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Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

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Die vorgesetzte Dienstbehörde.
Herr Doktor, das ist in Wahrheit die ganze Geschichte,
um derentwillen ich gestern nicht gekommen bin, und
Sie werden gewiß selbst sagen, daß ich unschuldig daran
war. Aber ich werde mir das auch nicht gefallen
lassen." --

"Wahrscheinlich wird Euch jedoch nichts Anderes
übrig bleiben!" sagte ich dem Schuster auf diesen zornigen
Epilog seiner Erzählung. "Die Nacht auf dem Ge¬
fängniß wird Euch Niemand abnehmen." --

"Aber ich will doch sehen, ob ich dafür eingesperrt
werden kann, weil ich meinem Bruder drei Thaler leihe!"
eiferte er weiter. "Und wissen will ich, ob der Kom¬
missarius das Recht hat, ehrliche Arbeiter Lumpengesindel
zu tituliren! Gestern Mittag erst ließen sie uns aus
dem Loch und nahmen im Polizeihaus ein Protokoll
über uns auf. Dann brachten sie meinen Bruder aus
der Stadt, -- das mag vielleicht in der Ordnung sein, aber
mich mußten sie freilassen; ich lief gleich zu Ihnen, um
Sie zu bitten, mir eine Klagschrift aufzusehen. Da
Sie nicht zu Hause waren, ging ich zu dem Studenten
im Hintergebäude, den ich auch bediene, und der hat
mir denn eine Beschwerdeschrift an das Polizeidirektorium
aufgesetzt." --

Die vorgeſetzte Dienſtbehoͤrde.
Herr Doktor, das iſt in Wahrheit die ganze Geſchichte,
um derentwillen ich geſtern nicht gekommen bin, und
Sie werden gewiß ſelbſt ſagen, daß ich unſchuldig daran
war. Aber ich werde mir das auch nicht gefallen
laſſen.“ —

„Wahrſcheinlich wird Euch jedoch nichts Anderes
uͤbrig bleiben!“ ſagte ich dem Schuſter auf dieſen zornigen
Epilog ſeiner Erzaͤhlung. „Die Nacht auf dem Ge¬
faͤngniß wird Euch Niemand abnehmen.“ —

„Aber ich will doch ſehen, ob ich dafuͤr eingeſperrt
werden kann, weil ich meinem Bruder drei Thaler leihe!“
eiferte er weiter. „Und wiſſen will ich, ob der Kom¬
miſſarius das Recht hat, ehrliche Arbeiter Lumpengeſindel
zu tituliren! Geſtern Mittag erſt ließen ſie uns aus
dem Loch und nahmen im Polizeihaus ein Protokoll
uͤber uns auf. Dann brachten ſie meinen Bruder aus
der Stadt, — das mag vielleicht in der Ordnung ſein, aber
mich mußten ſie freilaſſen; ich lief gleich zu Ihnen, um
Sie zu bitten, mir eine Klagſchrift aufzuſehen. Da
Sie nicht zu Hauſe waren, ging ich zu dem Studenten
im Hintergebaͤude, den ich auch bediene, und der hat
mir denn eine Beſchwerdeſchrift an das Polizeidirektorium
aufgeſetzt.“ —

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[132/0146] Die vorgeſetzte Dienſtbehoͤrde. Herr Doktor, das iſt in Wahrheit die ganze Geſchichte, um derentwillen ich geſtern nicht gekommen bin, und Sie werden gewiß ſelbſt ſagen, daß ich unſchuldig daran war. Aber ich werde mir das auch nicht gefallen laſſen.“ — „Wahrſcheinlich wird Euch jedoch nichts Anderes uͤbrig bleiben!“ ſagte ich dem Schuſter auf dieſen zornigen Epilog ſeiner Erzaͤhlung. „Die Nacht auf dem Ge¬ faͤngniß wird Euch Niemand abnehmen.“ — „Aber ich will doch ſehen, ob ich dafuͤr eingeſperrt werden kann, weil ich meinem Bruder drei Thaler leihe!“ eiferte er weiter. „Und wiſſen will ich, ob der Kom¬ miſſarius das Recht hat, ehrliche Arbeiter Lumpengeſindel zu tituliren! Geſtern Mittag erſt ließen ſie uns aus dem Loch und nahmen im Polizeihaus ein Protokoll uͤber uns auf. Dann brachten ſie meinen Bruder aus der Stadt, — das mag vielleicht in der Ordnung ſein, aber mich mußten ſie freilaſſen; ich lief gleich zu Ihnen, um Sie zu bitten, mir eine Klagſchrift aufzuſehen. Da Sie nicht zu Hauſe waren, ging ich zu dem Studenten im Hintergebaͤude, den ich auch bediene, und der hat mir denn eine Beſchwerdeſchrift an das Polizeidirektorium aufgeſetzt.“ —

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Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/146>, abgerufen am 29.04.2024.