht ſich wenn ſie vor- her bekehrt worden, Antheil nehmen ſollen. Der Unterſchied beſteht bloß darinn, daß die Juden die bevorſtehende Ankunft des neuen Koͤnigs fuͤr die erſte, die Chriſten aber ſchon fuͤr die zweyte halten; der Zweck dieſer Ankunft aber iſt nach beyden derſelbe. So *) *) „chen Beſtimmtheit und Gewißheit von dieſer Lehre, „daß man unmoͤglich begreifen kann, wie ſie, ohne „wichtige Gruͤnde dafuͤr in der Schrift zu finden ſich „ſo entſcheidend und einſtimmig hieruͤber haͤtten „ausdruͤcken koͤnnen. Es ſind die beruͤhmten Nah- „men eines Juſtinus Martyr, Irenaͤus, Ter- „tulian, Lactantius, Sulpitius u. a. m. Allein „man darf auch nur einige von den Schriftſtellen, „worauf ſich dieſe Lehre gruͤndet, unpartheyiſch an- „ſehen, um ſich zu uͤberzeugen, daß ſie nichts we- „niger als eine blos menſchliche Hipotheſe, oder ein „grundloſer Einfall ſey.“ Wenn ich nicht irre, iſt auch ein anderer beruͤhmter Bibel-Erklaͤrer, den man weniger, als vielleicht Hr. Lavater, einer zu regen Einbildungskraft beſchuldigen wird, Hr. Michaelis, bloß aus exegetiſchen Gruͤnden dieſer Meynung geneigt. O 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/225
Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/225>, abgerufen am 30.04.2024.