Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

den zu thun vervielfältigt werden *): desto seltener
werden die Fürsten sich zum Kriege entschliessen und
desto fester wird der Friede der Völker gesichert

seyn.
*) Hr. Mauvillon behauptet in dem angeführten
Werke S. 170 mit Recht, daß auch die mörderisch-
sten Erfindungen im Kriege eine wahre Wohlthat für
die Menschheit wären, weil sie den Krieg furchtba-
rer machen und erschweren, und daß es ein ungegrün-
detes Vorurtheil sey, welches nur die einmal herge-
brachten, aber nicht neue und bisher unbekannte
Waffen und Mittel dem Feinde zu schaden, für er-
laubt halte. In der That ist diese letzte Meynung
sehr gemein, aber es gehört nur wenig Nachdenken
dazu, um sich wider sie zu erklären. Ist das Schieß-
pulver dadurch unschuldiger gemacht, daß es seit
Jahrhunderten gebraucht worden, und war der er-
ste, der eine Flinte oder Kanone abfeuerte, ein
größerer Menschenfeind, als die itzt eben dasselbe
thun? Und in welchem Zeitpunkt ist das Recht
neue Mittel des Angriffs oder der Vertheidigung
zu erfinden, erloschen? Der Zweck des Krieges ist,
seinem Feinde den möglichst größten Schaden zu
thun; alle Mittel, die zu diesem Zwecke dienen,
sind gut; und je größer, je sicherer und unvermeid-
[l]icher der Schaden ist, den Jeder im Kriege zu er-
warten

den zu thun vervielfaͤltigt werden *): deſto ſeltener
werden die Fuͤrſten ſich zum Kriege entſchlieſſen und
deſto feſter wird der Friede der Voͤlker geſichert

ſeyn.
*) Hr. Mauvillon behauptet in dem angefuͤhrten
Werke S. 170 mit Recht, daß auch die moͤrderiſch-
ſten Erfindungen im Kriege eine wahre Wohlthat fuͤr
die Menſchheit waͤren, weil ſie den Krieg furchtba-
rer machen und erſchweren, und daß es ein ungegruͤn-
detes Vorurtheil ſey, welches nur die einmal herge-
brachten, aber nicht neue und bisher unbekannte
Waffen und Mittel dem Feinde zu ſchaden, fuͤr er-
laubt halte. In der That iſt dieſe letzte Meynung
ſehr gemein, aber es gehoͤrt nur wenig Nachdenken
dazu, um ſich wider ſie zu erklaͤren. Iſt das Schieß-
pulver dadurch unſchuldiger gemacht, daß es ſeit
Jahrhunderten gebraucht worden, und war der er-
ſte, der eine Flinte oder Kanone abfeuerte, ein
groͤßerer Menſchenfeind, als die itzt eben daſſelbe
thun? Und in welchem Zeitpunkt iſt das Recht
neue Mittel des Angriffs oder der Vertheidigung
zu erfinden, erloſchen? Der Zweck des Krieges iſt,
ſeinem Feinde den moͤglichſt groͤßten Schaden zu
thun; alle Mittel, die zu dieſem Zwecke dienen,
ſind gut; und je groͤßer, je ſicherer und unvermeid-
[l]icher der Schaden iſt, den Jeder im Kriege zu er-
warten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0238" n="230"/>
den zu thun vervielfa&#x0364;ltigt werden <note xml:id="note-0238" next="#note-0239" place="foot" n="*)">Hr. <hi rendition="#fr">Mauvillon</hi> behauptet in dem angefu&#x0364;hrten<lb/>
Werke S. 170 mit Recht, daß auch die mo&#x0364;rderi&#x017F;ch-<lb/>
&#x017F;ten Erfindungen im Kriege eine wahre Wohlthat fu&#x0364;r<lb/>
die Men&#x017F;chheit wa&#x0364;ren, weil &#x017F;ie den Krieg furchtba-<lb/>
rer machen und er&#x017F;chweren, und daß es ein ungegru&#x0364;n-<lb/>
detes Vorurtheil &#x017F;ey, welches nur die einmal herge-<lb/>
brachten, aber nicht neue und bisher unbekannte<lb/>
Waffen und Mittel dem Feinde zu &#x017F;chaden, fu&#x0364;r er-<lb/>
laubt halte. In der That i&#x017F;t die&#x017F;e letzte Meynung<lb/>
&#x017F;ehr gemein, aber es geho&#x0364;rt nur wenig Nachdenken<lb/>
dazu, um &#x017F;ich wider &#x017F;ie zu erkla&#x0364;ren. I&#x017F;t das Schieß-<lb/>
pulver dadurch un&#x017F;chuldiger gemacht, daß es &#x017F;eit<lb/>
Jahrhunderten gebraucht worden, und war der er-<lb/>
&#x017F;te, der eine Flinte oder Kanone abfeuerte, ein<lb/>
gro&#x0364;ßerer Men&#x017F;chenfeind, als die itzt eben da&#x017F;&#x017F;elbe<lb/>
thun? Und in welchem Zeitpunkt i&#x017F;t das Recht<lb/>
neue Mittel des Angriffs oder der Vertheidigung<lb/>
zu erfinden, erlo&#x017F;chen? Der Zweck des Krieges i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;einem Feinde den mo&#x0364;glich&#x017F;t gro&#x0364;ßten Schaden zu<lb/>
thun; alle Mittel, die zu die&#x017F;em Zwecke dienen,<lb/>
&#x017F;ind gut; und je gro&#x0364;ßer, je &#x017F;icherer und unvermeid-<lb/><supplied>l</supplied>icher der Schaden i&#x017F;t, den Jeder im Kriege zu er-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">warten</fw></note>: de&#x017F;to &#x017F;eltener<lb/>
werden die Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;ich zum Kriege ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
de&#x017F;to fe&#x017F;ter wird der Friede der Vo&#x0364;lker ge&#x017F;ichert<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;eyn.</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[230/0238] den zu thun vervielfaͤltigt werden *): deſto ſeltener werden die Fuͤrſten ſich zum Kriege entſchlieſſen und deſto feſter wird der Friede der Voͤlker geſichert ſeyn. *) Hr. Mauvillon behauptet in dem angefuͤhrten Werke S. 170 mit Recht, daß auch die moͤrderiſch- ſten Erfindungen im Kriege eine wahre Wohlthat fuͤr die Menſchheit waͤren, weil ſie den Krieg furchtba- rer machen und erſchweren, und daß es ein ungegruͤn- detes Vorurtheil ſey, welches nur die einmal herge- brachten, aber nicht neue und bisher unbekannte Waffen und Mittel dem Feinde zu ſchaden, fuͤr er- laubt halte. In der That iſt dieſe letzte Meynung ſehr gemein, aber es gehoͤrt nur wenig Nachdenken dazu, um ſich wider ſie zu erklaͤren. Iſt das Schieß- pulver dadurch unſchuldiger gemacht, daß es ſeit Jahrhunderten gebraucht worden, und war der er- ſte, der eine Flinte oder Kanone abfeuerte, ein groͤßerer Menſchenfeind, als die itzt eben daſſelbe thun? Und in welchem Zeitpunkt iſt das Recht neue Mittel des Angriffs oder der Vertheidigung zu erfinden, erloſchen? Der Zweck des Krieges iſt, ſeinem Feinde den moͤglichſt groͤßten Schaden zu thun; alle Mittel, die zu dieſem Zwecke dienen, ſind gut; und je groͤßer, je ſicherer und unvermeid- licher der Schaden iſt, den Jeder im Kriege zu er- warten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/238
Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/238>, abgerufen am 30.04.2024.