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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.

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Die lehrenden Bienen.
Damit sie uns die Süßigkeiten,
Aus Blumen, Blüth und Früchten ziehn,
Und durch ein uns geheim Bemühn,
Den klaren Honig zubereiten.
Mir deuchte, da ich meine Augen
Recht schärfte, ihr beschäftigt Saugen,
Noch einmahl wieder zu besehn,
Daß mir ein sumsendes Gethön,
Mit leisen Murmeln dieses lehrte:
O! wäre in der Frühlings-Zeit
Des Lebens, jeder Mensch bereit
Zu sammlen, wie es sich gehörte:
So würden in den Winter-Tagen
Des Alters, sich nicht so viel plagen
Mit Armuth und mit Ungemach,
Wer seinen rechten Erndte-Tag,
Der in der Jugend ist, versäumet,
Und alles, bis ins Alter schiebt,
Der ist ein Mensch der Faulheit liebt,
Der nur stets leere Wünsche träumet.
Wer immer bei der Arbeit sizzet,
Nur sich nicht andern dadurch nüzzet,
Der seh uns rege Bienen an,
Davon ein Mensche lernen kann
Daß seine Pflicht auch das einschliesse,
Der Welt zugleich mit Nuz zu sein,
Damit das Gute allgemein,
Auch mit von uns, aufs andre fliesse.


Die
Die lehrenden Bienen.
Damit ſie uns die Suͤßigkeiten,
Aus Blumen, Bluͤth und Fruͤchten ziehn,
Und durch ein uns geheim Bemuͤhn,
Den klaren Honig zubereiten.
Mir deuchte, da ich meine Augen
Recht ſchaͤrfte, ihr beſchaͤftigt Saugen,
Noch einmahl wieder zu beſehn,
Daß mir ein ſumſendes Gethoͤn,
Mit leiſen Murmeln dieſes lehrte:
O! waͤre in der Fruͤhlings-Zeit
Des Lebens, jeder Menſch bereit
Zu ſammlen, wie es ſich gehoͤrte:
So wuͤrden in den Winter-Tagen
Des Alters, ſich nicht ſo viel plagen
Mit Armuth und mit Ungemach,
Wer ſeinen rechten Erndte-Tag,
Der in der Jugend iſt, verſaͤumet,
Und alles, bis ins Alter ſchiebt,
Der iſt ein Menſch der Faulheit liebt,
Der nur ſtets leere Wuͤnſche traͤumet.
Wer immer bei der Arbeit ſizzet,
Nur ſich nicht andern dadurch nuͤzzet,
Der ſeh uns rege Bienen an,
Davon ein Menſche lernen kann
Daß ſeine Pflicht auch das einſchlieſſe,
Der Welt zugleich mit Nuz zu ſein,
Damit das Gute allgemein,
Auch mit von uns, aufs andre flieſſe.


Die
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[284/0300] Die lehrenden Bienen. Damit ſie uns die Suͤßigkeiten, Aus Blumen, Bluͤth und Fruͤchten ziehn, Und durch ein uns geheim Bemuͤhn, Den klaren Honig zubereiten. Mir deuchte, da ich meine Augen Recht ſchaͤrfte, ihr beſchaͤftigt Saugen, Noch einmahl wieder zu beſehn, Daß mir ein ſumſendes Gethoͤn, Mit leiſen Murmeln dieſes lehrte: O! waͤre in der Fruͤhlings-Zeit Des Lebens, jeder Menſch bereit Zu ſammlen, wie es ſich gehoͤrte: So wuͤrden in den Winter-Tagen Des Alters, ſich nicht ſo viel plagen Mit Armuth und mit Ungemach, Wer ſeinen rechten Erndte-Tag, Der in der Jugend iſt, verſaͤumet, Und alles, bis ins Alter ſchiebt, Der iſt ein Menſch der Faulheit liebt, Der nur ſtets leere Wuͤnſche traͤumet. Wer immer bei der Arbeit ſizzet, Nur ſich nicht andern dadurch nuͤzzet, Der ſeh uns rege Bienen an, Davon ein Menſche lernen kann Daß ſeine Pflicht auch das einſchlieſſe, Der Welt zugleich mit Nuz zu ſein, Damit das Gute allgemein, Auch mit von uns, aufs andre flieſſe. Die

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/300>, abgerufen am 30.04.2024.