Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

deutend, muß ich gestehen, schien er mir doch bey
meinen vorigen Untersuchungen, dadurch zu werden,
weil er segar keinen Beweis für sich hatte, der zur
Widerlegung nur reitzen könnte, der nicht schon in
sich selbst jedem denkenden und nicht ganz partheyt-
schen Mann sich widerlegen müßte. Ich glaubte also
diesen Vorwurf mit denen von Vergiftung der Brun-
nen und vom Schlachten der Christenkinder auf gleiche
Weise behandeln, das heißt, seine Ungereimtheit
nicht zeigen zu dürfen. Diese, hoffte ich, würde
schon dadurch Jedem, der auch nicht tiefer in die
Sache eingehn wollte, einleuchtend werden, daß die
Obrigkeiten aller Staaten, in denen itzt Juden le-
ben, sie zum Eide zulassen und nach demselben er-
kennen, welches sie doch, ohne die Rechte der übri-
gen Bürger auf eine unverantwortliche Art zu ver-
letzen, nicht thun könnten, wären sie nicht von der
Falschheit jenes Vorgebens überzeugt.

Eisenmenger ist es, der diese schwarze Anschuldigung
vorzüglich geltend gemacht und in den Umlauf gebracht
hat, in dem sie sich noch immer, gleich so mancher unge-
prüften Verläumdung des einzelnen Menschen oder
einer ganzen Nation, erhalten hat, und nun noch
mehr erhalten dürfte, da selbst ein Michaelis, so
sehr er auch sonst Eisenmongern Gerechtigkeit wie-

derfah-

deutend, muß ich geſtehen, ſchien er mir doch bey
meinen vorigen Unterſuchungen, dadurch zu werden,
weil er ſegar keinen Beweis fuͤr ſich hatte, der zur
Widerlegung nur reitzen koͤnnte, der nicht ſchon in
ſich ſelbſt jedem denkenden und nicht ganz partheyt-
ſchen Mann ſich widerlegen muͤßte. Ich glaubte alſo
dieſen Vorwurf mit denen von Vergiftung der Brun-
nen und vom Schlachten der Chriſtenkinder auf gleiche
Weiſe behandeln, das heißt, ſeine Ungereimtheit
nicht zeigen zu duͤrfen. Dieſe, hoffte ich, wuͤrde
ſchon dadurch Jedem, der auch nicht tiefer in die
Sache eingehn wollte, einleuchtend werden, daß die
Obrigkeiten aller Staaten, in denen itzt Juden le-
ben, ſie zum Eide zulaſſen und nach demſelben er-
kennen, welches ſie doch, ohne die Rechte der uͤbri-
gen Buͤrger auf eine unverantwortliche Art zu ver-
letzen, nicht thun koͤnnten, waͤren ſie nicht von der
Falſchheit jenes Vorgebens uͤberzeugt.

Eiſenmenger iſt es, der dieſe ſchwarze Anſchuldigung
vorzuͤglich geltend gemacht und in den Umlauf gebracht
hat, in dem ſie ſich noch immer, gleich ſo mancher unge-
pruͤften Verlaͤumdung des einzelnen Menſchen oder
einer ganzen Nation, erhalten hat, und nun noch
mehr erhalten duͤrfte, da ſelbſt ein Michaelis, ſo
ſehr er auch ſonſt Eiſenmongern Gerechtigkeit wie-

