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Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

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Das Unvermeidliche.

"Mörder!" --

Arthur lachte in gellendem, häßlichem Ton. Dann
trat er einen Schritt auf ihn zu und murmelte düster
in das verzerrte Gesicht des Mannes:

"Mein Vater und meine Mutter sind in Fluch und
Elend gestorben, Du hast mich zur Waise gemacht!
Dein Ende wird im Fluch der Menschen und im Elend
der wahnsinnigen Verzweiflung sein!" --

Der Mann wich zurück, wie vor dem Hauch eines
Pestkranken, und er stützte sich auf das Kreuz seines
ältesten Sohnes.

"Noch hast Du zwei Kinder, noch wankst Du nicht
wie ich als freudloses Gespenst durch das Leben, aber--"
fügte Arthur mit drohend erhobenem Arm hinzu, "wir
sehen uns wieder, und Du wirst noch einsamer, noch
verlassener sterben, als meine Mutter -- verstehst Du,
als meine Mutter -- einsam, ganz einsam, verlassen
in Deinem Fluch!" --

Mit diesen Worten strich Arthur an ihm vorüber,
und der Mann sank bleich und entsetzt auf den Grab¬
hügel seiner Kinder. Als er sich wieder erhob, war er
allein, aber in seinen Ohren gellten die Worte:

"Wir sehen uns wieder!" --


Das Unvermeidliche.

„Moͤrder!“ —

Arthur lachte in gellendem, haͤßlichem Ton. Dann
trat er einen Schritt auf ihn zu und murmelte duͤſter
in das verzerrte Geſicht des Mannes:

„Mein Vater und meine Mutter ſind in Fluch und
Elend geſtorben, Du haſt mich zur Waiſe gemacht!
Dein Ende wird im Fluch der Menſchen und im Elend
der wahnſinnigen Verzweiflung ſein!“ —

Der Mann wich zuruͤck, wie vor dem Hauch eines
Peſtkranken, und er ſtuͤtzte ſich auf das Kreuz ſeines
aͤlteſten Sohnes.

„Noch haſt Du zwei Kinder, noch wankſt Du nicht
wie ich als freudloſes Geſpenſt durch das Leben, aber—“
fuͤgte Arthur mit drohend erhobenem Arm hinzu, „wir
ſehen uns wieder, und Du wirſt noch einſamer, noch
verlaſſener ſterben, als meine Mutter — verſtehſt Du,
als meine Mutter — einſam, ganz einſam, verlaſſen
in Deinem Fluch!“ —

Mit dieſen Worten ſtrich Arthur an ihm voruͤber,
und der Mann ſank bleich und entſetzt auf den Grab¬
huͤgel ſeiner Kinder. Als er ſich wieder erhob, war er
allein, aber in ſeinen Ohren gellten die Worte:

„Wir ſehen uns wieder!“ —


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[180/0194] Das Unvermeidliche. „Moͤrder!“ — Arthur lachte in gellendem, haͤßlichem Ton. Dann trat er einen Schritt auf ihn zu und murmelte duͤſter in das verzerrte Geſicht des Mannes: „Mein Vater und meine Mutter ſind in Fluch und Elend geſtorben, Du haſt mich zur Waiſe gemacht! Dein Ende wird im Fluch der Menſchen und im Elend der wahnſinnigen Verzweiflung ſein!“ — Der Mann wich zuruͤck, wie vor dem Hauch eines Peſtkranken, und er ſtuͤtzte ſich auf das Kreuz ſeines aͤlteſten Sohnes. „Noch haſt Du zwei Kinder, noch wankſt Du nicht wie ich als freudloſes Geſpenſt durch das Leben, aber—“ fuͤgte Arthur mit drohend erhobenem Arm hinzu, „wir ſehen uns wieder, und Du wirſt noch einſamer, noch verlaſſener ſterben, als meine Mutter — verſtehſt Du, als meine Mutter — einſam, ganz einſam, verlaſſen in Deinem Fluch!“ — Mit dieſen Worten ſtrich Arthur an ihm voruͤber, und der Mann ſank bleich und entſetzt auf den Grab¬ huͤgel ſeiner Kinder. Als er ſich wieder erhob, war er allein, aber in ſeinen Ohren gellten die Worte: „Wir ſehen uns wieder!“ —

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Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/194>, abgerufen am 30.04.2024.