folgen. So ergibt auch ein Vergleich der Insolations- maxima für die Blütezeit der Bäume in Hessen und in der Schweiz, dass die letzteren höhere Werte haben als die ersteren. Acclimatisationen sind also nach solchen Grundlagen zu beurteilen, wobei dann aber noch für die Ernährungsthätigkeit, Fruchtreife und andere die ganze Vegetationsperiode beanspruchende organische Kraftäusse- rungen die Lichtmenge und die Niederschlagsverteilung mit vollem Gewichte eintreten. Bezüglich der Abhängig- keit von den Niederschlägen in regenreichen und regen- armen Klimaten bietet die zweite Abhandlung Linssers ebenfalls eine für weitergehende Untersuchungen nützliche Grundlage, -- Endlich mag noch daran erinnert werden, dass der Gedanke, den Phaseneintritt bei verschiedenen Pflanzen derselben Flora als einfache Funktion der Tem- peratursummen, welche sie dazu nötig haben, anzusehen, schon dadurch allein widerlegt wird, dass nicht in jedem Jahre eine gleiche Reihenfolge in dem Aufblühen der verschiedenen Arten hintereinander stattfindet, auch wenn die Beobachtungen an denselben Individuen angestellt werden; man bezeichnet dies als "phänologische Inversion" (vergl. G. J., Bd. X. S. 150).
Von theoretischem wie praktischem Interesse sind die mit Getreidearten angestellten vergleichenden Kultur- versuche, da die Cerealien in alle einzelnen Länder, die zum Vergleich dienten (westliches, mittleres und nörd- liches Europa) erst eingeführt worden sind und von ur- sprünglich -- wie anzunehmen ist -- vorhandener bio- logischer Einförmigkeit in jeder Art sich so verschieden- artig an die Länder ihres Kulturareales angeschmiegt haben, dass klimatische Rassen von allerdings schwacher Beständigkeit sich daraus herausgebildet haben. Es hat sich dabei ein von Alphons de Candolle aufgestellte Ablei- tung bestätigt (Sur la methode des sommes de temperature etc., in Bibl. univ. de Geneve 1875, vergl. Griseb. Abh. S. 493), nach welcher unter annähernd gleichen Breiten die Temperatursummen für dieselbe Funktion in den westlichen Gegenden Europas wegen des Seeklimas höher sind, als in den östlichen. Es zeigte sich dabei ferner,
zu den Temperatursummen.
folgen. So ergibt auch ein Vergleich der Insolations- maxima für die Blütezeit der Bäume in Hessen und in der Schweiz, dass die letzteren höhere Werte haben als die ersteren. Acclimatisationen sind also nach solchen Grundlagen zu beurteilen, wobei dann aber noch für die Ernährungsthätigkeit, Fruchtreife und andere die ganze Vegetationsperiode beanspruchende organische Kraftäusse- rungen die Lichtmenge und die Niederschlagsverteilung mit vollem Gewichte eintreten. Bezüglich der Abhängig- keit von den Niederschlägen in regenreichen und regen- armen Klimaten bietet die zweite Abhandlung Linssers ebenfalls eine für weitergehende Untersuchungen nützliche Grundlage, — Endlich mag noch daran erinnert werden, dass der Gedanke, den Phaseneintritt bei verschiedenen Pflanzen derselben Flora als einfache Funktion der Tem- peratursummen, welche sie dazu nötig haben, anzusehen, schon dadurch allein widerlegt wird, dass nicht in jedem Jahre eine gleiche Reihenfolge in dem Aufblühen der verschiedenen Arten hintereinander stattfindet, auch wenn die Beobachtungen an denselben Individuen angestellt werden; man bezeichnet dies als „phänologische Inversion“ (vergl. G. J., Bd. X. S. 150).
Von theoretischem wie praktischem Interesse sind die mit Getreidearten angestellten vergleichenden Kultur- versuche, da die Cerealien in alle einzelnen Länder, die zum Vergleich dienten (westliches, mittleres und nörd- liches Europa) erst eingeführt worden sind und von ur- sprünglich — wie anzunehmen ist — vorhandener bio- logischer Einförmigkeit in jeder Art sich so verschieden- artig an die Länder ihres Kulturareales angeschmiegt haben, dass klimatische Rassen von allerdings schwacher Beständigkeit sich daraus herausgebildet haben. Es hat sich dabei ein von Alphons de Candolle aufgestellte Ablei- tung bestätigt (Sur la méthode des sommes de température etc., in Bibl. univ. de Genève 1875, vergl. Griseb. Abh. S. 493), nach welcher unter annähernd gleichen Breiten die Temperatursummen für dieselbe Funktion in den westlichen Gegenden Europas wegen des Seeklimas höher sind, als in den östlichen. Es zeigte sich dabei ferner,
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zu den Temperatursummen.
folgen. So ergibt auch ein Vergleich der Insolations-
maxima für die Blütezeit der Bäume in Hessen und in
der Schweiz, dass die letzteren höhere Werte haben als
die ersteren. Acclimatisationen sind also nach solchen
Grundlagen zu beurteilen, wobei dann aber noch für die
Ernährungsthätigkeit, Fruchtreife und andere die ganze
Vegetationsperiode beanspruchende organische Kraftäusse-
rungen die Lichtmenge und die Niederschlagsverteilung
mit vollem Gewichte eintreten. Bezüglich der Abhängig-
keit von den Niederschlägen in regenreichen und regen-
armen Klimaten bietet die zweite Abhandlung Linssers
ebenfalls eine für weitergehende Untersuchungen nützliche
Grundlage, — Endlich mag noch daran erinnert werden,
dass der Gedanke, den Phaseneintritt bei verschiedenen
Pflanzen derselben Flora als einfache Funktion der Tem-
peratursummen, welche sie dazu nötig haben, anzusehen,
schon dadurch allein widerlegt wird, dass nicht in jedem
Jahre eine gleiche Reihenfolge in dem Aufblühen der
verschiedenen Arten hintereinander stattfindet, auch wenn
die Beobachtungen an denselben Individuen angestellt
werden; man bezeichnet dies als „phänologische Inversion“
(vergl. G. J., Bd. X. S. 150).
Von theoretischem wie praktischem Interesse sind
die mit Getreidearten angestellten vergleichenden Kultur-
versuche, da die Cerealien in alle einzelnen Länder, die
zum Vergleich dienten (westliches, mittleres und nörd-
liches Europa) erst eingeführt worden sind und von ur-
sprünglich — wie anzunehmen ist — vorhandener bio-
logischer Einförmigkeit in jeder Art sich so verschieden-
artig an die Länder ihres Kulturareales angeschmiegt
haben, dass klimatische Rassen von allerdings schwacher
Beständigkeit sich daraus herausgebildet haben. Es hat
sich dabei ein von Alphons de Candolle aufgestellte Ablei-
tung bestätigt (Sur la méthode des sommes de température
etc., in Bibl. univ. de Genève 1875, vergl. Griseb. Abh.
S. 493), nach welcher unter annähernd gleichen Breiten
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sind, als in den östlichen. Es zeigte sich dabei ferner,
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/69>, abgerufen am 16.06.2024.
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