Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.

Bild:
<< vorherige Seite
Da über'm Kreise schweben,
Als wollten sie den Schwur
Zum Himmelsthore heben,
Zwei Adler; auf die Flur
Senkt sich der Strahl vom Hange,
Und eine Demantschlange
Blitzt drunten der Adour.
Die Weiden sind vertheilt, und wieder schallt
In jedem Passe schwerer Tritte Stampfen.
Voran, voran, die Firnenluft ist kalt,
Und scheint die Lunge eisig zu umkrampfen.
Nur frisch voran -- schon seh'n sie über'm Wald
Den Vogel zieh'n, die Nebelsäule dampfen,
Und wo das Riff durchbricht ein Klippengang
Summt etwas auf wie ferner Glockenklang.
Da liegt das schleierlose
Gewäld in Sonnenruh',
Und wie mit Sturmgetose
Dem Aethermeere zu,
Erfüllt des Thales Breite
Das Angelusgeläute
Vom Thurme zu Escout.

Da über’m Kreiſe ſchweben,
Als wollten ſie den Schwur
Zum Himmelsthore heben,
Zwei Adler; auf die Flur
Senkt ſich der Strahl vom Hange,
Und eine Demantſchlange
Blitzt drunten der Adour.
Die Weiden ſind vertheilt, und wieder ſchallt
In jedem Paſſe ſchwerer Tritte Stampfen.
Voran, voran, die Firnenluft iſt kalt,
Und ſcheint die Lunge eiſig zu umkrampfen.
Nur friſch voran — ſchon ſeh’n ſie über’m Wald
Den Vogel zieh’n, die Nebelſäule dampfen,
Und wo das Riff durchbricht ein Klippengang
Summt etwas auf wie ferner Glockenklang.
Da liegt das ſchleierloſe
Gewäld in Sonnenruh’,
Und wie mit Sturmgetoſe
Dem Aethermeere zu,
Erfüllt des Thales Breite
Das Angelusgeläute
Vom Thurme zu Escout.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0112" n="96"/>
              <lg n="11">
                <l>Da über&#x2019;m Krei&#x017F;e &#x017F;chweben,</l><lb/>
                <l>Als wollten &#x017F;ie den Schwur</l><lb/>
                <l>Zum Himmelsthore heben,</l><lb/>
                <l>Zwei Adler; auf die Flur</l><lb/>
                <l>Senkt &#x017F;ich der Strahl vom Hange,</l><lb/>
                <l>Und eine Demant&#x017F;chlange</l><lb/>
                <l>Blitzt drunten der Adour.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="12">
                <l>Die Weiden &#x017F;ind vertheilt, und wieder &#x017F;challt</l><lb/>
                <l>In jedem Pa&#x017F;&#x017F;e &#x017F;chwerer Tritte Stampfen.</l><lb/>
                <l>Voran, voran, die Firnenluft i&#x017F;t kalt,</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;cheint die Lunge ei&#x017F;ig zu umkrampfen.</l><lb/>
                <l>Nur fri&#x017F;ch voran &#x2014; &#x017F;chon &#x017F;eh&#x2019;n &#x017F;ie über&#x2019;m Wald</l><lb/>
                <l>Den Vogel zieh&#x2019;n, die Nebel&#x017F;äule dampfen,</l><lb/>
                <l>Und wo das Riff durchbricht ein Klippengang</l><lb/>
                <l>Summt etwas auf wie ferner Glockenklang.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="13">
                <l>Da liegt das &#x017F;chleierlo&#x017F;e</l><lb/>
                <l>Gewäld in Sonnenruh&#x2019;,</l><lb/>
                <l>Und wie mit Sturmgeto&#x017F;e</l><lb/>
                <l>Dem Aethermeere zu,</l><lb/>
                <l>Erfüllt des Thales Breite</l><lb/>
                <l>Das Angelusgeläute</l><lb/>
                <l>Vom Thurme zu Escout.</l>
              </lg>
            </lg>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[96/0112] Da über’m Kreiſe ſchweben, Als wollten ſie den Schwur Zum Himmelsthore heben, Zwei Adler; auf die Flur Senkt ſich der Strahl vom Hange, Und eine Demantſchlange Blitzt drunten der Adour. Die Weiden ſind vertheilt, und wieder ſchallt In jedem Paſſe ſchwerer Tritte Stampfen. Voran, voran, die Firnenluft iſt kalt, Und ſcheint die Lunge eiſig zu umkrampfen. Nur friſch voran — ſchon ſeh’n ſie über’m Wald Den Vogel zieh’n, die Nebelſäule dampfen, Und wo das Riff durchbricht ein Klippengang Summt etwas auf wie ferner Glockenklang. Da liegt das ſchleierloſe Gewäld in Sonnenruh’, Und wie mit Sturmgetoſe Dem Aethermeere zu, Erfüllt des Thales Breite Das Angelusgeläute Vom Thurme zu Escout.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schü… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/112
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/112>, abgerufen am 01.05.2024.