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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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Faunen- und Florenscheiden.
gedeutet werden. Es fallen da zwei Hauptpunkte auf:
während die Florenscheide C nur sehr stark im extra-
tropischen Australien zumal mit der Westküste zusammen-
fallend ausgeprägt ist, setzt sich die Faunenscheide an
gleicher Stelle mit fast ungeschwächtem Charakter durch
den Indischen Archipel (Bali-Lombok und Makassarstrasse)
fort und bezeugt einen höchst exklusiven Charakter der
gesamten australasischen Fauna gegenüber den indischen
und allen anderen Faunen; Neuseeland wird von dieser
Exklusivität mit betroffen, scheidet sich aber selbst fau-
nistisch vom australischen Kontinent noch mehr als in
seiner Flora. Als zweite Abweichung der Faunenscheiden
ist der Umstand zu betrachten, dass die kontinentalen
Eigentümlichkeiten der Alten und Neuen Welt über
höhere Breiten hinaus ausgeprägt sind, als die Floren-
scheiden. Da die um den nördlichen Wendekreis sich
herumziehende primäre Trennungslinie der borealen und
tropischen Faunen neben diesen kontinentalen Scheide-
linien von hauptsächlicher Bedeutung ist, so werden auch
nördlich vom Aequator dadurch sogleich zwei Hauptfaunen
bezeichnet, die paläarktische und die nearktische. In
Südamerika und in Afrika sind dagegen die den Floren-
scheiden D und E (Karte S. 150) entsprechenden Scheide-
linien schwächer, so dass Wallace primäre Reiche auf die
südlichen Anteile nicht hat begründen wollen. -- Weitere
Ergründung verdient die Zusammenfassung eines eigenen
circumpolaren nordischen Faunenreichs, für welches ge-
wichtige Stimmen und einleuchtende Thatsachen der Ver-
breitung sprechen. Dies würde einen weiteren Anschluss
an die Florenreiche bedeuten; denn hier ist die gemein-
same circumpolare Verbreitung so evident, dass sogar
bei Hemsley und Hooker ihr besonders Rechnung formell
getragen wird.

Viel Stoff zu weiteren Arbeiten, welche sich auf
umfassende Kenntnis der Formen, ihrer Areale, ihrer
Verwandtschaft zu stützen haben, ist hier gegeben und
wird vielleicht auf dem Wege monographischer Behand-
lung einzelner grosser Sippen von Pflanzen und Tieren
mehr noch als bisher gesichtet werden können, indem die

Faunen- und Florenscheiden.
gedeutet werden. Es fallen da zwei Hauptpunkte auf:
während die Florenscheide C nur sehr stark im extra-
tropischen Australien zumal mit der Westküste zusammen-
fallend ausgeprägt ist, setzt sich die Faunenscheide an
gleicher Stelle mit fast ungeschwächtem Charakter durch
den Indischen Archipel (Bali-Lombok und Makassarstrasse)
fort und bezeugt einen höchst exklusiven Charakter der
gesamten australasischen Fauna gegenüber den indischen
und allen anderen Faunen; Neuseeland wird von dieser
Exklusivität mit betroffen, scheidet sich aber selbst fau-
nistisch vom australischen Kontinent noch mehr als in
seiner Flora. Als zweite Abweichung der Faunenscheiden
ist der Umstand zu betrachten, dass die kontinentalen
Eigentümlichkeiten der Alten und Neuen Welt über
höhere Breiten hinaus ausgeprägt sind, als die Floren-
scheiden. Da die um den nördlichen Wendekreis sich
herumziehende primäre Trennungslinie der borealen und
tropischen Faunen neben diesen kontinentalen Scheide-
linien von hauptsächlicher Bedeutung ist, so werden auch
nördlich vom Aequator dadurch sogleich zwei Hauptfaunen
bezeichnet, die paläarktische und die nearktische. In
Südamerika und in Afrika sind dagegen die den Floren-
scheiden D und E (Karte S. 150) entsprechenden Scheide-
linien schwächer, so dass Wallace primäre Reiche auf die
südlichen Anteile nicht hat begründen wollen. — Weitere
Ergründung verdient die Zusammenfassung eines eigenen
circumpolaren nordischen Faunenreichs, für welches ge-
wichtige Stimmen und einleuchtende Thatsachen der Ver-
breitung sprechen. Dies würde einen weiteren Anschluss
an die Florenreiche bedeuten; denn hier ist die gemein-
same circumpolare Verbreitung so evident, dass sogar
bei Hemsley und Hooker ihr besonders Rechnung formell
getragen wird.

Viel Stoff zu weiteren Arbeiten, welche sich auf
umfassende Kenntnis der Formen, ihrer Areale, ihrer
Verwandtschaft zu stützen haben, ist hier gegeben und
wird vielleicht auf dem Wege monographischer Behand-
lung einzelner grosser Sippen von Pflanzen und Tieren
mehr noch als bisher gesichtet werden können, indem die

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[160/0186] Faunen- und Florenscheiden. gedeutet werden. Es fallen da zwei Hauptpunkte auf: während die Florenscheide C nur sehr stark im extra- tropischen Australien zumal mit der Westküste zusammen- fallend ausgeprägt ist, setzt sich die Faunenscheide an gleicher Stelle mit fast ungeschwächtem Charakter durch den Indischen Archipel (Bali-Lombok und Makassarstrasse) fort und bezeugt einen höchst exklusiven Charakter der gesamten australasischen Fauna gegenüber den indischen und allen anderen Faunen; Neuseeland wird von dieser Exklusivität mit betroffen, scheidet sich aber selbst fau- nistisch vom australischen Kontinent noch mehr als in seiner Flora. Als zweite Abweichung der Faunenscheiden ist der Umstand zu betrachten, dass die kontinentalen Eigentümlichkeiten der Alten und Neuen Welt über höhere Breiten hinaus ausgeprägt sind, als die Floren- scheiden. Da die um den nördlichen Wendekreis sich herumziehende primäre Trennungslinie der borealen und tropischen Faunen neben diesen kontinentalen Scheide- linien von hauptsächlicher Bedeutung ist, so werden auch nördlich vom Aequator dadurch sogleich zwei Hauptfaunen bezeichnet, die paläarktische und die nearktische. In Südamerika und in Afrika sind dagegen die den Floren- scheiden D und E (Karte S. 150) entsprechenden Scheide- linien schwächer, so dass Wallace primäre Reiche auf die südlichen Anteile nicht hat begründen wollen. — Weitere Ergründung verdient die Zusammenfassung eines eigenen circumpolaren nordischen Faunenreichs, für welches ge- wichtige Stimmen und einleuchtende Thatsachen der Ver- breitung sprechen. Dies würde einen weiteren Anschluss an die Florenreiche bedeuten; denn hier ist die gemein- same circumpolare Verbreitung so evident, dass sogar bei Hemsley und Hooker ihr besonders Rechnung formell getragen wird. Viel Stoff zu weiteren Arbeiten, welche sich auf umfassende Kenntnis der Formen, ihrer Areale, ihrer Verwandtschaft zu stützen haben, ist hier gegeben und wird vielleicht auf dem Wege monographischer Behand- lung einzelner grosser Sippen von Pflanzen und Tieren mehr noch als bisher gesichtet werden können, indem die

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/186>, abgerufen am 29.04.2024.