derfah-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0309" n="301"/>
deutend, muß ich ge&#x017F;tehen, &#x017F;chien er mir doch bey<lb/>
meinen vorigen Unter&#x017F;uchungen, dadurch zu werden,<lb/>
weil er &#x017F;egar keinen Beweis fu&#x0364;r &#x017F;ich hatte, der zur<lb/>
Widerlegung nur reitzen ko&#x0364;nnte, der nicht &#x017F;chon in<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t jedem denkenden und nicht ganz partheyt-<lb/>
&#x017F;chen Mann &#x017F;ich widerlegen mu&#x0364;ßte. Ich glaubte al&#x017F;o<lb/>
die&#x017F;en Vorwurf mit denen von Vergiftung der Brun-<lb/>
nen und vom Schlachten der Chri&#x017F;tenkinder auf gleiche<lb/>
Wei&#x017F;e behandeln, das heißt, &#x017F;eine Ungereimtheit<lb/>
nicht zeigen zu du&#x0364;rfen. Die&#x017F;e, hoffte ich, wu&#x0364;rde<lb/>
&#x017F;chon dadurch Jedem, der auch nicht tiefer in die<lb/>
Sache eingehn wollte, einleuchtend werden, daß die<lb/>
Obrigkeiten aller Staaten, in denen itzt Juden le-<lb/>
ben, &#x017F;ie zum Eide zula&#x017F;&#x017F;en und nach dem&#x017F;elben er-<lb/>
kennen, welches &#x017F;ie doch, ohne die Rechte der u&#x0364;bri-<lb/>
gen Bu&#x0364;rger auf eine unverantwortliche Art zu ver-<lb/>
letzen, nicht thun ko&#x0364;nnten, wa&#x0364;ren &#x017F;ie nicht von der<lb/>
Fal&#x017F;chheit jenes Vorgebens u&#x0364;berzeugt.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Ei&#x017F;enmenger</hi> i&#x017F;t es, der die&#x017F;e &#x017F;chwarze An&#x017F;chuldigung<lb/>
vorzu&#x0364;glich geltend gemacht und in den Umlauf gebracht<lb/>
hat, in dem &#x017F;ie &#x017F;ich noch immer, gleich &#x017F;o mancher unge-<lb/>
pru&#x0364;ften Verla&#x0364;umdung des einzelnen Men&#x017F;chen oder<lb/>
einer ganzen Nation, erhalten hat, und nun noch<lb/>
mehr erhalten du&#x0364;rfte, da &#x017F;elb&#x017F;t ein <hi rendition="#fr">Michaelis</hi>, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ehr er auch &#x017F;on&#x017F;t <hi rendition="#fr">Ei&#x017F;enmongern</hi> Gerechtigkeit wie-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">derfah-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[301/0309] deutend, muß ich geſtehen, ſchien er mir doch bey meinen vorigen Unterſuchungen, dadurch zu werden, weil er ſegar keinen Beweis fuͤr ſich hatte, der zur Widerlegung nur reitzen koͤnnte, der nicht ſchon in ſich ſelbſt jedem denkenden und nicht ganz partheyt- ſchen Mann ſich widerlegen muͤßte. Ich glaubte alſo dieſen Vorwurf mit denen von Vergiftung der Brun- nen und vom Schlachten der Chriſtenkinder auf gleiche Weiſe behandeln, das heißt, ſeine Ungereimtheit nicht zeigen zu duͤrfen. Dieſe, hoffte ich, wuͤrde ſchon dadurch Jedem, der auch nicht tiefer in die Sache eingehn wollte, einleuchtend werden, daß die Obrigkeiten aller Staaten, in denen itzt Juden le- ben, ſie zum Eide zulaſſen und nach demſelben er- kennen, welches ſie doch, ohne die Rechte der uͤbri- gen Buͤrger auf eine unverantwortliche Art zu ver- letzen, nicht thun koͤnnten, waͤren ſie nicht von der Falſchheit jenes Vorgebens uͤberzeugt. Eiſenmenger iſt es, der dieſe ſchwarze Anſchuldigung vorzuͤglich geltend gemacht und in den Umlauf gebracht hat, in dem ſie ſich noch immer, gleich ſo mancher unge- pruͤften Verlaͤumdung des einzelnen Menſchen oder einer ganzen Nation, erhalten hat, und nun noch mehr erhalten duͤrfte, da ſelbſt ein Michaelis, ſo ſehr er auch ſonſt Eiſenmongern Gerechtigkeit wie- derfah-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/309
Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/309>, abgerufen am 26.04.2024.